Für eine Nacht
Zukunftsaussichten. »Wenn du das wirklich so meinst, dann setz deine Talente als Ehestifterin ein letztes Mal ein und hilf mir, Sloane zurückzugewinnen«, bat er Raina leise.
»Das kann ich nicht.« Raina wich seinem Blick aus und starrte stattdessen auf ihre Hände hinab.
»Was soll das heißen, du kannst nicht?«, polterte Chase los. »Du hast ich weiß nicht wie viele Jahre damit verbracht, mir, Roman und Rick gegen unseren Willen immer neue Frauen als Heiratskandidatinnen schmackhaft zu machen, und jetzt, da ich dich bitte ... nein, dich anflehe, mir zu helfen, meine Traumfrau zurückzuerobern, lehnst du ab!«
Raina nickte, ohne den Kopf zu heben. »Ganz recht. Ich habe meine Lektion gelernt. Ich werde heiraten und mein eigenes Leben führen, statt mich ständig in das meiner Söhne einzumischen.«
Von der Tür her ertönte Beifall. Dort stand Eric, klatschte in die Hände und strahlte vor Stolz über Rainas neuen Kurs im Leben. »Ich wollte euch nur sagen, dass es bei Charlotte jetzt nicht mehr lange dauern kann.«
Raina sah ihn an. Ihre Wangen glühten. Chases Blick wanderte zwischen Rick und Kendall hin und her, die einander selbstvergessen in die Augen sahen. Neid wallte in ihm auf. Sicher, er freute sich für seine Mutter und seine Geschwister, aber seine gesamte Familie schien das zu haben, was er selbst sich so sehr wünschte. Für sich und Sloane. Aber er stand wieder einmal außen vor.
Er wandte sich wieder an seine Mutter. »Kannst du deine Lektion denn nicht lernen, nachdem du mir aus dieser Patsche geholfen hast?«
»Tut mir Leid, mein Junge, aber sie hat ihre Tätigkeit als Heiratsvermittlerin eingestellt. Und sobald ich ihr meinen
Ring an den Finger gesteckt habe, wo er hingehört, werde ich sie so umfassend beschäftigen, dass sie gar keine Zeit mehr findet, ihre Nase in Dinge zu stecken, die sie nichts angehen, das verspreche ich euch.« Eric winkte allen zu und verschwand in Richtung Kreißsaal, zu dem außer ihm nur Roman Zutritt hatte, der nicht von der Seite seiner Frau wich.
»Scheiße«, knurrte Chase.
»Würdest du bitte auf deine Ausdrucksweise achten?« Kendall hielt ihrer Schwester die Ohren zu.
Doch Hannah lachte nur. »Ich krieg in der Schule viel Schlimmeres zu hören.«
»Rick hat nicht ganz Unrecht«, wandte sich Kendall an Chase. »Ich habe mich bislang aus dieser Sache herausgehalten, aber ich bin eine Frau und kann daher vielleicht besser verstehen als ihr Männer, was in Sloane vorgeht. Dazu kommt, dass ich selbst an einen Chandler mit diesem Ritterkomplex geraten bin. Deswegen kann ich dir vielleicht ein paar gute Tipps geben.« Sie strich sich das Haar hinter die Ohren und wartete auf seine Antwort.
Chase stöhnte gequält auf. »Warum nicht? Alle anderen haben ja schon ihren Senf dazugegeben.«
»Undank ist der Welten Lohn«, bemerkte Rick.
Kendall achtete nicht auf ihn, sondern konzentrierte sich auf Chase. »So ungern ich es auch zugebe, Rick hat Recht. Wenn du Sloane wirklich liebst – und ich denke, das tust du, sonst stündest du jetzt nicht so neben dir –, dann musst du sie davon überzeugen, dass du dich wirklich geändert hast.«
»Und wie soll ich das anstellen?«, fragte er verzagt.
Doch ehe Kendall antworten konnte, kam Eric auf sie zu und verkündete die Geburt eines neuen Mitglieds der Familie Chandler. Lilly Chandler, ein fast zweitausendfünfhundert Gramm schweres, fünfundvierzig Zentimeter großes gesundes
Mädchen hatte soeben das Licht der Welt erblickt. Und Roman, der zahlreiche blutige Kriegsschauplätze aus nächster Nähe gesehen hatte, wäre beinahe in Ohnmacht gefallen und hatte eine Papiertüte, Erics Zuspruch und ein paar Minuten Zeit gebraucht, um sich von der Geburt seiner Tochter zu erholen.
Während der Rest der Familie vor der Glastür der Säuglingsstation Posten bezog, um einen ersten Blick auf das Baby werfen zu können, nahm Kendall Chase zur Seite.
»Du hast mir vor einiger Zeit einen guten Rat gegeben. Dafür würde ich mich jetzt gern revanchieren.« Sie lächelte ihn an und gab ihm damit zu verstehen, dass sie wusste, wie es in ihm aussah und dass sie ihn so akzeptierte, wie er war.
»Dafür wäre ich dir sehr dankbar.«
Sie legte ihm eine Hand auf den Arm. »Geh in dich und versuche herauszufinden, was dich zu dem Mann gemacht hat, der du bis vor kurzem noch warst – dem Mann, der um keinen Preis eine eigene Familie haben wollte. Dann überleg dir, warum sich deine Einstellung so plötzlich geändert hat.
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