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Fünf

Fünf

Titel: Fünf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ursula Poznanski
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stirnrunzelnd, nachdem er aufgelegt hatte. «Wie ist deine Handyverbindung?»
    «Auch nicht besser. Hier sind die Sendemasten nicht sehr dicht gesetzt.»
    Das Gleiche galt für Häuser und Höfe. Den letzten hatten Beatrice und Florin vor etwa zwanzig Minuten passiert, seitdem waren sie an keiner weiteren menschlichen Behausung vorbeigekommen. Immerhin war der Weg in gutem Zustand, wenn auch nicht mehr asphaltiert wie zu Beginn ihres Aufstiegs.
    Nicht viel später standen sie erneut vor einer Weggabelung und suchten, und für Sekunden fühlte Beatrice sich, als sei sie tief unter Wasser, zu tief, um je wieder an die Oberfläche zu gelangen. Sie leuchteten in den Wald, doch das Licht ihrer Lampen durchdrang nur die ersten Baumreihen, dahinter verlor sich die Welt in Finsternis. Über ihnen Rauschen und das leichte Schwanken der Wipfel im Nachtwind. Beatrice fror unter ihrer Jacke, wo war der verdammte nächste Reflektor? Rechts, hoffte sie, dort ging der Weg fast eben weiter. Doch natürlich war links richtig, da, wo es steiler und abschüssiger aussah. Sie entdeckte die kleine strahlende Scheibe selbst, aufgespießt an einem dornigen Busch.
    Sie sprachen nur noch das Nötigste und kämpften sich weiter hinauf in die Einöde. Etwas rund um sie herum hatte sich im Lauf der letzten Minuten verändert: Der Wald hatte eine neue Form von Finsternis angenommen. Nicht mehr so dicht. Kahler, niedriger. Beatrice richtete ihre Lampe auf die Bäume. Fand Schwärze. Verkrüppelte, dunkle Stämme, dazwischen junge Fichten und ihr strahlend helles Grün. Dann wieder trostloses Schwarz.
    Es erinnerte sie an etwas. Eine schmerzliche Fleißaufgabe, dafür hatte sie es gehalten.
    Er verhöhnt seine Opfer. Er verhöhnt uns. Er wird uns Sigarts abgeschnittene Finger finden lassen und eine launige Nachricht darüber, wie merkwürdig doch das Leben sein kann
.
    Ohne es zu bemerken, lief sie jetzt schneller. Ihr Atem ging stoßweise, und ihr Herz pumpte heftig, aber sie blieb nicht stehen. Florin schloss zu ihr auf, sie spürte seinen fragenden Blick und schüttelte den Kopf. Erst ankommen. Erst Gewissheit.
    Den nächsten Reflektor hätten sie beinahe übersehen. Sie waren eben aus dem Wald hinausgetreten, da tauchte er unvermutet links am Wegrand auf, befestigt an einem flachen Stein.
    Darunter musste der Cache sein, war Beatrice überzeugt, doch sie irrte sich. Das Einzige, was sie fanden, als sie ihn hochhoben, waren ein Wurm und zwei Käfer, die panisch vor dem Lichtstrahl flohen. Ein lautes, schnappendes Geräusch, wie ein peitschender Ast gegen Holz, kündete davon, dass sie vermutlich noch mehr Getier aufgeschreckt hatten.
    «Wenn du mich fragst, dann geht es jetzt da hinunter.»
    «Hier? Aber hier ist nichts.» Das Gelände senkte sich vor ihnen, dicht bewachsen mit Büschen und hüfthohem Gestrüpp. «Dafür bräuchten wir eine Machete.»
    «Es muss auch ohne gehen.» Florin sah auf die Uhr und zog sein Handy aus der Hosentasche. «Hallo, Chris.» Er sprach mit gedämpfter Stimme. «Wir sind okay, gehen jetzt vom Weg ab und in die Wildnis. In einer Stunde … hallo? Hörst du mich? Also, in einer Stunde melde ich mich wieder.»
     
    Vorsichtig tastend setzte Florin einen Fuß ins Dickicht. «Komm, Bea. Hier geht es.» Er trat einige Ranken nieder und nahm ihre Hand. «Da muss einmal ein Weg gewesen sein.»
    Ein Schritt. Ein nächster. Ein dritter. Sie arbeiteten sich langsam, unendlich langsam einen verwachsenen Hang hinunter, bis Beatrice mit dem Fuß an einer Wurzel hängenblieb. Sie ließ die Taschenlampe fallen, suchte Halt, fand ihn und fühlte gleichzeitig, wie ein stechendes Brennen von ihrer rechten Handfläche bis zu ihrem Ellenbogen schoss.
    Stacheldraht, dachte sie im ersten Augenblick, doch es waren nur Brennnesseln. Florin zog sie hoch, und in diesem Moment sah sie es.
    Eine leuchtende Fünf. Sie deutete darauf, stumm, dann tastete sie am Boden nach ihrer Lampe. Die Zahl war an einem kleinen hölzernen Verschlag angebracht und schien zu pendeln.
    «Bleib hinter mir.» War es ein Luftzug gewesen, der die Fünf in Bewegung gesetzt hatte, oder jemand, der hier auf sie wartete? Florin zog seine Waffe, beide lauschten in die Nacht. Wind. Das Gluckern eines Baches. Ein Vogelruf, weiter entfernt als beim letzten Mal. Und das leichte Schaben, das die Bewegungen der pendelnden Fünf begleitete.
    Sie gingen darauf zu.
Langsam
, dachte Beatrice. Nur leider nicht lautlos. Trockene Äste und raschelnde Pflanzen verrieten jeden

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