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Fünf Wochen im Ballon

Fünf Wochen im Ballon

Titel: Fünf Wochen im Ballon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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Auge, nicht einen einzigen Winkel dieses geheimnißvollen Landes entgehen.
    Unter ihm ein im Allgemeinen reizloses Land, kaum einige cultivirte Landstriche; das Terrain, mit Bergkegeln mittlerer Höhe besäet, plattete sich in der Nähe des Sees ab; Gerstenfelder traten an die Stelle der Reisfelder; dort wuchs der Wegerich (
Plantago
), aus dem der Wein des Landes gewonnen wird, und der »Mwani«, eine wilde Pflanze, die als Kaffee dient. Die Vereinigung von etwa fünfzig kreisförmigen Hütten, mit blumigem Strohdach bedeckt, machten die Hauptstadt von Karagwah aus.
    Man konnte aus der Höhe ohne Anstrengung die erstaunten Gesichter einer ziemlich schönen Race mit gelblich braunem Teint gewahren. Weiber von unglaublicher Corpulenz schleppten sich in den Pflanzungen mit Mühe von der Stelle; und der Doctor setzte seine Gefährten sehr in Erstaunen durch die Mittheilung, daß solche, sehr geschätzte Wohlbeleibtheit durch den streng geregelten Genuß dicker Milch erlangt werde.
    Um zwölf Uhr befand sich der Victoria unter 1°45’ südl. Br.; um ein Uhr trieb ihn der Wind über den See.
    Kapitän Speke hat demselben den Namen Nyanza 1 -Victoria gegeben. An dieser Stelle mochte er neunzig Meilen in der Breite messen; an seinem südlichen Ende fand der Kapitän eine Inselgruppe, welche er den Bengalischen Archipelagus nannte. Er setzte seine Recognoscirung bis nach Muanza an der Ostküste fort, wo er von dem Sultan gut aufgenommen wurde. Er nahm die trigonometrische Vermessung dieses Theiles des Sees vor, konnte sich aber keine Barke verschaffen, um ihn zu überfahren oder die große Insel Ukerewe zu besuchen. Dies sehr volkreiche Eiland wird von drei Sultanen regiert und bildet zur Zeit der Ebbe nur eine Halbinsel.
    Der Victoria näherte sich dem See mehr im Norden zum großen Verdruß des Doctors, welcher gern die südlichen Umrisse hatte bestimmen wollen. Die mit dornigem Gebüsch und verwickeltem Gesträuch dicht bewachsenen Ufer verschwanden buchstäblich unter Myriaden hellbräunlicher Moskitos. Dies Land sollte unbewohnbar und unbewohnt sein; man sah Schaaren von Nilpferden sich im Röhricht wälzen oder unter das weißliche Wasser des Sees tauchen.
     

    Die letzten Katarakten des Nils. (S. 132.)
     
    Von oben herab gesehen, bot dieser im Westen einen so weiten Gesichtskreis, daß man ihn fast ein Meer hätte nennen können; die Entfernung zwischen den beiden Ufern ist zu groß, als daß ein Verkehr sich herstellen ließe; übrigens sind dort die Stürme stark und häufig, denn die Winde wüthen furchtbar in diesem hohen und bloßliegenden Becken.
    Der Doctor hatte Mühe, den Ballon zu lenken; er fürchtete nach Osten getragen zu werden, aber glücklicher Weise führte ihn eine Strömung direct nach Norden, und um sechs Uhr Abends ließ sich der Victoria unter 0°30’ Br. und 32°52’ L., zwanzig Meilen weit von der Küste, auf einer kleinen verlassenen Insel nieder.
    Die Reisenden konnten an einen Baum anhaken, und da der Wind sich gegen Abend gelegt hatte, schwebten sie ruhig über ihrem Anker. Man konnte nicht daran denken, an’s Land zu steigen; hier bedeckten ebenso wie an den Ufern des Nyanza-Sees Legionen Moskitos den Boden mit einer dichten Wolke. Joe selbst kam mit Stichen bedeckt von dem Baume zurück, aber das ärgerte ihn weiter nicht, denn er fand dies von Seiten der Moskitos sehr natürlich.
    Der Doctor indessen, welcher weniger Optimist war, ließ so viel wie möglich von dem Stricke ab, um diesen unerbittlichen Insecten, die mit einem beunruhigenden Summen zu ihm aufstiegen, zu entgehen.
    Er bestimmte die Höhe des Sees über dem Meeresspiegel ebenso wie Kapitän Speke, auf dreitausendsiebenhundertundfünfzig Fuß.
    »Wir sind hier also auf einer Insel! sagte Joe, der sich kratzte, bis das Blut hervorkam.
    – Wir würden sie ohne Gefahr umgehen können, antwortete der Jäger, denn von diesen liebenswürdigen Insecten abgesehen, bemerkt man kein einziges lebendes Wesen.
    – Die Inseln, von denen der See durchwebt ist, bemerkte der Doctor Fergusson, sind eigentlich Gipfel versenkter Hügel; wir können uns glücklich schätzen, hier eine Zuflucht gefunden zu haben, denn die Ufer des Sees werden von wilden Stämmen bewohnt. Schlaft also, da der Himmel uns eine Nacht der Ruhe schickt.
    – Wirst Du Dich nicht auch niederlegen, Samuel?
    – Nein, ich könnte kein Auge zuthun. Meine Gedanken würden allen Schlaf verscheuchen. Morgen werden wir, wenn der Wind günstig ist, gerade auf Norden

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