Fünf Schlösser
hinsichtlich seines Charakters, genauso wie hinsichtlich der Charaktere seiner Schwiegereltern, also des Hofmarschalls von Kraut und der Gemahlin desselben, der späteren Madame de Verelst, gehen die zeitgenössischen Aufzeichnungen auseinander. Thiébault erwähnt des Barons mehrfach. »Unter den dem Prinzen Heinrich am aufrichtigsten ergebenen Personen«, so schreibt er, »befanden sich auch zwei Barone Knyphausen, von denen der eine, Baron Dodo von Knyphausen, längere Zeit preußischer Gesandter in Paris und dann in London gewesen war. Er führte den Beinamen ›der große Knyphausen‹ oder ›der alte‹ zur Unterscheidung von einem jüngeren Träger desselben illustren Namens, der einer der Kavaliere des Rheinsberger Hofes war und ›Le beau Knyphausen‹ hieß. Er hatte nicht nur den frischesten Teint und das feingeschnittenste Profil, sondern war überhaupt von einer apollonischen Schönheit; nur schade, daß ein kaltes, stolzes und etwas steifleinenes Wesen (peu compassé) seine große Schönheit wieder in Frage stellte.« Dieser »Le beau Knyphausen« ist der unsrige.
Thiébaults Worte lauten nicht allzu günstig, und der als »kalt und stolz« Bezeichnete wird unmaßgeblich seine Schwächen und Fehler gehabt haben, vielleicht sogar solche, die sich in der Gesellschaft sehr fühlbar machten. Andererseits ist es unmöglich, seine Briefe zu lesen, ohne von der Überzeugung erfüllt zu werden, daß er dem ganzen Rest der in dieser Tragikomödie mitspielenden Personen, Elliot an der Spitze, sehr überlegen war. Und so werden denn auch die von seinem Bruder in der Lützburger Chronik über ihn geschriebenen Zeilen sehr wahrscheinlich das Richtige treffen. Sie lauten: »Er war wie von einer vorzüglichen körperlichen Schönheit, so ganz besonders auch von einem hervorragenden und mit allerlei Kenntnissen und Fähigkeiten ausgestatteten Verstande. Reisen und langer Umgang an Höfen hatten ihm die feinsten Umgangsformen gegeben, die den Verkehr mit ihm, wenigstens bis zum Eintritt seiner Krankheit, ungemein angenehm und anziehend machten.«
Im Einklange hiermit ist das, was sich im Hoppenrader Kirchenbuche (das übrigens, abweichend von der Lützburger Chronik, den 1. Januar 1790 als seinen Todestag angibt) über ihn aufgezeichnet findet. Es heißt daselbst wörtlich: »Am 1. Januar 1790 starb in Berlin Herr Georg Freiherr von Inn und Knyphausen, Majoratsherr der Herrschaft Knyphausen in Ostfriesland, Herr auf Hoppenrade, Löwenberg, Teschendorf, Grüneberg. Er verfiel vor zwei Jahren in schwere Krankheit, von der wieder zu genesen ihm nicht beschieden war. Er war ein vernünftiger und menschenfreundlicher Herr. Wenn ihm Gott das Leben und Gesundheit geschenkt hätte, würd er viel Gutes auf den hiesigen Gütern gestiftet haben.«
Ebenso günstig beurteilt ihn sein späterer Schwiegersohn von Wülknitz, der, bei den zahlreichen und andauernd von ihm geführten Prozessen (ich komme darauf zurück), aus einem intensiven Aktenstudium der Knyphausenschen Zeit all sein Lebtag nicht herausgekommen ist. Wülknitz schreibt über Knyphausen: »Er war ein tüchtiger, umsichtiger und charakterfester Mann, in betreff dessen es lebhaft zu bedauern bleibt, daß der Tod ihn so frühzeitig abrief.«
Alle ruhig Urteilenden sprechen in ähnlicher Weise für ihn.
Zum Schluß erübrigt nur noch ein Wort über seine Duellaffaire mit Elliot . Ich habe bereits hervorgehoben, und Knyphausen bestätigt es in seinen Briefen, daß sich die damalige Berliner Gesellschaft, und unter ihrem Einfluß auch das große Publikum, ungleich mehr auf Elliots als auf Knyphausens Seite stellte, was sich denn auch – und zwar ganz abgesehen von Elliots eminenter Begabung, alle Welt (nötigenfalls auch durch Lügen) auf seine Seite zu ziehen – einfach aus den Tatsachen heraus erklären läßt. Elliot, was immer seine Fehler sein mochten, war und blieb der gekränkte Ehemann. Das war eins. Was ihm indessen, weit über dies Maß einer immerhin fraglichen Teilnahme hinaus, eine ganz aufrichtige Bewunderung eintrug, das war, aller gegenteiligen Versicherungen unerachtet, der Fürstenberger Überfall , der Brutalakt »à la mode d'un assassin«. Er hatte Knyphausen zum Duell nach Kopenhagen hin zitiert, war ob dieser seiner Zitierung verspottet worden und erschien nun in seines säumigen Gegners Wohnung, um nicht bloß diesen, sondern, wenn es nötig sein sollte, die ganze Stadt Fürstenberg zum Kampfe herauszufordern. Was darin ungesetzlich und
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