Fünf
gegenüberliegenden Seite entdeckte Beatrice ein Gerät in der Größe eines Laserdruckers. Dass es zum Einschweißen von Lebensmitteln diente, begriff sie erst, als sie die Vakuumbeutel sah, die danebenlagen. In einer Ecke, halbverdeckt von blutigen Mullbinden, stand ein Paar roter Damenschuhe.
Im Morgengrauen traf Drasche ein. Er arbeitete wortlos, und sie ließen ihn in Ruhe. Er sie ebenso, er wusste, dass sie den Eindruck des Ortes in sich aufnehmen mussten, an dem Liebscher, Beil und Estermann getötet worden waren. Auf der kleinen Edelstahlflasche, die Drasche eben in seinen Spurensicherungsbeutel beförderte, befand sich ein Aufkleber mit den Buchstaben HF . Flusssäure.
Kerben durchfurchten den Holztisch, überlagert von rot-bräunlichen Flecken. Wenn Beatrice sich schräg davorstellte, war die Perspektive genau die, die sie von den MMS -Bildern kannte, nur ohne die Hand mit den abgetrennten Fingern.
Die Schlinge an der Decke rief ihr die Drosselfurchen an Christoph Beils Hals in Erinnerung.
Hier also.
Drasche hatte den Tabaksdosen-Cache gesichert, aber die Unterschriften aus dem Logbuch waren ohnehin fest in Beatrices Gedächtnis verankert: Wishfulthinker 28 . Siegertyp. GarfieldsLasagne. Descartes HL . AxtimWald. Fünf.
Das Gefühl, auf eine entscheidende Lücke in ihrer Gedankenkette gestoßen zu sein, das ihr beim ersten Lesen des Eintrags kalt die Wirbelsäule hochgekrochen war, war nicht mehr so intensiv wie zu Beginn, doch es war noch da. Lauerte abrufbereit und schlecht bewacht in einem Hinterzimmer des Gedankengebäudes, das sie rund um den Fall errichtet hatte.
Die behandelnden Ärzte waren optimistisch. Sie hatten Sigarts Wunden versorgt, und er sprach gut auf die Antibiotika an, die er erhielt. Allerdings beschrieben sie seinen psychischen Zustand als bedenklich, er war teils geistig abwesend, teils depressiv verstimmt bis hin zur völligen Apathie. «Sie müssen noch ein wenig Geduld haben», erklärte der Oberarzt.
Also vertiefte Beatrice sich ein weiteres Mal in die Online-Recherche. Stefan hatte ihr vor einiger Zeit erklärt, dass sich ein auf geocaching.com erstelltes Profil nicht mehr löschen ließ: Einmal registriert, immer registriert. Die Pseudonyme aus dem Cachelog waren tatsächlich alle noch da.
Siegertyp
– diesen sympathischen Decknamen musste Estermann sich gegeben haben – vom Wortklang erinnerte er allerdings mehr an Sigart.
Nein, der ist ein Verlierer
.
Also doch Estermann mit seiner Quote über 2000 . 2144 , um genau zu sein, kein einziger Fehlschlag. Dagegen wirkte Christoph Beil mit 423 Treffern geradezu bescheiden.
GarfieldsLasagne
– hatte Dalamasso genügend Humor besessen, um sich nach einem dicken Comickater und seiner Lieblingsspeise zu benennen? In ihrem Profil schienen nur vierundzwanzig Caches auf; den Logeinträgen zufolge hatte sie alle gemeinsam mit AxtimWald gehoben.
Sie waren ein Paar, dachte Beatrice. Christoph und Melanie, sie müssen sich im Mozarteum begegnet sein, nach einer seiner Chorproben vielleicht.
Ein Mann, der ihr Vater hätte sein können, wie Carolin Dalamasso ausgesagt hatte. Und verheiratet, kein Wunder, dass Melanie ihn ihrer Familie nicht vorstellen wollte. Oder konnte.
Sie war die Letzte, die unbehelligt geblieben war. Schwer vorstellbar, dass der Owner es dabei belassen hätte, doch bisher hatte niemand versucht, ihr nahe zu kommen. Ihre Bewacher meldeten keine ungewöhnlichen Vorkommnisse.
«Blut von Liebscher, Beil, Sigart und Estermann. In geringen Mengen auch von Papenberg. Die Säge wurde zur Zerstückelung von Liebschers Leiche verwendet, am Griff finden sich Nora Papenbergs Fingerabdrücke. Es wurde eine Vakuummaschine sichergestellt. Die Beutel stimmen mit denen überein, die wir in den Caches gefunden haben.» Drasche stand im Besprechungszimmer und stützte sich auf der Lehne seines Stuhls ab, als könne er das Gewicht seines Körpers allein nicht tragen. «Damit ist so gut wie erwiesen, dass dieser Keller der Tatort war. Punkt. Alles andere reimen Sie sich bitte selbst zusammen, es liegt nämlich auf der Hand.»
«Und Sie sagen, der Owner hat Sigart in dem Haus gefangen gehalten, in dem seine Familie verbrannt ist?» Hoffmanns Frage richtete sich an Florin.
«Im Keller des Hauses. Ja, sieht so aus.»
«Eine besonders perfide Form von Sadismus?» Das wiederum ging an Kossars Adresse.
«In diese Richtung würde ich es interpretieren.» Er war vorsichtiger geworden, seit er mit seiner
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