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Für ein Ende der Ewigkeit (Lilith-Saga) (German Edition)

Für ein Ende der Ewigkeit (Lilith-Saga) (German Edition)

Titel: Für ein Ende der Ewigkeit (Lilith-Saga) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roxann Hill
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ich nach oben und spürte das feine Narbengeflecht. Man konnte es deutlich fühlen, wenn man wusste, dass es da war.
    „Nichts an dir ist abstoßend. Ganz im Gegenteil.“
    Wir gingen hinüber ins Kaminzimmer, wo Johannes ein paar aufgeschichtete Scheite anzündete, die in der offenen Feuerstelle bereit lagen. Die Flamme fraß sich mit knackenden und zischenden Lauten am Holz empor.
    Ich hatte mich auf unsere Couch gelümmelt und er stand vor dem Kamin. Er hatte sich halb abgewandt und sah ins Feuer. Er schien nach Worten zu suchen. Es fiel ihm sichtlich schwer, die passenden zu finden.
    Er holte tief Luft, sah mir geradewegs ins Gesicht und fragte: „Was willst du wissen?“
    „Alles, was ich von dir wissen muss, weiß ich bereits. Deine Vergangenheit spielt für mich keine Rolle. Aber ich merke, dass dich die Narben belasten und dass es dir wichtig ist, darüber zu sprechen.“ Mit der flachen Hand klopfte ich einladend auf die Ledercouch.
    Johannes setzte sich neben mich, lehnte sich aber nicht an.
    „Bei den Hohenbergs“, begann er, „ist es seit langem Tradition, dass in jeder Generation ein Familienmitglied in den Dienst der Kirche tritt. Der Bruder meines Vaters ist Abt in einem Benediktinerkloster, und jeder hielt es für sinnvoll, dass auch ich Priester werde – besonders meine Eltern. Es stand immer fest, dass mein älterer Halbbruder Clement einmal die Firma übernehmen würde. Klara, meine Schwester, will keinerlei Verantwortung tragen. Sie hat schon immer ihr eigenes Leben gelebt. Im Moment wohnt sie auf La Gomera und töpfert, wenn ihr der Sinn danach steht.“
    Hier unterbrach er. Er sah zum Fenster hinaus, als würde er dort die Vergangenheit suchen.
    „Auch ich war felsenfest davon überzeugt, dass eine Laufbahn als Mann der Kirche auf mich warten würde. Eigentlich hatte ich vor, direkt nach dem Abitur ins Priesterseminar einzutreten…. Mein Bruder Clement und dann auch mein Vater drängten mich regelrecht dazu. Doch mein Onkel riet mir, für zwei, drei Jahre ins Ausland zu gehen, um sicher zu sein, dass es tatsächlich mein eigener Wunsch war, Priester zu werden. Ich wollte aber nicht nur einen ausgedehnten Urlaub machen, sondern ich hatte vor, meine Auszeit dazu zu nutzen, anderen Menschen zu helfen. Also entschloss ich mich, mich als Entwicklungshelfer in den Sudan zu verpflichten.“
    Er lächelte bitter. „Ich stieg in Frankfurt in ein Flugzeug, vollgepackt mit romantischen Vorstellungen, Idealen und den besten Absichten.“
    Seine Stimme war immer leiser geworden. Er atmete tief ein und räusperte sich.
    „Die Realität traf mich wie ein Vorschlaghammer. Ich sah Kinder verhungern, Kranke, denen niemand wirklich helfen konnte und unbeschreibliches Elend. Aber ich war mir sicher, dass das meine Berufung sein würde, für andere Menschen da zu sein.“
    Johannes sah mich an und ich erkannte den tiefen Schmerz in seinen Augen.
    „Ich arbeitete in einer Gruppe von zwölf Personen. Wir waren in einem Dorf eingesetzt, in dem rund zweihundert Menschen lebten. Die Gegend galt als relativ friedlich.
    Wir stellten die medizinische Versorgung sicher, halfen beim Brunnenbau, klärten über Hygiene auf und unterrichteten die Kinder im Lesen und Schreiben. Wir machten wirklich große Fortschritte.“
    Johannes musste sich überwinden, weiter zu erzählen. Seine Stimme hatte jeden Klang verloren und seine  Augen wirkten matt. „Ja, wir machten wirklich große Fortschritte“, wiederholte er. „Bis …, bis zu dem Abend, an dem die Regierungstruppen kamen. Sie hatten das Dorf umstellt und belegten uns mit Granatwerfern. Dann rückten sie in das Dorf ein und gingen von Haus zu Haus.“
    Johannes blickte wieder zum Fenster hinaus. Er wirkte, als wäre er überhaupt nicht mehr im Kaminzimmer neben mir, sondern hunderte von Kilometern weit weg. „Ich unterrichtete gerade eine Gruppe von Kindern als die ersten Geschosse einschlugen. Ich wusste, dass es die Regierungstruppen auf größere Kinder abgesehen hatten. Die taugten als Soldaten. Deshalb versuchte ich, die Kinder in einem kellerähnlichen Erdloch, das wir als Vorratskammer nutzten, in Sicherheit zu bringen. Ich habe es wirklich versucht.“
    Er stockte und fuhr sich mit seiner gesunden Hand über das Gesicht. „Ich habe es nicht geschafft.“
     „Johannes, du musst nicht weitererzählen“, unterbrach ich ihn. „Das ist genug. Ich kann mir vorstellen, was passiert ist.“ Aber er schien mich nicht zu hören.
    „Sie griffen sich die

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