Für immer am Meer - Henry, V: Für immer am Meer
manchen Frauen funktionierte die Masche, das wusste Harry, aber an Florence sah es einfach nur scheiße aus.
»Wir sehen uns«, sagte er und ging in Richtung Musikanlage.
Jane stand vor ihrer Hütte und betrachtete die Szenerie.
Es war traumhaft. Der Mond beschien das Meer und den Strand und überzog die Gäste mit einem silbrigen Schimmer. Alle tanzten – die Männer in Smokings, die Frauen in glitzernden Kleidern. Lampions schaukelten in der sanften Brise. Als das Lied zu Ende war, blieben alle einen Moment lang stehen, lachten und griffen nach einem Drink. Dann ertönte das nächste Stück. »You Really Got Me« von den Kinks. Alle legten sich wieder ins Zeug, angespornt von dem Song, der allen Generationen vertraut war.
Jane musste an die erste Strandparty von Everdene denken. Alles war fast genauso gewesen wie jetzt. Heute waren mehr Leute da, die Musik war lauter, die Bässe wummerten über den Strand, aber ansonsten hätte es dieselbe Party sein können. Sie schaute zu dem Haus über den Dünen hoch und erinnerte sich, wie sie sich damals gefühlt hatte, ein junges Mädchen, dessen Leben völlig aus den Fugen geraten war, das keine Ahnung hatte, wie es weitergehen sollte. Und dieses Gefühl war sie ihr Leben lang nicht losgeworden. Bis heute. All das war jetzt vergeben und vergessen. Sie fühlte sich mit sich im Reinen.
Jane drehte sich um und sah Roy.
Er lächelte und streckte eine Hand aus. »Komm«, sagte er. »Jetzt zeigen wir’s ihnen!«
Lächelnd ging sie ihm entgegen, nahm seine Hand und legte ihm einen Arm um die Hüften.
Morgen würde sie anfangen, die Hütte auszumisten und für ihren neuen Besitzer zurechtzumachen. Aber heute Abend … heute Abend würde sie im Mondlicht am Strand tanzen.
14
Das Liebesnest
Kirsty hörte Dan in der Einfahrt ungeduldig hupen. Sie schloss ihre Reisetasche und hängte sich ihre Handtasche über die Schulter. Das war ihr alles zu viel. Sie hätte so gern ausgeschlafen, denn sie war hundemüde. Aber Dan hatte sich nicht erweichen lassen. Für das Wochenende war schönes Wetter vorhergesagt, und schließlich verbrachten sie ihren Geburtstag immer in Everdene. Das war schon Tradition.
Liam würde morgen auch kommen. Mit seiner neuen Freundin Helena, Herzchirurgin und einige Jahre älter als er. Sie schienen total verliebt, was Kirsty freute, denn es war genau das, was Liam brauchte. Eine feste Beziehung. Es war höchste Zeit, dass er zur Ruhe kam. Endlich wurden sie alle erwachsen, dachte sie. Sie lief die Treppe hinunter und stieg ins Auto.
»Alles in Ordnung?«, fragte Dan besorgt. »Du siehst ein bisschen blass aus.«
»Hatte keine Zeit, mich zu schminken.« Kirsty schnallte sich an.
Dan ließ den Motor an. »Du kannst ja unterwegs schlafen«, sagte er. »Gegen Mittag sind wir da.«
»Hört sich gut an«, murmelte Kirsty und schloss die Augen. Das ließ sie sich nicht zweimal sagen. Als Dan auf die Autobahn einbog, schlief sie bereits.
Sie wachte erst auf, als sie kurz nach Mittag in Everdene auf dem Parkplatz hielten. Wie so häufig im Oktober war das Wetter großartig, und die tief stehende Sonne spendete eine angenehme Wärme. Am Strand flatterten zahlreiche bunte Drachen im Wind. Möwen kurvten kreischend dazwischen herum. Hin und wieder zog eine Wolke über den lavendelblauen Himmel.
»Lass uns einen Strandspaziergang machen«, sagte Dan. »Und danach gehen wir im »Ship Aground« Mittag essen.«
Kirsty nickte. Ein bisschen Bewegung konnte nicht scha den. Diese Woche war sie ein bisschen nachlässig gewe sen. Sie nahm ihre Gummistiefel aus dem Kofferraum und schlüpfte hinein.
»Ich dachte, du wolltest als Erstes surfen gehen. Die Wellen sind doch heute fantastisch.«
Er schüttelte den Kopf. »Ich warte auf Liam. Du kannst dich ja mit Helena ins Café setzen. Dann könnt ihr euch ein bisschen kennenlernen.«
»Klingt gut.« Im Café an der Promenade gab es den besten Kakao der Welt, mit Sahne und Marshmallows und einer zarten Waffel.
Dan nahm ihre Hand, und sie gingen durch die Slipanlage, dann nach links an den Strandhütten entlang.
»Guck mal, Dan«, rief Kirsty aus. »Sie haben die erste rosa angestrichen. Die war doch immer blau!«
»Die ist verkauft worden«, antwortete er. »Wahrscheinlich haben die neuen Besitzer sie anstreichen lassen.«
»Sieht hübsch aus, nicht?«
Sie gingen auf die Hütte zu. Sie war in einem dezenten Altrosa gestrichen.
»Was für Glückspilze«, seufzte Kirsty.
»Komm, wir klopfen mal«, schlug Dan vor.
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