Fünf Schlösser
Wohlstand Deiner Schwester; Du kannst als ein unabhängiger Mann leben und als solcher viel Gutes fördern. Darum, lieber Sohn, verlasse Deine Güter nicht, gib sie nicht aus der Hand um bloßer Ehrenvorzüge willen, sondern bleibe selbständig. Dein Schwager ist Dein Vormund bis zu Deiner Großjährigkeit. Nochmals lebe wohl und glücklich, und denk an Deinen dahinwelkenden Vater als an einen verlorenen, schlichten, aber treuen Freund.
Es war des Alten aufrichtiger Glaube, daß er vor Rückkehr des Sohnes abscheiden werde. Der rasche Gang des Krieges aber übertraf alle Hoffnungen, und im Herbste war ihm noch ein Wiedersehen gegönnt, die letzte große Freude seines Lebens, denn seine Tage waren allerdings gezählt. Immer deutlicher stellte sich ein wassersüchtiger Zustand heraus, und der alte Heim wurde konsultiert, ohne daß seine Mittel eine Linderung herbeigeführt hätten. Im Gegenteil.
Unter diesen immer wachsenden Beschwerden und Beängstigungen war es, daß ihm, zum Ordensfeste 1816, das Eiserne Kreuz verliehen wurde.
Die Nachricht davon konnte nur noch ein Lächeln in ihm wecken und nebenher eine Verlegenheit darüber, wie der Dank dafür wohl abzustatten sei. Den Eitelkeiten der Welt hatte sein Herze früh entsagt, und das wenige, was ihm davon geblieben sein mochte, war angesichts des Todes hingeschwunden. In allem übrigen aber blieb er unverändert, und seine Briefe zeigen ihn bis zuletzt in allen Vorzügen seines Geistes und Gemütes, vor allem auch als einen feinen und liebenswürdigen Spötter. Und der Schluß dieser seiner Korrespondenz ist es, dem ich die nachstehenden, über die mannigfachsten Gebiete sich verbreitenden Äußerungen entnehme.
Liebenberg, im Januar 1816
... General Yorck muß zur Unzufriedenheit sehr geneigt sein, wenn er den Abschied darum nehmen will, daß nicht genug für ihn geschehen ist. Meiner Meinung nach kann er zufrieden sein. – Aus Kölner Briefen ersehe ich, daß Fürst Blücher gute Stunden, aber auch wieder »Abwesenheiten« hat. – Und nun wünsch ich vor allem Herrn Geheimrat Heim zu befriedigen, dem man, wie ich wohl weiß, mit einer mäßigen Retribution nicht kommen darf. Ich habe Geld bei Schicklers und werde die Firma benachrichtigen, 500 Taler an Dich verabfolgen zu lassen. Sobald Du sie hast, stelle sie dem Geheimrat Heim namens meiner zu.
Den voraufgehenden Briefen zufolge waren ihm durch Heim – sein eigentlicher Arzt war Formey, früher Stosch – ein paarmal Pillen verordnet worden, die seine Beschwerden eher gesteigert als gemindert hatten. Aber gesteigert oder gemindert, unter allen Umständen ein imposantes Honorar. Und das alles in »armen Zeiten«.
Liebenberg, den 14. Januar
Ich habe Niebuhr und Chateaubriand aufmerksam gelesen. Niebuhrs Stil hat mich einigermaßen verwundert; um kräftig zu sein, ist er hin und wieder dunkel und gezerrt. Chateaubriand aber hat sein Thema sehr artig ausgeführt, nur der Franzose leuchtet überall durch, Tiraden und Phrasen stürzen übereinander her, und »l'honneur des Français« (das A und das O dieser Nation) muß auch hier wieder als Aushängeschild dienen. Und diese sogenannte »honneur« besteht doch in weiter nichts als in dem törichten Versuch, ihr Besiegtsein nicht eingestehen zu wollen.
Liebenberg, den 10. Februar
Ich bitte Dich, grüße Danckelmann, und frag ihn, ob auf das Eiserne Kreuz, das ich empfangen, ein Danksagungsschreiben erfolgen müsse. Wenn dem so sein sollte, so bitt ihn, daß er das Nötige gleich aufsetze. Laß es dann abschreiben und unterschreib es und send es, wo es hin muß. Vermutlich an das Ordensdepartement. (Er nimmt es offenbar nicht sehr feierlich damit.)... Ich lasse jetzt die Pillen und trinke Wacholdertee... Niesigs Hochzeit ist vorüber, und soll die junge Frau so tölplich wie möglich gewesen sein... Gestern hat sich ein alter Fuchs in der Marderfalle gefangen und sie bis an seinen Bau fortgeschleppt. Da hat ihn Rackwitz (der Förster) in Empfang genommen.
Liebenberg, den 12. Februar
Ich muß doch den »Rheinischen Merkur« tadeln über die Schärfe, mit der er vorgeht. Hier heißt es mit Recht »est modus in rebus«. Wird dem Redakteur etwas Derartiges zugeschickt, so muß er es entweder unterdrücken oder es moderieren. Das ist aber der Journalisten Sache nicht, weit ihre Schriften mehr Abgang haben, wenn sie bitteren Spott auskramen. Besser aber wird die Welt dadurch nicht , denn die Serenissimi lesen es nicht. Es ist nur ein Weg,
Weitere Kostenlose Bücher