Für ein Ende der Ewigkeit (Lilith-Saga) (German Edition)
sie. „Ich muss dir erzählen, warum ich die Familie Hohenberg ablehne. Nun“, sie versuchte eine Art Lächeln, das aber sofort in ein Husten überging. „…ich kann die Familie Hohenberg nicht ausstehen, bis auf deinen Johannes.“
Diesmal versuchte ich zu lächeln, auch wenn ich aufpassen musste, dass mich meine Tränen nicht erneut überraschten.
„Ich weiß, du willst immer nichts von früher hören“, sagte Gerti. „Du lebst ausschließlich in der Gegenwart. Aber manchmal ist es wichtig, gewisse Sachen nicht zu vergessen. Und manchmal ist man einfach nicht stark genug um bestimmte Erlebnisse in seinem Leben abzuschließen.“
„Du bist mir keine Rechenschaft schuldig“, beeilte ich mich klarzustellen. „Ich weiß, dass du für alles, was du tust, immer gute Gründe hast, Gerti.“
Meine Oma wies mich an, ihr den Rückenkeil höher zu stellen. Nachdem ich das bewerkstelligt hatte, setzte ich mich wieder und diesmal drückte sie mir die Hand.
„Ich kann eigensinnig sein, wie du, Lilith. Und ich finde es wichtig, dass du weißt, was ich gegen die Hohenbergs habe. Nicht, um dich und Johannes auseinanderzubringen, sondern damit du mich ein bisschen besser verstehst. Damit du vor allem deine Tante Karin ein bisschen besser verstehst, falls sie einmal auf Johannes trifft.“
6
„Weißt du, mein Findling“, begann Gerti, „Karin war früher ein wunderschönes Mädchen. Sie war ...lebendig und fröhlich. Sie hatte Verehrer an jedem Finger ihrer Hand. Aber für sie gab es nur ihren Paul. Paul Hohenberg, den einzigen Sohn des Firmengründers Werner Hohenberg.“
Meine Oma lächelte bitter. „Sie hat Paul von ganzem Herzen geliebt und bald haben sie sich – wie sich das gehörte - verlobt. Es gab bereits einen Hochzeitstermin für das darauffolgende Jahr. Paul wäre dann mit seinem Studium fertig gewesen und wollte in die Firma seines Vaters eintreten…. Karin schwebte im siebten Himmel, sie redete ununterbrochen von ihrem Paul und schmiedete verzückt Zukunftspläne, einen schöner als den anderen.“
Gerti hustete. Das Reden fiel ihr sichtlich schwer. „Und dann, dann passierte das, was in der damaligen Zeit einem anständigen Mädchen einfach nicht passieren durfte. Karin wurde schwanger von Paul. Sie vertraute sich Bärbel und mir an. Unserer Mutter sagte sie keine Silbe. Aber wir drei Schwestern, nun, wir waren fest überzeugt, dass das kein Problem sei, im Gegenteil - keine von uns regte sich auf, nur Karin war traurig darüber, dass sie ihre Hochzeit jetzt nicht mehr in aller Ruhe planen konnte, sondern schnell über die Bühne bringen musste - bevor man ihre Schwangerschaft sah.“
Meine Oma strich mit ihrer freien Hand über ihre Bettdecke als würde sie Schmutz herunterwischen wollen, der nur für sie zu sehen war. „Du würdest dich wundern, wenn du wüsstest, wie viele Hochzeiten damals vorverlegt werden mussten, Lilith. …Aber Karin war insgeheim überglücklich. Sie freute sich wie verrückt auf ihr Kind und übte ständig ihre neue Unterschrift. Karin Hohenberg. …Ich weiß noch, wie sie nachts an unserem Schreibtisch saß und seitenweise ihren neuen Namen schrieb.“
Erneut hielt meine Oma inne. Sie spürte ihren Erinnerungen nach und ihr Ausdruck wurde traurig. „Sie freute sich, bis zu dem Tag, an dem sie Paul über ihr Geheimnis informierte. Paul reagierte nicht, wie sie es erwartet hatte. Oh nein! Ganz im Gegenteil. Er behauptete, das Kind sei nicht von ihm und er löste sofort die Verlobung. Er warf ihr vor, sie würde…, sie würde seinen Namen beschmutzen.“
Eine hässliche Ahnung erfüllte mich. Ich wollte das Ende der Geschichte nicht mehr hören.
„Das alles hat Karin nie verwunden. Sie war vollkommen am Boden zerstört. Und dann stand nur eine Woche später eine ganzseitige Annonce in der Zeitung: Paul hatte sich erneut verlobt, mit der Tochter eines anderen Firmeninhabers. Bald wurde Hochzeit gefeiert und mit der Hochzeit fusionierten die beiden Firmen. Die Hohenbergs wurden noch reicher, wenn das überhaupt möglich war.“
Gerti räusperte sich, bevor sie tief durchatmete. „Unsere Karin, sie regte sich derartig auf, dass, …dass sie ihr Kind verlor. Zu dieser Zeit war die ärztliche Versorgung…“, sie machte eine abwertende Geste, „Und wir konnten sie auch nicht in die Klinik bringen, weil sie Angst vor den Eltern hatte. Wir hätten Karin verloren, wenn Marga nicht gewesen wäre. Sie allein hatte noch helfen können. Aber wir Schwestern,
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