Für immer am Meer - Henry, V: Für immer am Meer
und lächelte.
»Die Kinder sind schon vorgegangen. Sie konnten es nicht mehr abwarten, auf die Hüpfburg zu kommen.« Er stand auf.
»Du siehst großartig aus«, sagte er und küsste sie.
Zu ihrer eigenen Überraschung erwiderte sie seinen Kuss, und etwas regte sich tief in ihrem Innern. Sie konnte sich gar nicht daran erinnern, wann sie das letzte Mal Sex gehabt hatten. Bis zur Schlafenszeit war sie immer schon halb im Koma gewesen, und wieso hätte Tim Lust haben sollen, mit einer Leiche zu schlafen?
Aber jetzt kam das Gefühl plötzlich wieder zurück. Sie erschauderte, als er ihr mit den Fingern über den Rücken fuhr, und als sie sich an ihn drückte, spürte sie, dass auch er erregt war.
»Meinst du«, murmelte sie, »es wäre schlimm, wenn wir ein ganz kleines bisschen später kämen?«
Es war halb neun Uhr abends. Die Party war in vollem Gange. Vom Spanferkel waren nur noch die Knochen übrig. Als die Sonne unterging, wurden die kleineren Kinder in das Schlafzelt geschickt und die Sektflaschen geöffnet.
Jane hatte überlegt, ob sie eine kleine Abschiedsrede halten und einen Trinkspruch ausbringen sollte, fand es aber doch etwas zu theatralisch. Sie wollte die unbeschwerte Stimmung nicht trüben. Es war die beste Party, die sie je in Everdene gefeiert hatten. Und damit der beste Moment, um etwas Neues anzufangen. Chrissie hatte mit ihr über die Möglichkeit gesprochen, ein Rettungspaket für die Hütte der Miltons zu schnüren, aber am Ende waren sie sich beide einig gewesen, dass sich zu vieles geändert hatte und es besser war, sich von der Hütte zu verabschieden. Chrissie hatte davon gesprochen, sich ein Feriendomizil in wärmeren Gefilden zu kaufen, Jack, Emma und Hannah würden also einen Ersatz bekommen.
Den anderen Enkelkindern gegenüber hatte Jane ein bisschen Schuldgefühle. Sie hatten über die Jahre so viel Spaß hier gehabt. Andererseits wurden sie auch alle immer größer. Harry würde mit dem Studium beginnen und von nun an eigene Pläne haben. Amelia hatte jede Menge Freunde, mit denen sie ständig irgendetwas unternahm. Und Spike – na ja, für ihn würde sich jetzt sowieso alles zum Guten wenden, dachte Jane. Sie hatte Serena schon immer für eine gute Mutter gehalten, jedenfalls für eine wesentlich bessere als Spikes leibliche Mutter. Sie konnte nur hoffen, dass Donna den dreien keine Schwierigkeiten machte, aber besonders wahrscheinlich war das nicht. Letztlich ging es Donna nur um ein möglichst bequemes Leben, und wenn Serena sich um Spike kümmerte, würde Donna genau das bekommen.
Adrian geriet allmählich in Panik. Er konnte Serena nicht finden. Sie war den ganzen Nachmittag ziemlich still gewesen, schien sich gar nicht auf die Party zu freuen, was sie allerdings abgestritten hatte, als er sie darauf angesprochen hatte.
Er suchte sie unter den Leuten, schaute im Getränkezelt nach. Ging zu ihrer Hütte, um zu sehen, ob sie sich vielleicht hingelegt hatte, um sich ein bisschen auszuruhen. Aber sie war nirgendwo. Das Herz schlug ihm bis zum Hals. Hatte sie etwa kalte Füße bekommen und war zu Philip nach Hause gefahren? Hatte sie es sich anders überlegt?
Chrissie kam an ihm vorbei. Er packte sie am Arm.
»Hast du Serena gesehen?«
Chrissie hatte sich ihre Missbilligung deutlich anmerken lassen, als sie ihr ihre Entscheidung mitgeteilt hatten. Aber Adrian hatte sie später noch einmal beiseitegenommen und ihr unter vier Augen erzählt, wie unglücklich Serena die ganze Zeit gewesen war, dass sie anfangs nur Freunde gewesen und sich dann immer nähergekommen waren. Chrissie hatte nicht überzeugt gewirkt, aber sie war schon immer ziemlich streitlustig gewesen, dachte Adrian.
»Ich glaube, sie ist mit Spike im Schlafzelt«, sagte Chrissie.
Er wandte sich zum Gehen, aber Chrissie hielt ihn auf.
»Warte«, sagte sie. »Ich wollte dir nur sagen … Viel Glück. Zuerst dachte ich, ihr wärt zwei egoistische Idioten, bloß auf einen billigen Nervenkitzel aus. Und ich war ziemlich sauer, weil du mit einem miesen Trick versucht hast, mich dazu zu überreden, dass ich die Hütte kaufe. Aber ich sehe, dass es tiefer geht zwischen euch.« Sie nickte. »Also, wie gesagt, viel Glück.«
Adrian lächelte verblüfft. »Danke, Chrissie. Das bedeutet mir sehr viel.«
Sie drückte ihm den Arm und ging.
Aufgewühlt schaute Adrian ihr nach. Mist, er würde doch wohl nicht in Tränen ausbrechen? Die letzten Tage waren wirklich eine emotionale Achterbahnfahrt gewesen. Ein neues Leben
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