Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Für ein Ende der Ewigkeit (Lilith-Saga) (German Edition)

Für ein Ende der Ewigkeit (Lilith-Saga) (German Edition)

Titel: Für ein Ende der Ewigkeit (Lilith-Saga) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Roxann Hill
Vom Netzwerk:
unsympathisch, regelrecht zuwider.
    Ich blickte zum Eingang. Dort stand ein weiterer Mann mit extrem breiten Schultern. Er trug einen eleganten dunklen Anzug und während er auf mich zuschlenderte, erinnerte ich mich an den Abend in der Oper, als er meine Hand ergriffen und nicht mehr losgelassen hatte.
    „Guten Tag, Fräulein Stolzen. Die Welt ist klein. So sieht man sich wieder.“ Die Narbe, die von seinem Auge zum Mund führte, wirkte im Neonlicht lebendig.
    „Erinnern Sie sich an mich?“
    Ich konnte ihm nicht antworten. Meine Stimme versagte. Ich bebte vor Angst.
    „Ich bin’s! Ihr alter Bekannter aus dem Opernhaus. Wissen Sie noch meinen Namen?“ Er lächelte lippenlos. „Professor Brunner. Professor der Physik und der Chemie. Und in meinen verlorenen Momenten ein leidenschaftlicher Jäger von Kreaturen, wie Sie eine sind.“
    Ich musste nicht in seine Augen sehen, um den Wahnsinn zu erkennen, der darin tobte. Seine hohe Stimme hatte einen belustigten Klang, als er sich an meiner Angst weidete.
    Etwas fuhr sausend durch die Luft. Das Geräusch wiederholte sich in kurzen, gleichmäßigen Abständen und kam immer näher. Ein Objekt schwebte durch die offene Stahltür. Es war tiefschwarz, schwärzer als jede Hoffnungslosigkeit und jedes Grauen es jemals sein konnten. Es brachte den eisigen Hauch des Verderbens mit sich. Kurz verharrte es über dem Professor, um sich anschließend auf dessen linker Schulter niederzulassen.
    Es war der Rabe und seine feuerrot glühenden Augen durchdrangen alles in dem Raum, durchdrangen mich und hinterließen in mir die stumme Gewissheit meines nahenden Todes.
    Meine Panik steigerte sich, bis mein Verstand nahezu aussetzte. Durch die Schleier des Wahnsinns vernahm ich das schallende Gelächter des Professors. Es brachte mich unbarmherzig in die Realität zurück.
    „Aber Lilith, warum macht dir denn ein solch gewöhnlicher Vogel Angst?“
    „Das ist kein gewöhnlicher Vogel“, brachte ich heraus.
    Der Professor nahm den Raben vorsichtig von seiner Schulter und streichelte behutsam, fast ehrfürchtig dessen lackschwarzes Gefieder. „Nun, da hast du natürlich recht. Es ist kein gewöhnlicher Vogel. Es ist ein Rabe. Das Schutztier unserer Studentenverbindung.“
    „Dieser Rabe ist kein Schutztier. Er ist das personifizierte Böse.“
    Der Professor betrachtete den Raben. Seine gesamte Körperhaltung verströmte Untertänigkeit. „Ich weiß“, sagte er leise und seine Worte schienen in dem Raum fortzuschwingen. „Der Rabe will deinen Tod. Er will, dass du stirbst. Schmerzhaft und unendlich qualvoll. Und das wirst du heute auch, Lilith.“
    Der Professor hob den Raben auf seiner ausgestreckten Hand empor. Der Rabe schlug ein-, zweimal mit den Flügeln und setzte sich auf einen Mauervorsprung. Die Konturen seines Gefieders verschwanden in der verrußten Fläche. Allein seine roten Augen verrieten seine Gegenwart.
    Der Professor stand jetzt nah vor mir. Sein Körpergeruch drang in meine Nase. Ich musste unwillkürlich würgen. Er schwitzte stark vor kranker Erregung.
    „Leider Gottes, liebe Lilith“, sagte er mit vertraulichem Ton in der Stimme, „hast du den Brandanschlag auf dein Haus überlebt. Das war sehr ungezogen von dir.“
    Ich glaubte meinen Ohren nicht zu trauen und doch wusste ich, dass er die Wahrheit sagte. Ich hatte es die ganze Zeit über vermutet. Es gefürchtet und verdrängt.
    „Wenn du gestern gestorben wärst – wie wir das geplant hatten – müssten wir das hier jetzt nicht machen. …Aber nein, ich bin ungerecht. Beinahe hätten wir die alte Hexe erwischt, die du deine Großmutter nennst. Das war auch schon ein ganz netter Erfolg für den Anfang. Und jetzt haben wir richtig viel Zeit, uns ausführlich mit dir zu beschäftigen. Du hast unsere ungeteilte Aufmerksamkeit. Freust du dich?“
    Der Professor trat ein paar Schritte zurück und wandte sich an den Einäugigen. „Machen Sie sie nass, Herr Berger, sie ist fast schon wieder trocken. Und wir wollen doch dafür sorgen, dass sich die volle Wirkung entfalten kann.“
    Der Einäugige kam an den Rand des Pentagramms. In der einen Hand trug er eine Art Stab bei sich, in der anderen Hand einen Wassereimer. Er blieb vor mir stehen, legte den Stab ab und schüttete mir das Wasser mit Schwung entgegen. Es war eiskalt und der Schock ließ mich keuchen.
    Er packte den Stab, streckte ihn vor, bis dessen stumpfe Spitze meinen Bauch berührte. Dort verharrte der Stab, dann ließ ihn Berger millimeterweise

Weitere Kostenlose Bücher