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Fünf Tanten und ein Halleluja

Fünf Tanten und ein Halleluja

Titel: Fünf Tanten und ein Halleluja Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Steiner
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einem Aufenthaltsraum hinter der Garderobe und trank sich mit Wein müde. Kein Wunder, dass es so viele Alkoholiker in seinem Job gab. Es war ja an allen Provinztheatern das Gleiche.
    Dazu schwebte über Bad Rüdensee stets das Gefühl, vom Leben gänzlich abgeschnitten zu sein. Denn das Leben spielte in Berlin, bei seinen Freunden, und Toni saß in diesem düsteren, stillen Kurort, in dem es nichts gab außer Resignation. Damals war er noch Single gewesen, und er hatte sich immer gefragt, wie er seinen Mann fürs Leben kennenlernen sollte, dort in Bad Rüdensee.
    Â»Vergiss einfach, was Ebba gesagt hat«, meinte Tante Claire. »Du bleibst in Berlin, hörst du? Lass dir da nicht reinreden.«
    Â»Aber ich weiß ja selber nicht, ob das richtig ist.«
    Â»Es wird schon alles gut werden. Du gehst deinen Weg, davon war ich immer überzeugt. Du darfst einfach nicht daran zweifeln.«
    Eine Weile schwiegen sie.
    Â»Bekommen wir denn noch eine Chance?«, fragte Tante Claire.
    Toni lächelte. »Wir sehen uns morgen Abend. Ich freu mich drauf.«
    Nach dem Telefonat wandte er sich wieder dem Computer zu. Die E-Mail von seiner Agentin war noch immer nicht gekommen. Er stellte seinen PC so ein, dass ein Klingellaut ertönte, wenn eine neue Mail einging. Dann lehnte er sich zurück und verschränkte die Arme.
    Vielleicht wird ja wirklich alles gut, dachte er. Wenn diese Sache hier funktionierte, dann sah es zumindest danach aus. Es fiel ihm immer noch schwer zu glauben, was seine Agentin ihm erzählt hatte. Es ging um einen Abenteuerfilm, eine ganz große Produktion, mit fettem Budget und allem Drum und Dran, bei der über Nacht der Hauptdarsteller ausgefallen war. Die Dreharbeiten würden nächste Woche losgehen, und jetzt war ein Notfallcasting angesetzt, um die Hauptrolle rechtzeitig neu zu besetzen.
    Â»Wie sind die denn auf mich gekommen?«, hatte er am Telefon gefragt. »Ich glaube schon, dass ich einen Actionhelden spielen kann. Aber normalerweise lassen die einen ja nur für Sachen vorsprechen, die man schon mal gemacht hat.«
    Â»Du denkst viel zu kompliziert, Toni.« Ihr Lachen ging in einem Hustenanfall unter. »Tatsächlich ist es so: Es wird jeder männliche Schauspieler eingeladen, der nächste Woche noch nichts vorhat. Und dazu gehörst du eben auch.«
    Natürlich mussten Alter und Aussehen passen. Und noch ein paar andere Dinge. Viktoria Glück versicherte ihm jedoch, dass nicht viele übrig geblieben seien. Die Castingliste sei kurz, was seine Chancen erhöhe.
    Â»Ich schick dir gleich den Text fürs Casting. Sieh zu, dass du ihn diesmal beherrschst und nicht wieder einen Blackout hast.«
    Die Hauptrolle in einem großen Fernsehfilm. Was für eine großartige Chance!
    In diesem Moment klingelte es an der Tür, und Toni hörte Lutz durch den Flur schlurfen und mit jemandem sprechen. Kurz darauf sprang seine Tür auf, und Micha stand im Zimmer.
    Â»Ist das aufregend!«, rief er zur Begrüßung. »Du sprichst für eine Hauptrolle vor!«
    Â»Ich kann’s selbst noch gar nicht glauben.«
    Â»Ist der Text denn schon da?«
    Â»Nein. Aber er muss jede Sekunde ankommen.«
    Â»Und wann ist das Casting?«
    Â»Morgen früh. Mir bleibt nicht viel Zeit zum Textlernen. Danke, dass du mir hilfst.«
    Â»Kein Problem.« Micha gab ihm einen Kuss. »Das mach ich doch gerne.«
    Dann stützte er sich auf Tonis Stuhllehne und blickte auf den Bildschirm. Die E-Mail mit dem Vorsprechtext ließ weiter auf sich warten. Es wurde still im Zimmer.
    Â»Wie war’s eigentlich mit deinen Tanten?«
    Toni versteifte sich. »Ach, ging so.« Den Blick hielt er weiterhin auf den Monitor gerichtet. Komm schon, dachte er. Jetzt wäre doch ein guter Zeitpunkt für den Klingelton: Sie haben eine neue Nachricht.
    Â»Und? War’s das, oder trefft ihr euch noch mal?«
    Â»Vielleicht. Keine Ahnung.«
    Micha hob eine Augenbraue. Die Temperatur im Raum fiel um einige Grade. Toni wusste: Er würde ihm jetzt keine dicke Lüge auftischen können.
    Â»Aber wie es aussieht, gehen wir morgen Abend zusammen essen«, räumte er ein. »So genau steht das noch nicht fest. Die haben ein ziemlich straffes Programm bei den Landfrauen.«
    Schweigen. Micha rührte sich nicht vom Fleck. Er wartete. Und Toni wusste, worauf.
    Jetzt komm schon, verdammt noch mal! Wo bleibt denn diese

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