Für ein Ende der Ewigkeit (Lilith-Saga) (German Edition)
geteilt. Die linke Seite war belegt. Dort turnten die Aerobic-Frauen. Die Musik hämmerte dumpf durch den Raum.
Ich verbeugte mich, bevor ich unseren Teil der Halle betrat und machte mich mit den Anderen aus meiner Gruppe warm.
Die Stunde begann. Wir trainierten die Grundtechniken, machten ein paar Tritte und bildeten dann Zweierteams. Wie eine Besessene übte ich die Angriffs- und Selbstverteidigungsformen. Doch obwohl ich mir die allergrößte Mühe gab, hatte ich nach wie vor Probleme mit dem Pandae-dollyo-chagi , dem gedrehten Sprungtritt. Ich bekam ihn einfach nicht sauber hin – und das kurz vor meiner Braungurt-Prüfung. Ich war frustriert.
Unsere Stunde neigte sich dem Ende entgegen. Ich hörte, wie die Aerobic-Frauen den linken Hallenteil verließen, um der nächsten Gruppe Platz zu machen. Ich wusste, dass es die Schwarzgurte unseres Vereins waren.
Spontan beschloss ich, mir diese Trainingseinheit anzusehen. Vielleicht würde ich hinzulernen können.
Zeit genug hast du – beruhigte ich mein schlechtes Gewissen, welches sich regte, als ich an Gerti und ihren eigenartigen Wunsch denken musste.
Die automatische Beleuchtung in unserer Halle ging an. Ich hatte mich dermaßen an mein Taekwondo verloren, dass ich erst jetzt bemerkte, wie sich der Himmel draußen nahezu völlig verdunkelt hatte.
Mist - ich seufzte.
Wieder blickte ich durch die Hallenfenster, in der Hoffnung, zwischen dem tief hängenden Schwarz irgendwo helle Sonnenstrahlen zu erkennen.
Nichts. Keine Strahlen, keine Sonne.
Stattdessen beschlich mich ein zweites Mal an diesem Tag eine vage Furcht, die ich nicht näher fassen konnte. Aber sie war da - ganz eindeutig, begann in meinem Bauchbereich und breitete sich explosionsartig in alle Richtungen aus, bis sie jede Faser meines Körpers erfasst hatte.
Erneut schüttelte ich das Gefühl ab und betrachtete stattdessen die dicken schwarzen Wolken, die von einem immer stärker werdenden Wind gejagt wurden. Bedrohlich ballten sie sich zusammen, mehr und mehr, bis sie eine massive Wand zu bilden schienen. Einzelne Blätter und kleine Äste wirbelten herum. Es war fast unerträglich schwül.
Donnergrollen erklang, etwas verhalten, aber eindeutig in der Nähe. Dicke Regentropfen klatschten auf die Oberlichten der Halle, zuerst vereinzelt, dann gewannen sie an Kraft, bis sie schließlich wie wild gegen die Scheiben prasselten.
Das ist Schicksal! – schoss es mir durch den Kopf, während ich auf die Umkleide zusteuerte, um meinen Geldbeutel zu holen.
Ich hatte mich im Training vollkommen verausgabt und war durstig. Also spurtete ich Richtung Kantine, um mir ein Mineralwasser zu kaufen. Die Schwarzgurte wollte ich mir um nichts in der Welt entgehen lassen.
Ich blinzelte ein paar Mal. Im Gang war anscheinend das Licht ausgefallen. Es war düster und wurde immer dunkler. Ich konnte meine Hand kaum vor Augen sehen, bremste ab und griff instinktiv an die Wand.
Das Gewitter war jetzt ganz nah. Es donnerte, bösartig und laut. Der dunkle Schall ließ alle Fensterscheiben scheppern, als wollte er sie durchbrechen, sich in den Räumen austoben und den darin befindlichen Menschen das Fürchten lehren.
Mit dem Donner kam der Blitz.
Da sah ich ihn vor mir stehen. Ich wäre fast in ihn hineingerannt. In diesem Bruchteil einer Sekunde, in der der Blitz den Raum erhellte, nahm ich alles an ihm wahr: Er war groß und schlank, hatte schwarzes dichtes Haar und einen sinnlichen Mund, der einen unwiderstehlichen Kontrast zu seinen männlichen Gesichtszügen bildete.
Doch was mich am meisten in seinen Bann zog, waren seine Augen. Es waren die wundervollsten dunklen Augen, die ich jemals bei einem Menschen gesehen hatte. Sie raubten mir den Atem, als ich in sie blickte.
Völlig regungslos stand ich vor ihm, als wäre er nicht von dieser Welt und würde mit dem Ende des Donners verschwinden. Mein Herz schlug wie wild.
Auch er schien vollkommen von mir überrascht zu sein. Er wirkte wie eine Statue, während er mich betrachtete und sein Blick in meinen tauchte.
Dann wurde es wieder finster. Ich konnte nur seinen Umriss erkennen. Noch bevor ich mich an die Dunkelheit gewöhnt hatte, flackerten die Neonleuchten über unseren Köpfen auf.
Grelles, kaltes Licht flutete den Raum.
Draußen donnerte es weiter.
Er senkte den Kopf und mir war, als würde er lächeln. Er trat einen Schritt zur Seite und ich lief nah an ihm vorbei, wobei ich jede meiner Bewegungen bewusster als sonst und wie in Zeitlupe
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