Für eine Nacht
das Leben, das ich gewählt hatte, geradezu zu genießen. Ich suhlte mich in Selbstmitleid.«
»Das kann ich gut verstehen.« Die Vorstellung bereitete ihr Kummer. »Aber was ist mit dem Geld? Wo hast du es her?«
»Ein paar Monate nach dem Tod deines Großvaters, des Herrn Senators, wurde ein dicker Umschlag bei mir abgegeben.«
Sloanes Augen weiteten sich vor Staunen. »Und?«
»Dein Großvater hatte mir genug Geld hinterlassen, um mich für mein Opfer zu entschädigen. So stand es jedenfalls in dem Brief dieser miesen Ratte. Goldeswert war mir sein Geld, nachdem er mir deine Mutter weggenommen und mein Leben ruiniert hat!« Samsons Stimme klang zwar bitter, aber er schien sich mit dem Lauf, den sein Leben genommen hatte, abgefunden zu haben.
»Aber du hast dich geweigert, dieses Geld auszugeben«, vermutete Sloane.
Samson zuckte die Achseln. »Den Triumph wollte ich dem alten Bastard nicht gönnen. Er dachte, er könnte die ganze Welt nach seiner Pfeife tanzen lassen, sogar noch vom Grab aus. Schickte mir sein Blutgeld, als für mich alles zu spät war, als deine Mutter nicht mehr lebte. Dorthin, wo sie war, konnte ich ihr nicht folgen. Also legte ich das Geld an und ließ es sich vermehren.«
»Demnach hatte Großvater Jack doch ein Gewissen«, folgerte Sloane verbittert. »Oder etwas, das er dafür hielt.«
»Genau.«
Tränen brannten in ihren Augen, aber jetzt war nicht die Zeit, mit der Vergangenheit zu hadern. »Aber es widerstrebt
dir nicht, sein ... wie sagtest du doch gleich? ... sein Blutgeld dazu zu verwenden, um dein Haus wieder aufzubauen?«, fragte sie dann.
Samson schüttelte den Kopf. »Ganz und gar nicht. Ich möchte ein Heim haben, wo mich meine Tochter besuchen kann, ohne sich für ihren Vater schämen zu müssen. Und wo sie hoffentlich bald ihre eigene Familie mit hinbringt«, schloss er leise.
Sloane wich seinem Blick aus und starrte zu Boden. Es tat ihr weh, diesen Mann enttäuschen zu müssen, der in seinem Leben schon so viele Schicksalsschläge ertragen hatte. »Was die eigene Familie angeht, würde ich da nicht allzu große Hoffnungen darauf setzen«, erwiderte sie tonlos.
Seine Augen flammten zornig auf. »Ist denn der junge Chandler noch dümmer, als ich gedacht habe? Ich habe ihm klipp und klar gesagt, es ist fünf vor zwölf für dich, also unternimm endlich etwas, bevor es zu spät ist. Ich habe ihm eingebläut, dass das Leben zu kurz ist, um verpassten Chancen hinterherzutrauern.« Er grunzte verächtlich. »Der gesunde Menschenverstand seiner Mutter geht ihm vollkommen ab, so viel ist sicher.«
»Oha«, entfuhr es Sloane, der allmählich ein Licht aufging. »Du hast Chase geraten, mich nicht gehen zu lassen?«
»Natürlich. Glaubst du, ich würde tatenlos zusehen, wie es euch genauso ergeht wie mir? Ich habe ihm erklärt, wie es ist, sich ein Leben lang zu wünschen, alles wäre anders gekommen.« Samsons Augen glitzerten vor Befriedigung darüber, seiner Tochter einen guten Dienst erwiesen zu haben.
Sie wollte weder wissen, wann Chase und er dieses Gespräch geführt hatten, noch brachte sie es über sich, ihm zu sagen, dass er unwissentlich nur noch stärker an Chases Pflichtbewusstsein appelliert hatte. Samson hatte geholfen,
Chase in ihre Arme zu stoßen, aber Sloane wollte, dass er aus freien Stücken und nicht auf das Drängen anderer hin zu ihr kam. Wenn er sich für eine gemeinsame Zukunft entscheiden sollte, dann nur, weil er selbst diese Zukunft wollte, nicht weil er glaubte, ihr etwas schuldig zu sein.
Aber Samson hatte ihr gegenüber zum ersten Mal das erfüllt, was er für seine väterliche Pflicht hielt, und dafür liebte sie ihn. Sie breitete die Arme aus, und diesmal pfiff keine Kugel durch die Luft, als ihr Vater sie zum ersten Mal umarmte.
Achtzehntes Kapitel
Chase wanderte unruhig im Wartebereich des Krankenhauses auf und ab. Auch der Rest seiner Familie hatte sich vollzählig eingefunden. Bei Charlotte war fast einen Monat vor dem errechneten Geburtstermin das Fruchtwasser abgegangen, und nun lag sie im Kreißsaal in den Wehen. Zum Glück war abgesehen von der Eile, die das Baby an den Tag legte, sich zum Chandler-Clan zu gesellen, mit Mutter und Kind alles in Ordnung. Charlottes Eltern waren auf dem Weg hierher, und die restlichen Chandlers standen beieinander und unterhielten sich mit gedämpften Stimmen. Und warteten.
»Du bist wirklich nur noch ein jämmerliches Häufchen Elend«, stellte Rick an seinen älteren Bruder gewandt fest, der
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