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Fünf Tanten und ein Halleluja

Fünf Tanten und ein Halleluja

Titel: Fünf Tanten und ein Halleluja Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Steiner
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richtig.
    Â»Jetzt kommt unsere Station«, sagte Ebba. »Von hier aus müssten wir das Hotel zu Fuß erreichen können. Auf der Karte sieht das ganz nah aus.«
    Die Tanten rafften ihre Taschen und Koffer zusammen. Unruhe entstand. Und Kamillas Gedanken schienen wieder zu rasen. Worum es sich diesmal auch immer drehte, Claire registrierte mit Bedauern, dass sich der Vorhang wieder gesenkt hatte. Kamilla rechnete irgendwas aus.
    Â»Habt ihr alles?«, erkundigte sich Ebba. »Nichts vergessen? Dann los.«
    Und so bewegte sich die Karawane der Schwestern hinaus auf den Bahnsteig und dann über die Treppen hinunter zur Straße.
    Ebba hakte sich bei Claire unter. Sie senkte ihre Stimme, damit die anderen sie nicht hören konnten.
    Â»Das ist heute nicht gut gelaufen«, sagte sie.
    Â»Nein«, sagte Claire. »Wohl nicht.«
    Â»Ich wollte dem Jungen nicht vorschreiben, wo er zu arbeiten hat. Ich dachte nur … ach, verflucht. Spielt ja ohnehin keine Rolle. Hab ich’s versaut, Claire?«
    Â»Wir haben alle nicht sonderlich geglänzt.« Claire seufzte. »Vielleicht müssen wir ihn einfach sein Leben leben lassen. Und uns nicht weiter einmischen.«
    Â»Unsinn. Jeder Mensch braucht Familie. Besonders Toni. Er vielleicht mehr als andere. Unser Plan wird nicht geändert.« Ebba holte tief Luft. »Ruf bei ihm an, Claire. Ihr zwei hattet immer den besten Draht zueinander. Vielleicht kannst du wiedergutmachen, was ich angerichtet habe.«
    Â»Ich weiß nicht, Ebba. Er ist erwachsen geworden. Toni ist für mich beinahe ein Fremder. Vielleicht sollten wir ihn wirklich in Ruhe lassen.«
    Â»Ach was. Wir machen es so, wie ich gesagt habe. Du musst ihn anrufen, Claire, heute noch. Versprichst du mir das?«
    Doch bevor Claire irgendwas versprechen konnte, beschleunigte Ebba ihren Schritt, um Immi einzuholen und sie in ein Gespräch zu verwickeln. Es war eben keine Bitte gewesen, sondern ein Befehl.
    Claire würde also bei Toni anrufen und versuchen, die Situation zu entschärfen. Heute noch. Damit sie morgen Abend die Gelegenheit bekämen, ihren Plan durchzuziehen.
    Sie hatte alles für ihn besorgt: die Anmeldeunterlagen, einen Platz in der Jugendherberge, die Wegbeschreibung zur Schauspielschule und das Zugticket. Sogar ein paar mögliche Vorsprechtexte hatte sie zusammengestellt.
    Toni starrte all die Gaben fassungslos an. Hier wurde ein Traum wahr, und er wusste nicht, was er sagen sollte.
    Â»Tante Claire …«
    Â»Sag nichts. Nimm es einfach. Wir wollen lieber darüber nachdenken, welche Rolle die beste fürs Vorsprechen ist. «
    Â»Aber …«
    Zehntausend Dinge gingen ihm durch den Kopf. Keiner sonst wusste von seinem Traum, Schauspieler zu werden. Nur Tante Claire. Mit den anderen konnte er über so etwas nicht reden. Am wenigsten mit seinem Vater.
    Der hatte Toni schon eine Ausbildungsstelle in der Autowerkstatt eines Kumpels besorgt. »Da kannst du sofort nach den Ferien anfangen. Berthold hat gesagt, er würde es mit dir versuchen. Erst einmal.« Aber die Verachtung in seinem Gesicht war Beweis genug dafür, dass er Toni eine solche Arbeit im Grunde gar nicht zutraute.
    Â»Ich denke, du solltest den Thomas aus Molières ›Eingebildetem Kranken‹ vorsprechen. Kennst du das Stück? Irgendwie passt die Rolle zu dir.«
    Â»Aber, Tante Claire, ich …«
    Â»Fahr einfach hin.« Sie blickte ihm ernst in die Augen. »Das ist es doch, was du dir wünschst, oder?«
    Â»Ja, schon. Aber Vater …«
    Â»Wir sagen ihm nichts davon. Keinem sagen wir was. Vielleicht klappt es ja auch gar nicht. An der Ernst-Busch-Schule werden nur dreißig Bewerber von über tausend genommen. Du hast also sehr große Konkurrenz. Aber probieren sollte man es trotzdem, oder etwa nicht?«
    Und Toni vergaß seinen Vater, den Ausbildungsplatz und alles andere. Das Gefühl, das sich in seiner Brust ausbreitete, war unbeschreiblich.
    Â»Ja«, sagte er. »Probieren sollte man es.«
    Toni saß vor seinem Rechner und wartete auf die E-Mail von seiner Agentin. Da klingelte sein Telefon. Unbekannte Nummer. Er ging ran.
    Â»Ich bin’s, Tante Claire.«
    Â»Oh.«
    Den Besuch seiner Tanten hatte er für eine Weile verdrängt. Nach dem Anruf seiner Agentin und ihren sagenhaften Neuigkeiten war alles andere in den Hintergrund gerückt.
    Natürlich, seine Tanten. Morgen Abend wollten sie

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