Für eine Nacht
danken, dass Sie Ihr Wort gehalten haben. Ich respektiere Männer, die noch über Ehrgefühl verfügen.«
Chase blieb wie angewurzelt stehen, drehte sich zu Madeline um und starrte sie an. Entweder hatte sein Gehör ihn im Stich gelassen, oder er hatte den Verstand verloren. Und als er ein warmes, von Herzen kommendes Lächeln auf ihren Lippen sah, fürchtete er auch noch um sein Augenlicht. Aber Madelines Worte hatten alles andere als sarkastisch geklungen.
»Wie bitte?« Er kniff die Augen zusammen. Was ging hier vor? »Haben Sie vergessen, dass Ihre Tochter durch meine Schuld im Krankenhaus liegt?«
Madeline stellte ihre Tasche auf seinen Schreibtisch und lehnte sich gegen das massive Holz. »Da Sie nicht geschossen haben, schlage ich vor, Sie hören auf, sich mit Schuldgefühlen herumzuplagen. Robert und Frank waren fest entschlossen, Samson unschädlich zu machen. Niemand hätte sie daran hindern können, auch Sie nicht.«
Das sagt sich so leicht, dachte Chase. Sie kannte vermutlich nicht alle Einzelheiten, Sloane hatte sie ihr wohl ersparen wollen.
»Jetzt lassen Sie uns zum Thema kommen, ehe der Rest der Journaille Wind von der Geschichte bekommt. Ich habe Ihnen ein Exklusivinterview versprochen, und ich pflege mein Wort zu halten.«
Nach all dem, was er getan hatte, wollte sie ihn immer noch die Story ihrer Familie schreiben lassen? Wieder drohten ihn seine Schuldgefühle zu erdrücken. »Es tut mir Leid, aber ich kann Ihr Angebot nicht annehmen«, erwiderte er entschlossen.
Waren diese Worte wirklich über seine Lippen gekommen? Hatte er soeben die Chance seines Lebens vertan? Die Story abgelehnt, die er um jeden Preis hatte veröffentlichen wollen? Und warum erschien ihm dieser Schritt so verdammt richtig ?
Madeline schüttelte den Kopf. Ihre Augen blitzten. »Seien Sie kein Narr. Dutzende von Reportern warten nur darauf, sich auf die Story zu stürzen. Die kennen keine Skrupel, glauben Sie mir. Ihnen bietet sich hier die einmalige Gelegenheit, Karriere zu machen, und Sie haben sie verdient. Warum lehnen Sie jetzt ab?«
Chase trat zu ihr und nahm ihre Hand. »Ich weiß Ihr Angebot zu schätzen, Madeline, aber wir wissen beide, dass ich bei Sloane hätte sein sollen, als sie angeschossen wurde. Im besten Fall hätte ich das ganze Unglück verhindert. Wenn nicht, wäre ich wenigstens da gewesen.«
Madeline hob eine fein geschwungene Augenbraue. »Ich habe Sie nicht gebeten, wie eine Klette an Sloane zu kleben. Sie sollten nur ein bisschen auf sie aufpassen. Was Sie, wie ich hörte, ja auch mit Erfolg getan haben.«
Täuschte er sich, oder huschte da ein verschmitztes Lächeln über ihr Gesicht? Und warum erinnerte sie ihn in diesem Augenblick so stark an Raina auf dem Höhepunkt ihres Verkupplungsfeldzugs? Chase schüttelte den Kopf. »Nein, ich hab’s vermasselt.«
»In Anbetracht eines Lebens, dessen Dauer ungewiss ist, sind Schuldgefühle Zeitverschwendung, vor allem, wenn sich an dem, was geschehen ist, nichts ändern lässt.« Madeline seufzte ärgerlich, dann griff sie nach einem gelben Schreibblock und einem Bleistift und reichte ihm beides. »Ich schlage vor, dass Sie mir jetzt erst mal zuhören und sich ein paar Notizen machen. Später können Sie dann ergründen, warum Sie
so hart gegen sich selbst sind. Und danach sollten Sie die Sache ganz schnell abhaken. Meine Tochter kann keinen Mann gebrauchen, der nicht imstande ist, Vergangenes ruhen zu lassen.«
Trotz seines Kummers hätte Chase ihr am liebsten für die gelungene Vorstellung Beifall gespendet.
»Zur Sache.« Madeline setzte sich und schlug die Beine übereinander. Die elegante Bewegung stand in deutlichem Gegensatz zu ihren knappen, sachlichen Worten. »Mein Mann wird gleich hier sein und seine Version der Geschichte zum Besten geben. Also fangen Sie schon einmal an, sich Notizen zu machen.« Sie lehnte sich in ihrem Stuhl zurück und blinzelte ihm zu. »Oder würden Sie lieber ein Band mitlaufen lassen?«
Chase grinste. »Sie sollten meine Mutter kennen lernen, wissen Sie das?«
»Ich bin sicher, wir würden uns ausgezeichnet verstehen. Aber Sie haben ja noch Zeit genug, uns miteinander bekannt zu machen.«
Einige Stunden später ging Chase daran, all die Einzelheiten, die er von Madeline und dem Senator erfahren hatte, zu einem Hintergrundbericht zusammenzufügen.
Es war eine Geschichte von Liebe und Verzicht – Samsons, Michaels, Jacquelines, Madelines und jetzt auch Sloanes Geschichte. Sie würde die Wähler
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