Für immer am Meer - Henry, V: Für immer am Meer
»Wir begrüßen die Besitzer und heißen sie in Everdene willkommen.«
»Das können wir doch nicht machen!«
»Wieso nicht?«
»Na ja, ich weiß nicht. Das kommt mir einfach komisch vor.«
Sie hatten die Hütte erreicht. Kirsty las das Schild auf der Tür.
»Guck mal! Die haben der Hütte sogar einen Namen gegeben: Das Liebesnest! «
Dan grinste. Er trat auf die Tür zu.
»Dan, nicht! Das ist peinlich.«
Doch er griff bereits nach dem Türknauf. Kirsty seufzte und ging zu ihm.
»Keiner da.«
Plötzlich sah sie, dass Dan einen Schlüssel in der Hand hielt. Er war dabei, die Tür aufzuschließen.
»Was machst du da?!«
Er öffnete die Tür und schob Kirsty vor sich her.
»Alles Gute zum Geburtstag!«
Kirsty starrte ihn an. »Was ?«
»Alles Gute, mein Schatz!«
Sie zögerte. »Du hast die Hütte für das Wochenende gebucht? Ich dachte, wir hätten ein Zimmer in einer Pension?«
Staunend sah Kirsty sich um. Die Hütte war komplett renoviert worden. Die Wände waren weiß gestrichen, eine neue Küche im Landhausstil war eingebaut worden, auf dem Boden lag ein Ponyfell-Teppich, es gab zwei lederne Sitzsäcke, und ein weißes Sofa. Auf dem niedrigen Couchtisch stand eine Vase mit weißen Fresien, die einen zarten Duft verströmten.
»Unglaublich«, flüsterte sie.
»Danke«, sagte er bescheiden.
Sie runzelte die Stirn.
Dan lächelte. »Du kapierst es immer noch nicht, stimmt’s?«
»Was soll ich kapieren, Dan?«
»Das ist dein Geschenk, Kirsty! Es ist deine Hütte.« Er verdrehte die Augen. »Ich hab sie für dich gekauft!«
Kirsty schlug sich mit der Hand vor den Mund. »O mein Gott, Dan!«
»Wir kommen doch so oft her und geben immer jede Menge Geld aus für Hotels und Pensionen, da hab ich mir gesagt, warum nicht gleich was kaufen?«
»Wie schön sie geworden ist!«
Kirsty ging durch die Hütte und sah sich staunend um. Dan hatte an alles gedacht, von der iPod-Station von Bose bis hin zu den übergroßen Tassen für Café au lait. Nicht dass sie in nächster Zeit viel Kaffee trinken würde …
»Dan. Ich muss dir was sagen.«
Er runzelte die Stirn. »Bist du nicht zufrieden?«
»Natürlich bin ich das, ich bin überglücklich! Ich wollte es dir eigentlich erst später sagen, erst wenn ich einen zweiten Test gemacht hab, aber …« Sie brach verlegen ab.
Er schluckte. »Du bist schwanger«, sagte er tonlos.
Kirsty nickte, Freudentränen in den Augen. Dann fielen sie sich in die Arme, und er hob sie hoch und schwenkte sie laut jauchzend herum.
»Vorsicht, Vorsicht«, rief sie lachend.
»Ich bin so glücklich«, sagte er. »Ich bin so glücklich, Kirsty.«
Sie saßen auf der Stufe vor ihrer Hütte, eingemummelt in dicke Pullover und Schals, Dan mit einer Dose Bier, Kirsty mit einem Glas Holundersaft. Sie sahen zu, wie das Meer in der Nachmittagssonne langsam den Strand hochgekrochen kam und malten sich ihre Zukunft aus: ein kleines Patschhändchen in ihrer Hand, dicke Beinchen, die über den Strand watschelten. Kleine Finger, die Sandburgen bauten, kleine Füße, die in Pfützen herumstapften. Kirsty schloss die Augen und lehnte sich an Dan. Er legte ihr einen Arm um die Schultern, und sie schlief schon wieder ein.
Vor ihnen lag ein Leben voller Lachen und Sonnenschein.
Kleine Strandhüttenkunde
Strandhütten haben mich schon immer fasziniert. Mit ihren leuchtenden Farben und schrulligen Namen suggerieren sie eine optimistische Sicht auf die Welt – eine Idylle am Meer, in der nichts schiefgehen kann.
Aber natürlich gehen Dinge schief. Im vergangenen Sommer habe ich mich bei der Betrachtung einer Reihe von Strandhütten gefragt, was sich tatsächlich so hinter den bunt bemalten Türen abspielt. Jeder weiß, wie schnell ein Urlaub zur Hölle werden kann. Der Druck, sich während dieser kostbaren Wochen zu vergnügen, ist gewaltig. Und sich abseits der Alltagsmühle entspannen zu wollen führt leicht dazu, dass man sich auf das konzentriert, was im Leben falsch läuft. Ärgerliche Angewohnheiten werden zum Anlass für Streitereien, und das Bedürfnis nach einem Drink befällt einen hier früher als zu Hause: eine glückliche Familie zu sein ist nicht so einfach, wie es scheint.
Ich wollte einen Blick hinter die Fassade werfen und die Wahrheit hinter dem Postkartenidyll herausfinden. Hier präsentiert sich eine Mini-Gemeinschaft, ein Ort, an dem alte Freundschaften gediehen, flüchtige Beziehungen geknüpft und Urlaubsaffären angefangen wurden. Ich war mir sicher: In jeder Hütte
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