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Fünf vor Zwölf - Und kein Erbarmen

Fünf vor Zwölf - Und kein Erbarmen

Titel: Fünf vor Zwölf - Und kein Erbarmen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Will Berthold
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Viele knallen mit den Köpfen gegen den Schlingerkiel.
    Melber, der Regisseur des Selbstschutzes, sieht seine Kameraden im Wasser treiben, Kopf an Kopf, gurgelnde, brüllende, keuchende Gestalten, dem Feuertod entronnen, um im Wasser zu sterben.
    Die Wellen treiben sie aufeinander und wieder auseinander. Sie kämpfen sinnlos um Balken und Planken. Sie zerren sich an den Haaren unter Wasser, werden zuletzt noch zu Mördern für ein Stück Holz, und sie kämpfen weiter, sehen sehnsüchtig zum Land hinüber, zum Frieden, zur Freiheit.
    Fast alle Rettungsboote sind zerschossen. Was noch heil ist, haben die SS-Leute für sich beschlagnahmt. Die Engländer merken noch immer nicht, daß sie ein wehrloses Häftlingsschiff angriffen. In Neustadt sind schon die Tommys; sicher würden sie helfen, wenn sie wüßten, was auf der ›Cap Arcona‹ vor sich geht.
    Sicher, überlegt Melber. Aber vermutlich kommt dann jede Hilfe zu spät. Jahrelang hat er theoretisch geübt, was er und sein Stoßtrupp in den ersten Minuten der Freiheit unternehmen würden. Sie ist da. Die Totenkopfleute denken nicht mehr an Mord, sie haben nur noch ihre Rettung im Kopf, und sie töten höchstens noch Narren, die ihnen dabei den Weg versperren.
    Auf diesem Teil des Schiffes hat Melber bereits die Macht, stehen seine Männer an den Luken mit Waffen, die ihnen die Toten überließen, und einigen Pistolen, die Straff vorsorglich organisierte. Sie haben Befehl, jeden niederzuschießen, der hier nichts zu suchen hat und gewaltsam eindringen will. Jeden Häftling und jeden Totenkopfmann.
    Es ist eine bittere Macht, über die Melber verfügt, ein Sieg ohne Triumph.
    Der Kommunist sieht Fährbach, der einen Verletzten anschleppt. Er faucht ihn an: »Das können doch andere tun … Ich brauche dich jetzt.«
    »Für was?« erwidert der Häftling Nr. 8.773 sarkastisch.
    »Wie lange wird es dauern, bis dieses verdammte Schiff untergeht?« fragt Melber.
    Fährbach zuckt die Achseln. »Was weiß ich. Sechs Stunden … acht Stunden oder drei Wochen … Es hängt davon ab, ob wir das Feuer lokalisieren können … wieviel Wasser durch die Lecks eindringt und ob die Schotten noch funktionieren.«
    »Also ein paar Stunden vermutlich?«
    »Wahrscheinlich«, verbessert Fährbach.
    »Gut«, entgegnet Melber mit raschem Entschluß. »Hör zu … Straff hat ein paar Schwimmwesten organisiert … Du springst ab und schlägst dich durch.« Er faßt ihn an den Schultern. »Hörst du, du mußt durchkommen bis zu den Engländern …« Er sieht inbrünstig in Richtung Land und setzt mit schwerem Atem hinzu: »Wir brauchen ihre Hilfe.«
    »Ich soll …?« fragt der frühere Kaleu und überlegt. Er sieht Melber, dessen Gesicht ausdruckslos bleibt. Er sieht die Entfernung zum Land; sie macht trotz Schwimmweste den Versuch zu einem tödlichen Wagnis. Er sieht Marion, sie lockt. Er sieht die anderen, die Freunde und Kameraden von der illegalen Lagerleitung, die zurückbleiben, und er kommt sich vor wie ein Deserteur auf Befehl …
    »Nein«, stößt Fährbach hart hervor. »Ihr wollt mich bevorzugen«, seine Stimme klingt fiebrig, »aber ich will kein Sonderschicksal haben.«
    »Quatsch«, unterbricht ihn Melber lapidar. »Erstens hast du eine Marineuniform an … dann sprichst du englisch, hast die Häftlingsnummer eintätowiert und bist kein Wrack … oder hast du die Hosen voll?«
    Georg Fährbach ergreift das Tau wie eine Hoffnung, als man ihn zu Wasser läßt. Seine Schwimmweste füllt sich mit Luft. Er liegt auf dem Rücken und holt mit den Armen aus, berechnet die Strömung, hofft, kämpft, verzweifelt und versucht es wieder.
    Er treibt an Ertrunkenen vorbei und an Menschen, die noch nicht glauben können, daß sie ertrinken werden. Er schont seine Arme und stemmt sich mit den Beinen gegen die Wellen. Er schluckt Wasser und hustet. Er kommt mit dem Kopf unter Wasser und bringt ihn wieder hoch.
    Er sieht Marion, Jürgen und Christian. Er schaut verzweifelt zum Land hin und verdoppelt seine Kraft.
    Er sieht die Flammen, die aus der ›Cap Arcona‹ schlagen, und unterscheidet drei Feuerherde: mittschiffs, am Heck und am Bug.
    Rechts von ihm sinkt die brennende ›Thillbeck‹ rasch über das Heck ab. Während Hunderte von Schiffbrüchigen in wilder Panik aus dem Sog des sinkenden Wracks rudern, schießt sich der Kapitän dieses Schiffs eine Kugel durch den Kopf.
    Die englischen Flugzeuge sind nicht mehr zu sehen; aber das Geräusch dieser gräßlichen Motoren zeigt an,

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