Für ein Ende der Ewigkeit (Lilith-Saga) (German Edition)
unfähig, etwas zu tun.
Ich befand mich wieder in Wacken, roch das Benzin, hörte die Stimme der Männer, die mich folterten, spürte die Schmerzen, die sie mir zufügten. Die Flammen leckten hungrig nach mir…
Ich wurde zur Seite gestoßen. Johannes sprang mit einem langen Satz durch das hell lodernde Feuer, rollte sich ab und verschwand im verqualmten Wohnzimmer. Ich hörte es wieder krachen, als er die Tür zum Zimmer meiner Großmutter eintrat. Dann war Stille.
Die Flammen peitschten vor mir hoch und verwehrten mir weiterhin jede Bewegung. Ich spürte salzige Tränen über meine Backen rinnen und mein Körper zitterte vor Angst.
Dann vernahm ich ein gedämpftes Husten. Wenig später schälte sich eine Gestalt aus dem Inneren. Es war Johannes. Er trug meine Oma wie einen Sack über seinen Schultern, stieg ohne Rücksicht durch die Flammen und ließ Gerti draußen im Vorgarten zu Boden gleiten.
Seine Hosenbeine hatten Feuer gefangen. Er schlug darauf, um es zu ersticken.
Ich war bei meiner Oma. Sie atmete nicht mehr. Ich hob ihren Kopf hoch, öffnete ihren Mund. Panisch presste ich meine Lippen auf ihre, blies Luft hinein und hörte erst auf, als sie anfing zu husten und sich schmerzerfüllt am Boden zu winden.
4
Das Geheul von Sirenen ertönte. Zwei Feuerwehrmänner in blauen Schutzanzügen rannten an mir vorbei. Kurze Zeit später drang das Rauschen eines starken Wasserstrahls zu uns.
Johannes kniete neben mir. Sein Gesicht war grau. Er hustete.
Gerti kam für kurze Zeit zu Bewusstsein, sie langte zu mir hinauf und griff haltlos über meine Wange. Ich umschloss ihre Hand mit meinen Fingern und führte sie wieder zu meinem Gesicht. Bevor sie erneut ohnmächtig wurde, hatte ich das Gefühl, dass sie lächelte.
Erst allmählich kamen weitere Löschzüge. Das Feuer war längst unter Kontrolle. Unser kleiner Bungalow sah verkohlt und nass aus.
Meine Oma lag mittlerweile auf einer hohen fahrbaren Pritsche und wurde notfallmäßig von zwei Sanitätern versorgt. Sie gaben ihr Infusionen und fixierten sie mit breiten Plastikbändern auf der Trage. Nutzlos standen wir daneben.
Während ich auf sie herab sah, machte ich mir unendliche Vorwürfe, dass ich nicht in der Lage gewesen war, das Feuer zu überwinden. Ohne das beherzte Eingreifen von Johannes hätte Gerti den Brand mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht überlebt.
„Wie lange war sie dem Rauch ausgesetzt?“, fragte mich einer der Sanitäter.
Ich machte eine unbestimmte Geste. „Als wir ankamen, hat es schon gebrannt. Wir haben die Tür aufgetreten. Mein Freund ist hineingegangen und hat meine Großmutter gerettet. Wie lange sie da drinnen war, kann ich Ihnen leider nicht sagen.“
Johannes wurde von einem Hustenanfall geschüttelt. Der Sanitäter blickte ihn aufmerksam an. „Und wie geht es Ihnen?“
Johannes spuckte zur Seite aus und wischte sich über den Mund. „Schon besser. Am Anfang hat es in der Luftröhre sehr gebrannt.“
„Wollen Sie sich nicht doch lieber auch untersuchen lassen?“
„Nein, nein, das geht schon. Außerdem müssen wir uns jetzt um Frau Stolzen kümmern. Die braucht uns dringend“, wehrte Johannes entschieden ab.
Ein kleiner Feuerwehrmann in schwerer blauer Schutzmontur und mit übergroßem Helm gesellte sich zu uns.
„Da haben sie noch einmal Glück gehabt“, stellte er fröhlich grinsend fest.
Ich blickte ihn entgeistert an, doch er sprach weiter: „Normalerweise brennen diese billigen Häuser aus den sechziger Jahren wie Zunder.“
„Um ehrlich zu sein, reicht mir dieser Brand hier vollkommen.“ Mit den Fingern kämmte ich meiner Oma sorgfältig das weiße Haar aus der Stirn.
„Sie hatten doppeltes Glück. Wir waren hier ganz in der Nähe mit der Jugendfeuerwehr und haben eine Übung abgehalten, als der Notruf einging. Deswegen waren wir so schnell zur Stelle. Ansonsten hätte das Feuer sicher wesentlich mehr Schaden angerichtet, bis das erste Löschfahrzeug vor Ort gewesen wäre.“
„Und von wem kam der Notruf?“, fragte ich.
„Na den hat ihr Freund hier abgesetzt“, antwortete Lord Helmchen und wies auf Johannes. Mittlerweile war mir der Kleine richtig sympathisch.
„Sie haben da einen tollen Freund“, fuhr er fort.
„Ist mir auch schon aufgefallen“, meinte ich trocken. Insgeheim war ich aber froh, dass mich der junge Feuerwehrmann mit seinem Geplapper ein wenig ablenkte.
Ein Sanitäter fragte mich, ob ich im Rotkreuzwagen mit zur Klinik fahren wollte. Ich
Weitere Kostenlose Bücher