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Fünf Wochen im Ballon

Fünf Wochen im Ballon

Titel: Fünf Wochen im Ballon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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einem Schiffe.
    Plötzlich erfuhr der Ballon eine starke Erschütterung. Der Anker hatte sich ohne Zweifel in eine unter dem riesenhaften Grase verborgene Felsspalte gesenkt.
    »Wir sitzen fest, rief Joe.
    – Nun, so wirf die Leiter aus«, befahl der Jäger.
    Er hatte diese Worte noch nicht vollendet, als ein durchdringender Schrei die Luft durchtönte.
    »Was ist das? rief Kennedy.
    – Ein seltsamer Schrei!
    – Halt! wir gehen weiter!
    – Der Anker muß sich losgerissen haben!
    – Nein doch, er hält noch immer! versicherte Joe, der an dem Stricke zog.
    – Der Felsen geht weiter!«
    Eine sonderbare Bewegung ging durch das hohe Gras; ein gewundenes, ungeheures, graufarbiges Gebilde erhob sich aus den grünen Wogen.
    »Eine Schlange! rief Joe, und Kennedy griff nach seinem Carabiner.
    – Nein, sagte der Doctor, es ist ein Elephantenrüssel.
    – Ein Elephant, Samuel! … mit diesen Worten legte der Jäger sein Gewehr an.
    – Warte, Dick, warte; ohne Zweifel nimmt uns das Thier in’s Schlepptau.«
    Der Elephant lief mit ziemlicher Schnelligkeit vorwärts. Er kam bald an eine Lichtung, auf der man ihn ganz sehen konnte. An seiner riesenhaften Gestalt erkannte der Doctor einen männlichen Elephanten von ausgezeichneter Gattung. Das Thier hatte zwei herrlich gebogene Hauer, welche etwa acht Fuß lang sein mochten. Die Ankerschaufeln hatten sich fest zwischen ihnen verfangen.
    Das Thier suchte vergebens, sich mit seinem Rüssel von dem Stricke, der es mit der Gondel verband, loszumachen.
    »Vorwärts! munter! schrie Joe im höchsten Jubel, indem er nach besten Kräften das sonderbare Kutschpferd anspornte. Das ist wieder eine neue Art zu reisen; wer fragt noch nach einem Pferd? Wir reisen mit einem Elephanten.
    – Aber wo bringt er uns hin? fragte Kennedy, indem er seine Büchse, die ihm in den Händen brannte, hin und her schwang.
    – Er bringt uns dahin, wo wir hin wollen, mein lieber Dick; nur ein wenig Geduld!
    –
Wig a more, Wig a more
, wie die schottischen Bauern sagen, schrie der fröhliche Joe. Vorwärts, vorwärts!«
     

    Der Victoria im Schlepptau eines Elephanten. (S. 122.)
     
    Das Thier setzte sich in schnellen Galop; es warf seinen Rüssel nach rechts und links, und brachte in seinen Sprüngen der Gondel heftige Stöße bei. Der Doctor stand mit der Axt bereit, den Strick im Nothfall zu durchhauen.
    »Aber, sagte er, erst im letzten Augenblick werden wir uns von unserm Anker trennen.«
    Diese Fahrt mit dem Elephanten als Bugsirschiff dauerte ungefähr anderthalb Stunden. Das Thier schien durchaus nicht ermüdet; diese ungeheuern Dickhäuter können beträchtliche Strecken weit traben, und von einem Tage zum andern findet man sie an weit von einander entlegenen Orten, wie die Wallfische, denen sie an Umfang und Schnelligkeit ähnlich sind.
    »Wir haben in der That einen Wallfisch harpuniert, sagte Joe; und wir ahmen nun das Manoeuver der Wallfischfänger nach.«
    Aber eine Veränderung in der Beschaffenheit des Terrains nöthigte den Doctor, sein Fortbewegungsmittel zu modificiren.
    Ein dichter Wald von Camaldoren zeigte sich im Norden der Prairie in einer Entfernung von etwa drei Meilen; es wurde somit eine Abtrennung des Ballons von seinem Führer nothwendig.
    Kennedy erhielt also den Auftrag, den Elephanten zu erschießen.
    Er legte an, aber seine Stellung war nicht günstig, um das Thier mit Erfolg zu treffen. Eine erste Kugel, die er auf den Schädel abschoß, wurde wie auf einer Eisenplatte breit gedrückt. Das Thier schien davon nicht im Geringsten beunruhigt; beim Knall des Schusses wurde sein Schritt schneller. Seine Geschwindigkeit war die eines im Galop dahinsausenden Pferdes.
    »Schändlich! rief Kennedy.
    – Was hat das Thier für einen harten Kopf! meinte Joe.
    – Wir wollen versuchen, ihm einige Spitzkugeln in die Weichen zu schicken«, versetzte Kennedy, indem er sorgfältig seinen Carabiner lud, und er gab Feuer.
    Der Elephant stieß einen furchtbaren Schrei aus und schritt noch schneller vorwärts.
    »Seht doch, rief Joe, sich mit einer der Flinten bewaffnend, ich muß Ihnen helfen, Herr Dick, oder das nimmt kein Ende.«
    Und zwei Kugeln hafteten in der Seite des Thieres.
    Der Elephant blieb stehen, richtete seinen Rüssel empor und nahm in aller Schnelligkeit seinen Lauf nach dem Walde wieder auf; er schüttelte seinen ungeheuren Kopf, und das Blut begann in Strömen aus seinen Wunden zu fließen.
    »Setzen wir unser Feuer fort, Herr Dick.
    – Und ein wohl unterhaltenes

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