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Fünf Tanten und ein Halleluja

Fünf Tanten und ein Halleluja

Titel: Fünf Tanten und ein Halleluja Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Steiner
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Varieté.«
    Die Tanten nickten und standen auf. Sie gaben alles, um sich ihre Enttäuschung nicht anmerken zu lassen. Toni spürte sie trotzdem. Auch seine Tanten hatten sich das Wiedersehen wohl anders vorgestellt.
    Â»Wir sehen uns dann morgen Abend im Restaurant«, sagte Tante Kamilla. Es klang wie: Wir haben noch eine zweite Chance.
    Und alle nickten.
    Toni brachte seine Tanten zur Tür und verabschiedete sich. Seine Mundwinkel schmerzten bereits vom Lächeln. Er winkte ihnen nach, bis die Letzte von ihnen im Treppenhaus verschwunden war. Dann atmete er aus und schloss die Tür.
    Er ließ sich auf einen Küchenstuhl sinken. Im selben Moment ging der Schlüssel in der Wohnungstür. Kayla und Lutz kamen in die Küche.
    Â»Die sahen doch ganz nett aus«, sagte Kayla. »Ich weiß gar nicht, warum du die vor uns versteckst.«
    Sie ließ sich auf einen Stuhl fallen, legte die Beine auf den Tisch und schnappte sich das letzte Stück Kuchen.
    Â»Oder hattest du einfach nur Angst, dass wir und deine Tanten Informationen über dich austauschen könnten?«
    Â»Ach, Kayla, lass mich einfach in Ruhe.«
    Toni fühlte sich seltsam angeschlagen nach dem Besuch. Dabei war doch eigentlich alles gut gelaufen. Er hatte sich nicht vereinnahmen lassen, so wie er sich das vorgenommen hatte. Er hatte ihnen seine Grenzen gezeigt. Trotzdem. Diese Distanz am Kaffeetisch, die oberflächlichen Gespräche, die angespannte Höflichkeit – das alles hatte ihm einen Stich versetzt. Waren das wirklich er und seine Tanten gewesen?
    Lutz lehnte sich in den Türrahmen und hielt nach Kaffee Ausschau. Sein T-Shirt sah aus, als hätte er darin geschlafen. Die Haare waren ungekämmt und die Hose voller Flecken. Wusste der Himmel, wo er sich in der letzten Nacht wieder herumgetrieben hatte.
    Â»Vielen Dank fürs Putzen«, sagte Toni.
    Â»Das hätte ich schon noch geschafft«, murmelte Lutz.
    Â»Na klar.«
    Â»Sorry, aber ich war die ganze Nacht unterwegs. Ich glaub, ich muss mich erst mal hinlegen. Oder … kann ich noch was für dich tun?«
    Ein bisschen spät, die Frage. »Nein. Verschwinde einfach.«
    Lutz fuhr sich mit der Hand durchs Gesicht, blickte zerknirscht und verschwand dann in seinem Zimmer.
    Toni machte sich auf den nächsten Angriff von Kayla gefasst. Sie hatte ihn jetzt in der Hand, heute war von ihm nicht viel Gegenwehr zu erwarten.
    Doch zu seiner Überraschung lächelte sie nur verhalten.
    Â»Ist nicht so gut gelaufen, oder?«
    Â»Ach, was soll’s. Egal.«
    Â»Tja, Familie«, meinte sie und machte dabei ein Gesicht, als wäre damit alles gesagt. »Und, war’s das jetzt? Oder kommen sie noch mal wieder?«
    Â»Wir treffen uns morgen Abend im Hotel, danach soll’s in ein Restaurant gehen. Sie wollen irgendwo richtig groß essen gehen. Übermorgen fahren sie dann mit den Landfrauen wieder zurück nach Papenburg.«
    Â»Weißt du schon, welches Restaurant du vorschlägst?«
    Â»Nein. Aber ich schätze mal, es muss eins sein, wo viel Fleisch auf dem Teller liegt.«
    Sie lächelte. »Viel Fleisch und Pommes?«
    Â»Genau. Was sie eben unter ›groß essen gehen‹ verstehen.«
    Â»Und morgen Abend stellst du ihnen Micha vor?«
    Toni schwieg.
    Â»Oder wissen sie etwa gar nicht, dass du schwul bist?«
    Er schnaubte. Typisch Kayla.
    Â»Du und deine Labels«, sagte er.
    Kayla war über vierzig, da musste man nachsichtig sein. Für ihre Generation spielten solche Begriffe noch eine Rolle. Sie war einmal Teil der Lesben- und Schwulenbewegung gewesen. Damals, als … O Gott, dazu müsste er in die Geschichtsbücher gucken. Toni war da anders. Er interessierte sich nicht mehr für solche Schubladen. Keiner tat das. Schließlich waren sie in Berlin.
    Â»Ich bin nicht schwul«, sagte er. »Sexualität ist doch keine Gruppe wie ein Bowlingklub. Wenn überhaupt, dann bin ich … ach was. Immer diese Kategorien. Sei doch einfach mal ein bisschen offener.«
    Â»Mhm. Aber du stehst schon auf Männer, oder?«
    Â»Meine Güte! Ich bin halt ein Mann, der mit einem Mann zusammen ist. Vielleicht könnte man mich queer nennen. Aber … ach, was soll das denn? Wen interessieren solche Begriffe überhaupt?«
    Â»Keine Ahnung. Vielleicht ja deine Tanten.« Sie fügte hinzu: »Denen du gesagt hast, dass du eine Freundin hast.«
    Â»Ich

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