Für immer, Deine Celia: Roman (German Edition)
nichts mehr erinnern.«
»Der Gedanke, nie wieder mit ihr reden zu können, ist schrecklich«, sagte Bud, und eine Träne rann über ihre Wange, als sie an die Liebe der Großmutter dachte, an die Neugier, wertvoller als jedes Geschenk, und an die besondere Beziehung, die sie genossen hatten. »Sie war eigentlich gar keine von uns«, fuhr Bud fort und starrte hinauf in den dunklen Himmel, obwohl es keinen Zweifel gab, wer die Familie zusammengehalten hatte.
Sie hörte, wie Guy sich räusperte, als suche er nach tröstenden Worten. Vergeblich.
Dann passierte etwas Merkwürdiges. Bud glaubte mit einem Mal in ihrem grenzenlosen Kummer, eine Stimme zu hören: Ich bin noch immer für euch da, aber von jetzt an müsst ihr euch mit einer einseitig geführten Unterhaltung begnügen. Es klang so realistisch – war so exakt das, was ihre Großmutter gesagt hätte –, dass sie das Gefühl hatte, ihren Geist flüchtig gespürt zu haben.
Hatte Guy es auch gehört? Eine Sekunde später sagte er: »Dad spielt mittlerweile bestimmt verrückt. Gehen wir lieber zurück.«
Sarah, die sich schuldig fühlte, weil sie am Vorabend nicht auf die Sorgen der Schwägerin eingegangen war, gab sich besondere Mühe, nett zu ihr zu sein. Das war nicht schwierig, denn alle liebten Mel. Sie war ebenfalls in einer Offiziersfamilie groß geworden und damit die perfekte Frau für Robert, auch wenn Whoopee ihr den reichlich gemeinen Spitznamen »das Kaltblut« gegeben hatte. Obwohl hübsch und attraktiv, fiel sie deutlich gegen die bildschönen Blondinen ab, denen Robert einst den Hof gemacht hatte. Zum Glück ist sie langmütig, dachte Sarah, denn Robert zeigte sich gerade von seiner enervierendsten Seite und kommandierte alle und jeden herum. Zu allem Übel ging der Wein allmählich aus, wie sie es prophezeit hatten. Dennoch widerstand sie der Versuchung, es ihm triumphierend unter die Nase zu reiben.
»Ich hatte keine Ahnung, dass Celia so viele Leute kannte«, bemerkte Mel. »Siehst du das Pärchen dort drüben? Das sind Imker. Sie haben mir gerade erzählt, dass sie mit ihren Bienen gesprochen hat.«
»Das erklärt den Honig«, sagte Sarah und erinnerte sich an die Gläser mit dem flüssigen Gold, die sie im Küchenschrank gefunden hatten. Sie nahm sich vor, die Sache mit den Bienen später Whoopee in amüsanter Form zu erzählen, denn trotz ihrer langen und glücklichen Ehe fürchtete sie noch immer, seinen Ansprüchen nicht zu genügen.
Mel fuhr in ihrer fröhlichen, bestimmten Art fort: »Ich versuche, die Runde zu machen und mit jedem zu reden.« Sarah jedoch entging nicht, dass Mel ihre Tochter Miranda beobachtete, die eine Quiche Lorraine in schmale Stücke schnitt, während sie mit einer Gruppe älterer Nachbarn sprach, die geduldig mit leeren Tellern warteten. Miranda lächelte – natürlich, denn das war gegenwärtig bei ihr ein Dauerzustand. Sarah sah, dass Mel eine unfreiwillige Bewegung machte, als wolle sie auf die Gruppe zugehen und Miranda loseisen, bevor sie zu viel von sich preisgab. Robert glaubte, Mirandas Schwangerschaft sei ein teuflischer Plan, um Schande über die ganze Familie zu bringen.
Mit siebenunddreißig Jahren und als Wirtschaftsprüferin mit Spitzengehalt war sie noch immer Single. Nie hatte die Familie einen Freund kennengelernt. »Sie kann sich Zeit lassen«, hatten Robert und Mel stets erklärt, denn genau das sagten moderne Eltern (auch wenn Mel ihre beiden Kinder mit Mitte zwanzig bekommen hatte). Miranda allerdings sah das pragmatischer.
Als sie den Eltern eröffnet hatte, dass sie schwanger war, wollte sie lediglich deren Segen (für alles andere konnte sie schließlich selbst aufkommen). Ich wäre glücklich gewesen , dachte Sarah, denn im Gegensatz zu Whoopee sehnte sie sich danach, Großmutter zu werden. Auch Mel hatte sich spontan erfreut gezeigt. Einzig Robert hatte Einzelheiten eingefordert. Und kaum war der Begriff »unbekannter Samenspender« gefallen, hatte er sich beide Ohren zugehalten und war aus dem Zimmer gestürmt. Seither ignorierte er Mirandas Schwangerschaft. Aber das Baby wuchs, belastete seine sonst so harmonische Ehe und vergiftete die Beziehung zu seiner geliebten Tochter.
Celia dagegen hatte erstaunlich reagiert. »Ist doch Mirandas Leben«, hatte sie beharrt und Robert insgeheim noch mit dem Zusatz gereizt: »Und sie tut nichts Unüberlegtes.« Außerdem hatte sie von der biologischen Uhr gesprochen. Und einmal hatte die betagte Dame, die lange vor der sexuellen Revolution
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