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Fünf Tanten und ein Halleluja

Fünf Tanten und ein Halleluja

Titel: Fünf Tanten und ein Halleluja Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Steiner
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sagen sollte.
    Â»Bloß keine Fakten schaffen, nicht wahr? Immer schön unverfänglich bleiben. Sich nur nicht zu weit aus der Deckung vorwagen. So bist du, Toni Müller. Und ich weiß nicht einmal, ob es dir an Rückgrat fehlt oder einfach an Gefühlen zu mir.«
    Toni blieb der Mund offen stehen. Hier ging etwas gewaltig schief. Er musste jetzt die richtigen Worte finden, und zwar auf der Stelle. Doch er war nicht darauf vorbereitet. Er dachte angestrengt nach und suchte nach guten Antworten. Aber in seinem Kopf lief nur Fahrstuhlmusik.
    Micha sah ihn an und wartete. Vergebens.
    Â»Was soll ich mit einem Mann, der sich nicht zu mir bekennt?«, fragte er schließlich.
    Auch darauf hatte Toni so schnell keine passende Antwort. Er war geschlagen. Satz und Sieg an ein gemeines Schicksal.
    Micha trat zurück und knallte ihm die Tür vor der Nase zu.
    Toni saß am Schreibtisch und machte seine Biologiehausaufgaben: ein Bild ausmalen. Ein nackter Mann und eine nackte Frau, ohne Gesichter, aber dafür mit Geschlechtsteilen. Nach einer Weile rannte er nach unten zu seinem Vater, der mit Arbeitskollegen in der Küche hockte. » Papa! Papa! Ist das so gut ausgemalt?« Die Männer lachten und klopften ihm auf den Rücken, und Toni, angestachelt von so viel Zuspruch, gab sich nun besonders viel Mühe, die Geschlechtsteile auszumalen. Immer wieder lief er mit dem Blatt nach unten, bis sein Vater sagte: »So, Toni, Schluss jetzt. Wir müssen los, es wird Zeit.«
    Seine Mutter war seit zwei Tagen mal wieder auf Kur, und alle sagten: »Sie muss sich nur ein bisschen ausruhen, Toni.« Und da sein Vater auf Montage musste und nicht länger auf ihn aufpassen konnte, sollte Toni diesmal zu Tante Kamilla gebracht werden.
    Dabei waren die Tage, in denen er und sein Vater allein gewesen waren, einfach großartig gewesen. »Zwei Männer auf hoher See«, hatte sein Vater das kommentiert. »Das Leben ein einziges Abenteuer, und in jedem Hafen wartet eine Frau. « Und Toni hatte sich glücklich in seine Armbeuge gekuschelt.
    Als sie später bei Tante Kamilla vor der Tür standen, wuschelte sein Vater ihm durch die Haare und betrachtete ihn nachdenklich. »Dein Kaugummi«, sagte er schließlich. »Oder willst du bei Tante Kamilla gleich einen schlechten Eindruck machen?« Toni machte Anstalten, ihn auf die Erde zu spucken, aber sein Vater hielt ihm ein Plastiktütchen hin: »Warte. Tu ihn lieber hier rein.« Merkwürdigerweise verstaute er die Tüte mit dem Kaugummi im Handschuhfach, aber darüber dachte Toni nicht weiter nach.
    Erst viel später, als sein Vater sich längst verabschiedet hatte und Toni drinnen bei Tante Kamilla Marmorkuchen aß, erinnerte er sich an den Blick, mit dem sein Vater ihn angesehen hatte. Etwas Trauriges hatte darin gelegen, als wäre dies kein Abschied für ein paar Tage. Vielmehr sah es so aus, als würde er für immer aus Tonis Leben verschwinden wollen.
    Der Schlüssel für den Hintereingang lag auf der Fensterbank hinter einem der Blumenkästen. Toni wusste genau, es war jetzt keiner mehr da. Die Veranstaltung an diesem Abend endete früh, und danach wurde das Theater abgeschlossen. Er öffnete die Hintertür und trat ein. Hier würde er übernachten können. Keiner würde ihn bemerken. Wenn am späten Vormittag die Probe anfing, wäre er längst wieder verschwunden.
    Es war ein kleines Jugendtheater, in dem Toni vor einiger Zeit mal gearbeitet hatte. Hauptsächlich politisch ambitionierte Stücke für Schulklassen, die in Berlin auf Klassenfahrt waren. Er hatte sich damals gut mit dem Hausmeister verstanden, und irgendwie hatte er erfahren, wo der Schlüssel für den Hintereingang versteckt war.
    Toni hatte keine Ahnung, was für ein Stück gerade gespielt wurde. Zu seiner Überraschung stand mitten auf der Bühne ein Bett. Ein französisches Bett mit plüschiger Wäsche. Dahinter waren Fenster auf eine Pappwand gemalt, mit einem Ausblick auf die untergehende Sonne über Paris. Alles wie für ihn gemacht.
    Toni kletterte auf die Bühne und legte sich ins Bett. Der typische Geruch von Requisiten. Er sah zur Decke. Da waren Scheinwerferkonstruktionen und Schienen für die Vorhänge. Alles war so vertraut, und irgendwie fühlte er sich gleich zu Hause. Es dauerte nicht lange, da fielen ihm die Augen zu, und er glitt in einen tiefen und

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