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Fünf vor Zwölf - Und kein Erbarmen

Fünf vor Zwölf - Und kein Erbarmen

Titel: Fünf vor Zwölf - Und kein Erbarmen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Berthold
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Marion«, sagt er und reicht ihr betont burschikos die Hand.
    »Ein paar Zeilen bloß …«, ruft sie fast ängstlich.
    »Nein … keine Zeit!« Straff sieht eine Fotografie Marions mit dem Jungen. »Das«, sagt er, »ist besser als alles andere.« Er steckt das Bild ein, ohne sich noch einmal umzudrehen, hastet ein Stück durch den hübschen Mischwald. Der Sand des gepflegten Pfades knirscht unter seinen Schuhen, die Stille ist künstlich. Friedhof, denkt Christian Straff …
    Zwischen dem Ufer und der ›Cap Arcona‹ wird ein Pendelverkehr eingerichtet. Das Bordfest des SS-Sturmbannführers Langenfritz hat sich an Land in den einschlägigen Kreisen herumgesprochen. Am Nachmittag bringt eine Barkasse 15 SS-Offiziere und 18 Helferinnen an Bord, meist schlanke, blonde Mädchen, die die Angst vor den Briten auf die ›Cap Arcona‹ treibt.
    »Dann rücken wir eben mit den Kameradinnen enger zusammen«, sagt Langenfritz lachend zu Funkmaat Möhrenkopf, der ihm die Anfrage der Bordaspiranten bringt.
    »Einer für alle«, brummelt die Möhre, »und alle für einen …«
    »Werden Sie nicht frech!« erwidert Langenfritz gutgelaunt.
    »Jawohl, Herr Major.«
    »Sturmbannführer … Sie Pflaume … Sie lernen's nicht mehr.«
    »Jawohl, Herr Sturmbannführer«, brüllt der Funkmaat und freut sich darüber, daß er nicht mehr viel Zeit haben wird, die Dienstgradleiter der SS vorschriftsmäßig kennenzulernen.
    »Ist dieser Straff schon zurück?«
    »Noch nicht, Herr Major.«
    »Er soll sich sofort bei mir melden.«
    »Jawohl, Herr Major.«
    »Sturmbannführer, Sie Armleuchter! … Und merken Sie sich endlich, bei der SS gibt es keine Herren.«
    »Jawohl!« brüllt die Möhre und haut die Hacken zusammen.
    Eine Stunde später meldet sich Funkoffizier Christian Straff vom Landausflug bei dem SD-Führer zurück.
    »Ah, Kaleu Großmaul«, sagt Langenfritz höhnisch, »und was haben Sie nun erreicht?«
    »1.500 Kommissbrote und zwei Kisten mit Medikamenten, Sturmbannführer.«
    »Dann will ich nichts gesagt haben.«
    »Ich kann noch mehr besorgen«, erwidert Straff hastig, »wenn Sie mir für morgen drei Passierscheine ausstellen.«
    »Ich glaube, Sie haben 'ne Freundin an Land, was?«
    »Auch das, Sturmbannführer«, geht Christian Straff auf das Gerede des SS-Bonzen ein.
    »1.500 Brote – Mensch, bis die Kerle das aufgefressen haben, ist der Krieg aus.«
    »Fünf Mann ein Brot«, versetzt Straff.
    »Sie Pedant … Sie Adam Riese … Sie Weiberschmecker … Wir haben doch genug an Bord, warum so wählerisch!«
    »Ich rauche meine eigene Sorte, Sturmbannführer.«
    Langenfritz biegt sich vor Lachen, dreht sich zu seiner Freundin Christine um und sagt: »Mach ihm die Passierscheine fertig … drei … Mensch, bin ich gut gelaunt!« Dann wird er ernst und sachlich: »Wie ist die Lage?«
    »Beschissen wäre geprahlt.«
    »Das weiß ich selbst … Ich meine, wann kommt der Feind?«
    »Wenn unsere Wunderwaffen nicht sofort eingreifen … bald«, erwidert der Funkoffizier.
    »Lassen wir sie mal beiseite, die Wunderwaffen«, übergeht der Sturmbannführer den fetten Spott.
    »Wie ich es sehe«, versetzt Christian Straff, jedes Wort wägend, »nicht vor drei, vier Tagen … Das ist nur blinde Panik an Land … Die Tommies riskieren doch nichts mehr, also lassen sie sich Zeit …« Er lächelt kühl. »Sind doch keine solche Mustersoldaten wie wir.«
    »Hau'n Sie bloß ab«, versetzt Langenfritz. Seine gute Laune schlägt um. In dieser Nacht wollte er unauffällig von Bord verschwinden. Straffs Meldung läßt es ihm zu leichtfertig erscheinen – und gerade wurde der Gauleiter der Bayerischen Ostmark von einer SS-Einheit erschossen, weil er zu flinkfüßig war- und Sturmbannführer Langenfritz möchte leben, Ferdinand Bauer heißen und sein Schäfchen ins Trockene bringen.
    Schließlich geht das Leben auch nach einem politischen Irrtum weiter …
    Zum erstenmal ist der Häftling Melber ungeduldig. Zum erstenmal, seitdem ihn die anderen Männer der heimlichen Lagerleitung kennen, wirken Gerüchte auch auf ihn ein. Wann kommen die Engländer? In drei Tagen oder in einer Woche? Rechtzeitig oder zu spät?
    Das Komitee hat zielstrebig weitergearbeitet. Die Stoßtrupps wurden inzwischen nach Nationalität geordnet, um das Mißtrauen der Zaudernden zu beseitigen. Landsleute glauben einander mehr, sagt sich Melber. Er steht vor einem Dilemma: Läßt er die Aufstandsparolen zu laut durchdringen, meldet ihn ein grüner Spitzel,

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