Für ein Ende der Ewigkeit (Lilith-Saga) (German Edition)
hinderte mich daran, ihn zu fragen, was mit ihm los war. Stattdessen antwortete ich nur: „L’ile de Noirmoutier. Die Insel ist eine Schönheit.“
Der endlose Sandstrand breitete sich vor uns aus und fern im Hintergrund wartete die dunkle Silhouette des Festlandes. Kilometerweit war keine Menschenseele.
Wir bückten uns, zogen unsere Schuhe aus und krempelten unsere Hosenbeine hoch. Gemeinsam gingen wir zum Wasser hinunter und ließen die kleinen ruhigen Wellen über unsere Füße hinwegspülen. Arm in Arm schlenderten wir das Ufer entlang. Die Sonne schien uns von der linken Seite her auf unsere Gesichter und wir rochen die salzige See. Wir hatten keinerlei Bedürfnis zu reden. Die Stille war uns genug.
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Ich wollte nicht nachdenken. Ich wollte nicht darüber grübeln, wie viel Zeit uns zur Verfügung stand. Ich wollte nicht wissen, wann ich mich von Asmodeo trennen musste. Das einzige, was für mich zählte war, dass ich mit ihm zusammen sein konnte, an diesem Ort, der nur uns beiden gehörte.
Anfänglich fiel es mir nicht auf, dass die Strahlen der Sonne an Kraft verloren. Doch unaufhaltsam, ganz allmählich, wurden die Schatten länger. Der Wind, der über das Meer kam, gewann an Kühle, er wurde stärker. Das Licht um uns herum veränderte sich ins Rötliche, während es langsam starb.
Als die letzte Helligkeit im Meer verglühte, zog mich Asmodeo dicht an sich heran. „Es ist soweit. Wir können es nicht verhindern.“
Über dem Wasser hatte sich eine weiße milchige Wolke gebildet. Sie kam direkt auf uns zu. Ich hielt mich an Asmodeo fest und als der Nebel uns erreichte, fand er uns engumschlungen vor.
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Nur widerwillig öffnete ich die Augen. Ich brauchte eine Weile, bis ich meine Umgebung wahrnehmen konnte. Meine Füße waren voll feinem Sand und meine umgeschlagenen Hosen waren nass. Ich saß auf meinem Stuhl im Garten und Asmodeo war neben mir. Er schien sich große Sorgen zu machen. Erneut beschloss ich, abzuwarten, bis er von sich aus bereit war, darüber zu sprechen.
„Da wird sich aber jemand wundern, wenn er morgen früh am Strand meine Sneakers und deine Luxustreter findet“, sagte ich.
„Sie werden denken, dass die Schuhe einem Liebespaar gehört haben, das aus Verzweiflung ins Wasser gegangen ist.“
Ich erschrak zutiefst. Seine Miene zeigte mir, dass er seine Bemerkung nicht einfach nur dahergesagt hatte. Er hatte allem Anschein nach tatsächlich über eine solche Lösung nachgedacht.
„Wow, du verstehst es aber wirklich, einem armen Mädchen die romantischen Gefühle auszutreiben“, scherzte ich, doch es klang unecht.
„Was gibt es Romantischeres, als mit dem Geliebten in den Tod zu gehen?“
Meine Verzweiflung wuchs, gleichzeitig aber auch mein Zorn. „Was gibt es Dümmeres, als gemeinsam einen verdammten Suizid zu begehen und alles wegzuwerfen, was man hat?“
Asmodeo blickte mich an. Und dann stellte er die Frage, die ihn seit unserer Reise beschäftigt hatte.
„Wie hast du das geschafft?“
„Wie habe ich das geschafft?“, wiederholte ich. Ich wusste es nicht in Worte zu fassen, wie es mir gelungen war, mit ihm zu reisen . Ich hatte mehr aus einer Art Instinkt heraus gehandelt. Ähnlich wie am Vortag bei der Sache mit dem Französisch war es mir gelungen, eine Barriere in meinen Kopf zu durchbrechen. Und es war ein unglaublich befreiendes Gefühl gewesen.
Aber wie sollte ich das Asmodeo erklären?
„Es ist einfach passiert“, sagte ich schließlich.
„Aber für Menschen ist es ein Ding der Unmöglichkeit“, beharrte er mit einer Intensität, die selbst für ihn ungewöhnlich war.
Ich war ratlos und unternahm den Versuch einer Erklärung. „Nun, wie meinst du immer? Es ist eine Art von Magie und warum sollte ich die nicht auch beherrschen? Ich bin jetzt schließlich lange genug mit dir zusammen. Vielleicht hast du ein wenig auf mich abgefärbt . Oder vielleicht haben wir einen besonders guten Draht zueinander und sind irgendwie seelenverwandt .“
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„Seelenverwandt“, murmelte Asmodeo, während er in die Ferne stierte ohne etwas wahrzunehmen. Dann riss er sich von seinen Gedanken los und blickte mich an. Das Blau seiner Augen wurde tiefer. Ich wusste, dass ich ihn nicht mehr lange halten konnte.
„Ich werde nicht warten, bis dein Herr Hohenberg kommt und meine Stelle bei dir einnimmt.“
Ich streckte meine Finger nach seinem Arm aus, doch er zog ihn weg.
„Niemand wird je das für mich sein, was du für mich bist,
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