Für ein Ende der Ewigkeit (Lilith-Saga) (German Edition)
Gefieder streifte. Die Luft roch nach verbranntem Fleisch.
Panisch riss ich meine Augen auf, um mich schwer atmend auf dem Boden vor meinem Bett liegend wiederzufinden. Mein Arm, den der Vogel berührt hatte, schmerzte höllisch. Eine tiefe, schmale Wunde klaffte knapp unterhalb meiner Schulter.
8
Wieder einmal lockte mich der Duft von frischem Kaffee nach unten. Im Flur stand Gertis gepackte Reisetasche. Ich war überrascht.
Meine Oma lächelte mich an, folgte meinem Blick und machte ein schuldbewusstes Gesicht. „Tut mir leid, dass ich dir das nicht vorher angekündigt habe. Aber ich wollte dir den gestrigen Tag nicht vermiesen.“
Ich erinnerte mich an Omas Telefonat mit Tante Karin und wie sie sich über Onkel Peter unterhalten hatten. „Du musst zu Tante Bärbel, oder?“
Meine Oma presste ihre Lippen zusammen. „Es ist soweit. Sie bringt Peter morgen in ein Pflegeheim. Und das schafft sie keinesfalls allein. Karin und ich müssen ihr helfen, damit fertigzuwerden.“
Ich hatte am Frühstückstisch Platz genommen und Gerti goss mir eine große Tasse Kaffee ein. Sie setzte sich zu mir. Schweigend aßen wir unsere Croissants.
„Kann sie Onkel Peter wirklich nicht mehr zuhause versorgen?“, erkundigte ich mich schließlich.
Meine Oma schüttelte den Kopf. „Er ist völlig unberechenbar geworden. Er redet mit imaginären Personen und bildet sich ein, von ihnen Aufträge zu bekommen. Er telefoniert mit irgendwelchen Firmen, bestellt Sachen und geht vertragliche Verpflichtungen ein, die Bärbel wieder kündigen muss. Mittlerweile weiß er oft nicht mehr, wo er ist. Dann bekommt er Panik und …“, sie machte eine fahrige Handbewegung. „Bärbel ist mit der Situation gänzlich überfordert.“
„Wie lange wirst du weg sein?“
„Das kann ich dir nicht genau sagen. Ich rechne mit einigen Tagen, vielleicht einer Woche. Mal sehen.“ Ihr Gesicht war sorgenvoll.
„Mach dich wegen mir nicht auch noch verrückt. Ich bin schon groß.“
„Das ist nicht zu übersehen.“ Sie lächelte. „Wie war’s gestern auf der Kirchweih?“
Ich rührte in meinem Kaffee, länger als notwendig. „Wie immer. Laut, feucht und einfach phantastisch.“
„Asmodeo hat dich heimgefahren.“ Vermutlich hatte sie im Dunkeln in ihrem Zimmer gewartet, bis sie sicher sein konnte, dass ich gut heimgekommen war.
„Er war so freundlich.“
Meine Oma horchte auf. „Habt ihr euch gestritten?“
„Nein.“ Ich hob meinen Blick. „Zwischen uns ist alles klar.“
Meine Oma sah kurz auf die Küchenuhr.
„Wann musst du denn los?“, fragte ich.
„Ich habe mir ein Taxi bestellt. Es müsste gleich da sein.“
„Übrigens Gerti“, fragte ich sie, meine Stimme betont beiläufig. “Kennst du eigentlich eine Margarethe Schulz?“
Meine Oma antwortete mir nicht sofort, sondern nahm erst einen Schluck Kaffee. Sie wählte ihre nächsten Worte mit Bedacht. „Marga Schulz? Das war eine Klassenkameradin von mir.“
Ich fühlte, dass sie mir mehr sagen wollte und wartete.
Gerti lächelte etwas wehmütig. „Hat sie noch diese Hellseher-Bude auf dem Fest? Das war immer ihr größter Spaß.“
Ich bejahte und meine Oma merkte, dass mich etwas belastete. „Hat sie dir etwa die Zukunft vorhergesagt? Hat sie dir etwas prophezeit, was dich beunruhigt?“
„Marga konnte weder meine Zukunft, noch meine Vergangenheit erkennen. Sie sagte, sie sehe da nichts als Nebel.“
Gerti schluckte und versuchte zu lächeln. Ihre Mundwinkel zitterten. „Mach dir darüber überhaupt keine Gedanken, hörst du! Marga ist fürchterlich nett, aber…“, sie schüttelte den Kopf. „Du musst wissen, früher unternahmen wir – also Marga, Bärbel, Karin und ich - sehr viel miteinander. Marga legte uns öfter mal die Karten, dafür half ihr Karin in Mathematik und Physik. Wir waren sehr eng, auch noch, als wir fast erwachsen waren. Damals hat Marga Karin sehr geholfen... Danach - na ja, danach war alles irgendwie anders. Karin und Bärbel zogen weg und begannen, ihr eigenes Leben zu leben. Marga und ich blieben zurück. Wir sahen uns weiterhin regelmäßig, aber es war nicht das Gleiche.
Und dann hat es Marga einfach übertrieben. Seitdem habe ich sie nicht mehr besucht.“
„Was ist passiert?“
„Stell dir vor, sie wollte mich doch daran hindern, dass ich nach Mailand fahre und die Fotoreportage über die Modewoche mache, von der ich dir erzählt habe.“ Auf Gertis Gesicht erschienen rote Flecken. „Sie war damals völlig aus dem
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