Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Fünf Schlösser

Fünf Schlösser

Titel: Fünf Schlösser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
Vom Netzwerk:
um die Wahrheit bis an den Thron zu bringen: solche Vorstellungen wie die der Württemberger Stände. Hierzu gehört aber Einigkeit und allgemeiner Sinn. Und wo soll man die suchen. Nachschrift. Vorgestern kam Ritter Claer hier an. (Ein Liebenberger Tagelöhnersohn, der sich, achtzehn Jahre alt und vom alten Hertefeld als Landwehrulan ausgerüstet, bei Hagelsberg, durch Sprengung eines feindlichen Carrées, das Eiserne Kreuz erworben hatte.) Er war sehr mißvergnügt und mit Recht . Sein Landwehr-Kavallerie-Regiment ist aufgelöst worden, und man hat ihnen die neuen Uniformen abgenommen bis auf die Hosen, ohne welche man sie füglich nicht nach Hause schicken konnte. Der König weiß gewiß nichts davon. Es kommen auch bei der Entlassung wieder allerhand Willkürlichkeiten vor, was schon daraus hervorgeht, daß unserer Infanterie -Landwehr ihre Röcke belassen wurden, obschon sie meist neu waren.
      Liebenberg, den 14. Februar
    Da mich nichts mehr verwundert, so befremdet mich auch nicht die Anstellung des gemeinen Spions O... Wer weiß, ob nicht ein Bureau errichtet wird mit diesem Menschen als Präsidenten. Aber diese Klasse, die jeder Ehre bar und bloß ist, läßt sich zu allem brauchen. Folglich ist sie nützlich.
      Liebenberg, den 16. Februar 1816
    Über den Aufenthalt Luisens (Enkelin des alten Freiherrn) im Hause J... will ich nur bemerken, daß man in diesem Hause sehr neugierig ist und allerlei sonderbare Leute zu sehen bekommt. Ich bitte, grüße tutti quanti. Rackwitz' älteste Tochter ist nun förmlich mit dem Falkenthaler Prediger verlobt. Beide tun eine dicke Sottise .
     
    Das ist der Schlußbrief, und es ist hübsch, daß die letzte Zeile, die wir von dem Liebenberger Einsiedler haben, ihn noch einmal in seiner ganzen Eigenart widerspiegelt.
    Am 3. April starb er und wurde wenige Tage später in der Liebenberger Gruft beigesetzt.
     
    Es erübrigt nur noch der Versuch einer Charakteristik.
    In Familienaufzeichnungen findet sich über Friedrich Leopold das Folgende: »Er war von großer Herzensgüte und stets darauf bedacht, den Seinigen eine Freude zu machen. An allem nahm er Interesse. Seine Enkeltochter (Luise Danckelmann) mußte ihm stets, bis in die Details, von ihrem Umgang und ihren Beschäftigungen erzählen, bei welcher Gelegenheit er mit jugendlichem Verständnis auf all und jedes einging. Besondere Freude gewährte es ihm, Geschenke zu machen und damit zu überraschen. So schickte er einst seiner Tochter vier schöne Wagenpferde nach Liegnitz, wohin – während der Besetzung Glogaus durch die Franzosen – sein Schwiegersohn als Chef des Landesgerichts mit der ganzen Behörde übersiedelt war. Ähnliche Züge finden sich viele in seinem Leben. Er war einfach und natürlich. Sein scharfer Verstand, seine großen Kenntnisse, sein Interesse für die Wissenschaften machten ihn, im Verein mit den edlen Eigenschaften seines Herzens und der Lebhaftigkeit seiner Ausdrucksweise, zu einem selten liebenswürdigen Menschen.«
    Einige Züge mögen dies Bild, das ich vorfinde, vervollständigen.
    In der nüchternen Beurteilung einerseits des Geschehenden, andererseits derer, die die Dinge geschehen ließen, erinnert er außerordentlich an Marwitz , und ein Vergleich mit diesem erleichtert die Schilderung und Hervorkehrung dessen, was das Wesen unseres alten Freiherrn ausmachte. Marwitz war in Standesvorurteilen befangener, auch leidenschaftlicher und aufbrausender, aber zugleich die weniger egoistische Natur. Er hatte durchaus den Sinn für das Ganze, den weiteren Blick, und wenn es Prinzipien galt oder ein Eintreten für Staat und Stand, so bracht er jedes Opfer an Gut, Gesundheit, Leben. Unseres Liebenberger Einsiedlers Vorzüge lagen nach anderer Seite hin und zeigten sich vor allem in großer gesellschaftlicher Liebenswürdigkeit, in der er auch aushielt, als er kaum noch innerhalb der Gesellschaft stand. Er war rücksichts- und formvoller als Marwitz, behaglicher und jovialer. Aber diese Tugenden erwuchsen doch zu nicht geringem Teil aus einem selbstsüchtigen Hange nach Ruhe, Geborgensein und umfriedetem Glück. Er war nicht bloß unsensationell, er war auch, seinem eigenen Zeugnisse nach, unenthusiastisch und sah, ähnlich wie König Friedrich Wilhelm III., in allem, was ihn umlärmte, nur eine Mischung von Unordnung und Ungehörigkeit, an der teilzunehmen etwas wenig Schönes und im ganzen genommen auch nicht sonderlich Ehrenvolles war. Es führte meistens in schlechte Gesellschaft und –

Weitere Kostenlose Bücher