Fünf Zaubersteine zu binden fünf verschiedne Welten
sie niemals religiös gewesen war, hatte sie erwogen, sich ihnen endlich anzuschli e ßen. Da jede andere Hoffnung dahin war, blieb als einziges die Kirche, woran man sich klammern konnte.
Dazu war sie losgezogen, fort aus dem einigermaßen beha g lichen Zimmer in einem sonst verlassenen Motel: um eine nahe Kirche zu finden.
Und trotzdem schien die Kirche jetzt nicht mehr so wichtig zu sein. Nur das Gehen, die Fortbewegung durch die Neben s traßen und Gassen dieser tiefliegenden und weitverstreuten Stadt, zu einem Ziel unterwegs, wie es schien, ohne zu wissen, wo es sein mochte. Ihre Beine schienen den Weg von selbst zu finden.
An Verkehr gab es nur noch einige Militärfahrzeuge, auf Straßen rollend, in deren Nähe man nur das Heulen einsamer, verlassener Tiere hörte und wo gelegentlich eine Ratte vorbe i huschte.
Sie bog um eine Ecke und wurde plötzlich von der vollen Kraft des starken Windes erfaßt; er stach in ihre Haut, und sie senkte den Kopf, um das Gesicht vor dem neuen Ansturm zu schützen.
Sie hätte gern gewußt, wohin sie ging und warum sie unte r wegs war.
Er war ein kräftiger, auffallend gutaussehender Mann, g e kleidet ganz ähnlich wie ein Holzfäller. Auch er hatte keine Ahnung, weshalb er da war. Er war auf dem Weg nach Neuse e land gewesen, en t sann er sich. Dort sollte man noch die besten Aussichten haben , wie es hieß. Er war reisefertig gew e sen, hatte ein Firmenflugzeug zugeteilt bekommen und war in Denver in seinen flotten Sportwagen gestiegen, um zum Flughafen h i nauszufahren.
Aber er war nicht zum Flugplatz gefahren, der nicht weit en t fernt lag. Er war, wie in einem Traum, weitergefahren, vor e i nem Tag wie ein Irrer mit Vollgas hierhergebraust.
Und nun wanderte er durch die kalten, vom Wind durchfe g ten Straßen, in denen Abfall und Müll und der Krempel einer Zivilisation herumlagen, um die sich keiner mehr kümmerte. Wanderte herum und wußte immer noch nicht, warum.
Der Wind rüttelte an ihm und peitschte ihm ins Gesicht. Er klappte den Kragen hoch und bedauerte, keine Woll-Skimaske mitgenommen zu haben. Man konnte nur noch schlecht sehen, wie beim Skifahren ohne Schutzbrille.
Er prallte mit der Frau zusammen, bevor er sie sah. Es war ein harter Anprall, und sie stürzten beide zu Boden. Es entfu h ren ihnen Worte, die sich, als die Fassung wiederkehrte, in wechselseitige Entschuld i gungen verwandelten.
Beide waren so rasch wieder auf den Beinen, daß keiner dem anderen Hilfe anbieten konnte.
»Also, das tut mir aber leid«, sagten sie beide gleichzeitig, verstummten und lachten über ihre Chorrede.
Die Frau hörte plötzlich auf zu lachen; ein sehr merkwürd i ger Ausdruck verdrängte den fröhlichen in ihrem Gesicht.
»Wissen Sie«, sagte sie verwundert, »das ist das erstemal seit dem Großen Unfall, daß ich ein Lachen höre.«
Er war ebenfalls plötzlich ernst geworden und nickte.
»Ich heiße Mac Walters«, sagte er.
»Jill McCulloch«, gab sie zurück.
Er schaute sich um.
»He, die kleine Bar da drüben scheint geöffnet zu sein. Am besten gehn wir rein und erholen uns erst mal«, schlug er vor und fügte hinzu: »Das heißt, wenn Sie nichts Wichtiges vorh a ben.«
Sie lachte trocken in sich hinein.
»Gibt es das heutzutage noch? Nach Ihnen.«
Sie überquerten rasch die Straße und gingen vorbei an den Schaufenstern von ein paar verlassenen Läden zu dem Lokal. »Der Leuchtturm« stand auf dem kleinen Schild.
Ein Schwall Wärme empfing sie, als sie eintraten und die Tür hinter sich schlossen. Elektrischer Strom wurde schon zu einer vereinzelt auftretenden Rarität; einen Ort wie diesen hier zu finden, wo alles fun k tionierte und ganz normal aussah, war so, als hätte man den goldenen Topf am Ende des Regenbogens entdeckt. Das konnte es gar nicht geben, nicht in di e sen Zeiten, aber es war da. Sie stellten es nicht in Frage, sondern suchten sich eine leere Nische und setzten sich erschöpft einander geg e nüber.
Der Barmann bemerkte sie.
»Was möchten Sie?« rief er.
»Doppelten Bourbon mit Wasser«, antwortete Walters und sah die Frau an, die eben ihren dicken, pelzgefütterten Mantel auszog. Sie sieht verdammt gut aus, dachte er.
»Scotch mit Wasser«, sagte sie zu ihm, und er gab die B e stellung weiter. Die Getränke wurden nach knapp zwei Minuten gebracht; inzwischen saßen sie einfach da und sahen einander mehr oder weniger an.
Sie war klein – nicht größer als einssechzig, vielleicht noch kleiner – wirkte aber
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