Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Fünf Wochen im Ballon

Fünf Wochen im Ballon

Titel: Fünf Wochen im Ballon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
Vom Netzwerk:
auflösen und der Wind sich entfesselt!«
    Und er trieb die Flamme des Knallgasgebläses kräftiglich in die Spiralen des Schlangenrohrs.
    Die Stürme der Tropen entwickeln sich mit einer Geschwindigkeit, die sich nur mit ihrer Heftigkeit vergleichen läßt. Ein zweiter Blitzstrahl zerriß die Wolke, und zwanzig andere folgten ihm unmittelbar. Der Himmel wurde von elektrischen Funken, die unter den dicken Regentropfen knisterten, buntfarbig übersäet.
    »Wir haben uns verspätet, und unser, mit entzündbarer Luft gefüllter Ballon muß jetzt eine Feuerzone durchschneiden.
    – Zur Erde, zur Erde! begann Kennedy immer wieder.
    – Die Gefahr, vom Blitz getroffen zu werden, würde immer dieselbe sein, und das Luftschiff alsbald an den Zweigen der Bäume zerreißen!
    – Wir steigen, Herr Samuel!
    – Schneller! Noch schneller!«
    Es ist nicht selten, daß in diesem Theile von Afrika während der Aequatorialstürme zwanzig bis dreißig Blitze auf die Minute gezählt werden. Der Himmel steht buchstäblich in Feuer, und die Donnerschläge dauern ununterbrochen fort.
    Der Wind entfesselte sich in dieser entzündeten Atmosphäre mit einer wahrhaft erschreckenden Gewalt; er wirbelte die weißglühenden Wolken wild durcheinander wie ein ungeheurer Ventilator, der diesen ganzen Brand in immer neue Bewegung bringt.
    Der Doctor Fergusson erhielt sein Knallgasgebläse in voller Hitze; der Ballon dehnte sich aus und stieg. Kennedy hielt inmitten der Gondel auf seinen Knieen die Vorhänge des Zeltes zurück. Das Luftschiff drehte sich im Kreise, und die Reisenden, welche sich des Schwindels nicht erwehren konnten, vermochten sich nur mit Mühe in der Gondel festzuhalten. Es bildeten sich große Vertiefungen in der Hülle des Ballons; der Wind setzte sich hinein und der Seidenstoff erdröhnte unter seinem Druck. Eine Art Hagel, dem ein lärmendes Geräusch voranging, durchfurchte die Atmosphäre und rasselte auf den Victoria nieder. Dieser setzte indessen sein Emporsteigen fort; die Blitze zogen feurige Flammen-Tangenten an seinen Kreis. Er stand in einem Feuermeer.
    »Im Schutze Gottes, sagte Doctor Fergusson, wir stehen in seiner Hand; er allein kann uns retten. Bereiten wir uns auf jegliches Ereigniß vor, selbst auf einen Brand. Unser Fall kann nur langsam von Statten gehen.«
    Die Stimme des Doctors gelangte kaum zu dem Ohr seiner Gefährten, aber sie konnten inmitten der zuckenden Blitze sein ruhiges Gesicht sehen. Er beobachtete die Lichtentwickelungen, welche durch das über dem Netz des Luftschiffes schwebende St. Elmsfeuer hervorgebracht wurden.
    Der Ballon drehte sich in stetem Wirbel, aber er stieg fortwährend. Nach einer Viertelstunde war er über die Zone der Wetterwolken hinaus; die elektrischen Ausströmungen entwickelten sich unter ihm, wie der ungeheure Pechkranz eines Feuerwerks.
    Es war dies eins der schönsten Schauspiele, welche die Natur dem Menschen bieten kann. Tief unten das Gewitter, oben der stumme, ruhige unveränderliche Sternenhimmel mit dem Monde, der seine friedlichen Strahlen auf die wildstürmenden Wolken warf.
    Doctor Fergusson sah nach dem Barometer, dieses wies zwölftausend Fuß Höhe nach. Es war jetzt elf Uhr Abends.
    »Dank dem Himmel, jede Gefahr ist vorüber, sagte er; wir brauchen uns nur in dieser Höhe zu halten.
    – Es war schrecklich! rief Kennedy aus.
    – Dergleichen Erlebnisse haben auch ihre Reize, versetzte Joe; sie bringen eine kleine Abwechslung in das Einerlei der Reise, und ich bedauere durchaus nicht, auf diese Art ein Gewitter von oben herab mit angesehen zu haben. Es ist ein herrliches Schauspiel!«
Siebenzehntes Capitel.
Die Mondberge. – Ein grüner Ocean. – Der Anker wird ausgeworfen. – Der Elephant als Bugsirschiff. – Ein wohl unterhaltenes Feuer. – Tod des Dickhäuters. – Der Bratofen auf freiem Felde. – Mahlzeit im Grünen. – Eine Nacht auf festem Boden.
    Gegen sechs Uhr früh erhob sich am Montag die Sonne über den Horizont; die Wolken zerstreuten sich und ein angenehmer Wind wehte frisch durch den jungen Morgen. Die Erde erschien den Reisenden ganz durchduftet.
    Der Ballon hatte sich inmitten der entgegengesetzten Strömungen ziemlich auf derselben Stelle gedreht und war kaum aus seiner Bahn gewichen; der Doctor ließ das Gas sich zusammenziehen und stieg herab, um eine mehr nördliche Richtung einzuschlagen. Lange waren seine Nachforschungen vergebens; der Wind zog ihn nach Westen, bis er die berühmten Mondberge vor Augen hatte, welche in einem

Weitere Kostenlose Bücher