Fünf Schlösser
»Tugendbündlern« sind neuerdings verhaftet worden. Es hängt mit Arrestationen zusammen, die in Halle und andern westfälischen Örtern stattgefunden. Gestern sagte man mir jedoch, »es geschähe dies alles nur pro forma«. Scharnhorst, als Primas der Union, wisse um alles, trage also auch die Verantwortlichkeit, und dem sage man nichts. Ich kann es nicht glauben, denn alle möglichen Tollheiten geschehen so öffentlich, daß sie durchaus eine Ahndung verdienen. Da bei uns leider immer Unschicklichkeiten und Unbesonnenheiten mit drunterlaufen, so hat es auch diesmal wieder an einer solchen nicht gefehlt. In derselben Nacht, in der man Werder und einen Herrn von Schulenburg verhaftete, läßt das Gouvernement auch den Justizkommissarius Bartels aus dem Bette holen und nach der Hausvogtei bringen. Am andern Morgen findet es sich aber, daß es nicht ihm, sondern einem seiner Kopisten, einem gewesenen Soldaten, der für Geld bei ihm abschrieb, gegolten hat. Bartels, wie sich denken läßt, will für den öffentlichen Affront eine öffentliche Unschuldserklärung haben, und nun wollen weder der Kommandant noch der Gouverneur etwas von dem Verhaftsbefehle wissen, obgleich der Kommandant den Polizeibeamten selbst zur Arrestation instruiert hat.
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Gegen nichts eifert der alte von H. so heftig und so konstant wie gegen lüderliche Prinzen. So heißt es in einem früheren Briefe über Louis Bonaparte (den Vater Napoleons III.): »Dieser elende Kerl, der überall in der schmutzigsten Wollust seinen Körper ruiniert hat und einem Skelett ähnlicher ist als einem Menschen, ist nun also wirklich bestimmt, in Holland zu regieren.« An anderer Stelle hat er in ähnlicher Weise mit dem Großfürsten Konstantin ein Hühnchen zu pflücken. »Dieser teure Konstantin kontrastierte hier sehr mit seinem kaiserlichen Bruder, der sich überall Achtung erworben hat. Konstantin ist nichts als ein Wüstling. Er hat fleißig die Elevinnen der Madame Schupitz schmutzigen Andenkens besucht, sonst aber, aller Brutalität unerachtet, mehr Jungenstreiche als Bosheiten verübt.« ._.
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19. April
Mein lieber Sohn. Für mich, als Deinem Dich liebenden und seinem Ende sehr nah sich fühlenden Vater, ist es ein Hartes, Dir in einer Sache Rat zu geben, die mich niederdrückt. Ich wünsche nicht, daß Du als Gemeiner in eine ohnehin trübselige Laufbahn eintreten möchtest. Wär es möglich, daß Du als Freiwilliger auf Deine Kosten dienen und in der Adjutantur ankommen könntest, so wäre mir das das liebste. Ich weiß, daß Enthusiasmus Dich treibt, aber sieh Dich vor, daß er Dich nicht zu Schritten verleitet, die Dir später unangenehm werden könnten. Glaube mir als einem alten, erfahrenen und vorurteilsfreien Manne, der Militärstand ist eine splendide Misère. Wenn man eine Zeitlang darin gearbeitet hat, so fühlt man erst das Angenehme der Independenz, und wie nützlich sich der macht, der als ein Privater seine Güter selbst bewirtschaftet. Er dient dem allgemeinen Besten und braucht mit seiner Meinung nicht zurückzuhalten. Er ist ein freier Mann, der auch frei sprechen darf . Fessele Dich also nicht für immer.
Den 22. April
Ich kenne nun Deinen Entschluß, bei Major von Colombs Husaren eintreten zu wollen, und kann ihn nicht tadeln. Der Major hat den Ruf eines tätigen und gescheiten Mannes. Wenn Du mit ihm sprichst, so sag ihm Deine verfehlte vorjährige Dienstnehmung. Vielleicht kann er Dich zum Junker ernennen. Daß Du die Garden vermeiden willst, kann ich nur billigen; diese haben den alten unschicklichen Ton angenommen 1) , der sie dem Bürgerstande anstößig machen muß.
25. April
Über unser Aufrufsedikt, wenn ich darüber sprechen wollte, wäre kein Ende. Was soll die Menge Kinder, die zusammenläuft, teils um der Schule, teils um der elterlichen Vormundschaft zu entweichen . Wir hatten ja Landwehren genug, die nur allenfalls der Komplettierung bedurften. Ich bin ein Feind alles Enthusiasmus, weil er sich auf Kosten der gesunden Vernunft eindrängt. »Kalt überlegt und warm ausgeführt«, das ist mein Denkspruch.
8. Mai
Du mußt mich nun verlassen, mein lieber Sohn, in einem Zeitpunkt, in dem ich aus dieser Zeitlichkeit scheiden werde. Gott segne Dich und stehe Dir bei in Gefahren und führe Dich gesund und tugendhaft in Deine väterliche Wohnung zurück. Mich wirst Du nicht wiederfinden. Ist es aber meinem Geist erlaubt, Dich zu umschweben, so wird er stets mit Dir sein. Auf Dir ruht das Glück und der
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