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Fünf Schlösser

Fünf Schlösser

Titel: Fünf Schlösser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Theodor Fontane
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wurde: Sophie Oriane Constanze Friederike. Das Verhältnis zu der ostfriesischen Verwandtschaft blieb auch bei wiederholten Besuchen dasselbe, will sagen freundlich und förmlich, ohne daß es geglückt wäre, die Freundlichkeit in Herzlichkeit umzuwandeln.
    Ob ein Glück im eigenen Hause dies aufwog? Es mag fast bezweifelt werden. Wohl war es eine gegenseitige Neigung gewesen, was sie zusammengeführt hatte, nebenher aber lief eine große Sinnes- und Charakterverschiedenheit: er war reserviert, mit einem Anfluge von Nüchternheit, sie sanguinisch, mit einem Anfluge von Gefallsucht. Das Leben bei Hofe, das ihn degoutierte, hatte für sie nicht bloß Reiz und Zauber, sondern war auch, aller trüben persönlichen Erfahrungen unerachtet, eigentlich das , wonach sie sich sehnte.
    So waren wohl von Anfang an Differenzpunkte gegeben, aber möglich, daß es nichtsdestoweniger zu Verständnis und Ausgleich auf diesem Gebiete gekommen wäre, wenn nicht ein schweres Leiden, in das der Freiherr verfiel, ihm und alsbald auch seinem Hause jede Lust und Freudigkeit genommen hätte. Schon Ende 1787 traten Anzeichen einer bedenklich komplizierten Krankheit hervor, einer Krankheit, die sich zunächst in Taubheit und heftigen Ohrenschmerzen äußerte. Nach dem Rate der Ärzte wurde Spa versucht, aber erfolglos, und der Patient unterbrach alsbald seine Kur, um auf der Rückreise den berühmten braunschweigischen Leibarzt Ritter von Zimmermann zu konsultieren, der einige Zeit vorher auch an das Sterbebett König Friedrichs II. gerufen worden war. Wie kaum gesagt zu werden braucht, verordnete die konsultierte Berühmtheit das, was in aussichtslosen Fällen immer verordnet zu werden pflegt: »eine Reise nach dem Süden«, und diese Reise sollte denn auch eben begonnen werden, als die Nachricht eintraf, daß der letzte Löwenberger Bredow gestorben und der Augenblick für den Antritt des großen Erbes gekommen sei . Das wog denn freilich so schwer, daß die Reise, nötig oder nicht, vorläufig wenigstens zurücktreten mußte; dringendste Geschäfte forderten tagtäglich Erledigung, und die Reihe jener Aufregungen und Ärgernisse begann, die von Gutsübernahmen und Erbschaftsauseinandersetzungen unzertrennlich zu sein pflegen und wovon das, was einige Jahre vorher in Lützburg gespielt hatte, nur ein Vorschmack gewesen war.
    Endlich aber war alles geregelt, und der jetzt im Besitz einer großen Doppelherrschaft, einer ostfriesischen und einer märkischen, stehende Freiherr hätte sich füglich auf der Höhe des Lebens fühlen müssen. Aber er stand nur angesichts des Todes, und als es das Jahr darauf, im Sommer 1789, kein Geheimnis mehr war, wie schlecht es stehe, traf, neben anderen Besuchern, auch sein Bruder Edzard auf dem Hoppenrader Schloß ein, um den schwer krank Darniederliegenden noch einmal zu sehn. Edzard war erschüttert von dem Anblick und schrieb tags darauf in die Heimat: »Ich fand ihn sehr verändert und konnt ihn kaum noch verstehn, weil auch seine Sprachorgane gelitten haben. Außerdem aber haben seine langen und heftigen Schmerzen im Kopf, dazu seine Schlaflosigkeit und der beständige Opiumgebrauch auf seine Seelenkräfte merklich eingewirkt und jenen hellen und glänzenden Verstand eingeschränkt, mit Hilfe dessen er sonst die schwersten Begriffe zu ordnen und überhaupt im Umgange mit der Welt so hervorragend zu gefallen wußte. Er hat nun oft Mühe, seine Gedanken so zu fügen, wie sie sich, seinem Wunsche nach, wohl fügen sollten, und gerät darüber in solchen Unmut, daß er es mehrmals vorzog, mitten im Sprechen abzubrechen. Ich habe wenig Hoffnung auf seine Wiederherstellung.«
    In der Tat, eine solche Wiederherstellung war unmöglich; aber eine lange Leidenszeit war ihm doch nichtsdestoweniger noch vorbehalten. Er wurde sehr bald nach diesem Besuch, einer vorzunehmenden Operation halber, von Hoppenrade nach Berlin geschafft, indessen man stand hier von einem chirurgischen Einschreiten ab, als man das Übel in seiner Unheilbarkeit erkannt hatte. Es war Knochenfraß und Drüsenverhärtung. So konnt es sich nur noch um beständige Linderungen handeln. Er bekam Laudanum und Moschus. Öfters wurden die Wohnungen gewechselt, um ihn wenigstens nach Möglichkeit vor Straßenlärm zu schützen. Aber all das ergab nur ein Hinfristen. Er war so elend, daß selbst kein Fieber mehr eintrat, und am 25. Dezember 1789 entschlief er und wurde die Woche darauf im Krautschen Erbbegräbnis in der Nikolaikirche beigesetzt.
    Auch

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