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Fünf vor Zwölf - Und kein Erbarmen

Fünf vor Zwölf - Und kein Erbarmen

Titel: Fünf vor Zwölf - Und kein Erbarmen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Berthold
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geeignete Mann …«
    Der Funkoffizier nickt.
    »Die Briten sind mißtrauisch, der Intelligence Service würde unseren Boten unter die Lupe nehmen …«
    »Klar«, antwortet Straff.
    Das tierische Gebrüll, das in diesem Moment vom Gang her kommt, läßt die Häftlinge auseinanderfahren. SS-Hauptsturmführer Krappmann verließ betrunken und verärgert die Party und hat sich auf dem Gang einen Häftling gegriffen, der eine Zigarette rauchte. Er schlägt mit Fäusten und Stiefeln auf den Mann ein, der zu Boden geht, und schreit den Marinesoldaten daneben an: »Ich will Ihnen zeigen, wie man mit diesen Kerlen umgeht!« Krappmann wuchtet weiter, wankt in das nächste Deck, zielt mit der Pistole wahllos, knallt hinein, schießt das ganze Magazin leer.
    Der Häftling Melber winkt dem Funkoffizier mit den Augen. Die Mitglieder des Komitees gehen stumm und geübt auf Tauchstation, längst vor Straff, in dessen Ohren das Gebrüll des Zertretenen weiterwühlt und der erst jetzt mit klammen Beinen den Raum verläßt, leicht gebückt, als trüge auch er an der Last des Verbrechens.
    Eine halbe Stunde später ist es wieder still an Bord. Die Wellen schlagen leicht gegen den stählernen Schiffsrumpf. Irgendwo am Ufer, weit entfernt, schießt eine einsame Flak. Der Lärm der Flugzeuge verstummt, der Pulk hat abgedreht, Richtung Lübeck. Der Krieg schläft, ein paar Stunden bloß, und sein Erwachen wird furchtbar.
    Das Bordfest des SS-Sturmbannführers Langenfritz geht seinem Ende zu. Ab und zu kommt Männerlachen und Mädchengekicher aus den Erste-Klasse-Kabinen. Von SS-Hauptsturmführer Krappmann ist nichts mehr zu hören; entweder kehrte er zu den anderen zurück oder schläft irgendwo seinen Rausch aus.
    Christian Straff wartet in Juttas Kabine, Stunde um Stunde. Sie assistierte Dr. Corbach, der fast die ganze Nacht operierte. Er arbeitete ruhig und bedächtig, ohne seinen Abscheu zu zeigen. Seit dem Zwischenfall mit dem betrunkenen Krappmann ist das Grauen an Bord. Und wer bisher nicht sehen wollte, was überdeutlich war, mußte es hören. Die alten Marinesoldaten, die die Bewacher stellen, gehen so leise, als wagten sie nicht richtig aufzutreten.
    Endlich kommt Jutta. Sie ist müde, erschöpft.
    »Hör zu, Liebes«, sagt Christian.
    Sie betrachtet ihn, als sähe sie ihn nicht. Seit diese Häftlinge an Bord sind, denkt der Funkoffizier, ist sie verändert, verstört.
    »Es ist alles geregelt …«, sagt er, »ich bringe dich morgen an Land …«
    Jutta nickt. Christian betrachtet ihr müdes Gesicht. Sie sieht rührend aus, wie ein Kind, dem zu viel zugemutet wird. Höchste Zeit, daß sie von Bord kommt. Er tritt an sie heran, legt den Arm um ihre Schultern. »Hörst du überhaupt zu?« fragt er.
    »Natürlich, Christian … Weißt du, das alles …«
    »Gleich am Morgen fahren wir los … Ich bringe dich zu Bekannten, da bist du sicher … Weißt du, zu Marion, der Frau, auf die du immer eifersüchtig warst, du Dummkopf …«
    Jutta versucht zu lächeln. Es fällt ihr schwer. Christian sieht es. Er will gehen, um ihr ein paar Stunden Schlaf zu gönnen.
    »Bleib«, sagt sie, »bitte bleib … ich hab' so Angst …«
    »Hast du was?«
    »Nein … Ja, weißt du, es ist zu viel …«
    »Hat es mit … uns zu tun?« fragt der Funkoffizier ergeben.
    »Nein, bestimmt nicht, Christian«, erwidert sie.
    Christian legt sie behutsam auf das Bett, deckt sie zu, kauert neben ihr im Sessel, raucht. Endlich schläft Jutta ein, aber sie wälzt sich unruhig hin und her. Christian wartet, zählt die Minuten einzeln bis zum nächsten Morgen, dem vielleicht letzten Tag dieses blutigen Spuks, betrachtet immer wieder Jutta und wehrt sich gegen die verzweifelte Vorstellung, daß er von ihr Abschied für immer nehmen müßte.
    Am Morgen weckt er sie vorsichtig. Während sich Jutta anzieht, besorgt er die Passierscheine. Ein mürrischer Unterscharführer, der als einziger an dem Fest nicht teilnehmen konnte, bedauert zunächst.
    »Der Sturmbannführer ist noch blau wie eine Haubitze«, sagt er, »den kann ich jetzt nicht wecken.«
    Zwei Stunden Wartezeit. Die Sonne steigt und steigt. Klarer Himmel. Schußlicht für Jabos, jedes Ziel klar ausgeleuchtet. Und Tausende von Menschen an Bord fragen sich: Wo stecken sie, die Engländer? Wann kommen sie endlich?
    Am späten Vormittag schippert die ›Thielbeck‹ neue Häftlinge zur ›Cap Arcona‹. Die Favoritin des Sturmbannführers stellt endlich die Passierscheine aus. Aber Langenfritz, der

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