Für eine Nacht
Mutter verliebt hatte. Den Mann, der sein ganzes Leben für seinen nichtsnutzigen Vater und seine kranke Mutter geopfert hatte, ohne jemals zu erkennen zu geben, ob er diese Entscheidung bereute.
Sie fürchtete sich davor, die Frage zu stellen, die in ihrem Kopf herumspukte, weil sie diesen Mann, den sie gerade erst gefunden hatte, nicht wieder verlieren wollte, aber sie überwand sich. »Und wie soll es jetzt weitergehen?«
»Das liegt bei dir.«
Sloane lächelte. Wie Chase war auch Samson ein Mann weniger Worte. Aber er hatte wohl nicht mehr die Absicht, sie zurückzuweisen, was hieß, dass dieser rätselhafte Mann jetzt ein Teil ihres Lebens war. Vor Erleichterung und Freude wurde ihr leicht schwindelig.
Eine Schwester klopfte an die Tür und trat dann mit einem Tablett in den Händen ein. »Ich bringe Ihnen Ihr Frühstück und Ihre Medikamente, Ms. Carlisle.« Die nahezu greifbare Tüchtigkeit, die sie ausstrahlte, zerrte an Sloanes Nerven. Sie wollte so schnell wie möglich hier raus.
»Können Sie in einer Viertelstunde wiederkommen?«, bat sie. Obwohl sie nach Schmerzmitteln verlangt hatte, wollte sie für die Dauer ihres Gesprächs mit Samson einen klaren Kopf behalten.
»Bist du sicher?«, fragte ihr Vater sie. »Es ist kein Verbrechen, auch mal eine kleine Schwäche einzugestehen.«
Sloane lachte, während die Schwester geduldig auf weitere Anweisungen wartete. »Ganz sicher. Und ich verspreche dir, brav meine Pillen zu schlucken, wenn wir unsere Unterhaltung beendet haben.«
Samson blickte sich zu der Schwester um. »Sie haben gehört, was meine Tochter gesagt hat.« Der Stolz in seiner Stimme war nicht zu überhören.
Sloane drückte dankbar seine Hand. Aber er hatte ihre Frage noch nicht beantwortet. Sie beide wussten um die Blutsbande zwischen ihnen, aber sie begannen gerade erst, auch eine gefühlsmäßige Bindung aufzubauen.
Wohin würde sie beide ihr Weg führen?, überlegte sie, und als die Schwester das Zimmer verlassen hatte, wandte sie sich wieder an Samson. »Wo willst du in Zukunft leben?« Nur allzu deutlich stand ihr noch das Trümmerfeld vor Augen, das einst sein Haus gewesen war.
Sein Blick wanderte nervös durch den Raum, er zog seine Hand weg und begann seine Finger zu kneten. »Was ich dir gleich sagen werde, wird dir einen ziemlichen Schock versetzen«, warnte er sie.
»Das kann ich mir nicht vorstellen«, widersprach Sloane. »Ich habe in letzter Zeit so viele Überraschungen erlebt, mich kann so leicht nichts mehr erschüttern.«
»Wirklich nicht? Wusstest du, dass ich ein wohlhabender Mann bin?« Sein Blick schien sie bei diesen Worten förmlich zu durchbohren.
Es war ihm doch gelungen, sie vollkommen zu überrumpeln. Verblüfft sog sie den Atem ein. Sein Äußeres und seine Lebensumstände hatten nicht gerade auf große Reichtümer schließen lassen. »Du bist was ?«
»Wohlhabend«, wiederholte er. »Ich hab ein hübsches Sümmchen auf der hohen Kante.«
»Aber ... wie ist das möglich? Ich habe dein Haus vor der Explosion gesehen, es war ziemlich heruntergekommen. Und wieso schnorrst du im Norman’s Sandwiches? Warum trägst du so abgerissene Kleider?« Sloane verstand die Welt nicht mehr.
Aber noch während sie ihm all diese Fragen stellte, fiel ihr wieder ein, wie Earl und Ernie über Samsons Geld geredet und darüber spekuliert hatten, wer ihn wohl nach seinem Tod beerben würde.
Er seufzte. »Erinnerst du dich, dass ich dir erklärt habe, ich hätte mir die Leute vom Hals gehalten, indem ich in die Rolle des ewig mürrischen, eigenbrötlerischen Grobians schlüpfte, für den mich hinterher alle gehalten haben?«
Sloane nickte. Sie war immer noch zu verblüfft, um einen Ton herauszubringen.
»Nach einer Weile hegten die Leute mir gegenüber keine Schuldgefühle mehr, und so schenkte mir auch niemand mehr Beachtung. Ich habe festgestellt, dass es für die meisten Menschen am bequemsten ist, ihr Gewissen einfach auszuschalten.« Er schüttelte den Kopf. »Jedenfalls dachte ich mir, wenn ich schon den verarmten Penner spiele, dann richtig. Zu dieser Zeit lag mir an nichts und niemandem etwas. Und in meinem Leben gab es ja niemanden mehr, auf den ich hätte Rücksicht nehmen müssen.«
Sloane hätte ihm gern gesagt, er hätte sich zumindest seine Selbstachtung erhalten sollen, aber seine hängenden Schultern
verrieten ihr, in welche Verlegenheit ihn sein Geständnis setzte, also schwieg sie.
»So ungern ich es auch zugebe – nach einer Weile begann ich
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