Fuer immer du
wieder mit jemandem warm wurde. Trotzdem ließ ich es zu, dass auch Mel mich umarmte.
»Deine Haare!«, platzte es aus mir heraus als ich Jenny genauer betrachtete, während sie ihre Jacke an die Garderobe hängte.
Jenny griff sich in di e Locken. »Ja, sie sind schwarz«, sagte sie verlegen und grinste unsicher. »Es wurde Zeit für eine Veränderung.«
»Sie wollte anders aussehen als ich.« Mel zuckte mit den Schultern. »Ehrlich, ich find es gut. Es ist ziemlich nervig, dieses Zwillingsdasein.«
»Und da hat sie sich für schwarz entschieden«, sagte ich völlig überrascht, weil dieser Schritt vom früheren weißblond der Schwestern ein so heftiger war. Aber ich verstand es, weswegen ich mich sofort mit dieser Veränderung anfreunden konnte.
Mel und Jenny fanden es schon als Grundschüler schlimm, von ihrer Mutter in immer die gleichen Kleider gesteckt zu werden. Ihre Mutter hatte dieses Zwillingsding exzessiv betrieben: gleiche Haare, gleiche Kleidung, gleiche Schulranzen … Mir taten die beiden immer leid. Es muss sich angefühlt haben, als wären sie eine einzige Persönlichkeit. Als existierte weder Mel noch Jenny als einzelnes Individuum.
Beide schienen einen Weg aus diesem Teufelskreis herausgefunden zu haben. Jenny hatte sich die Lockenmähne schwarz gefärbt, während Mels Haare noch immer blond waren, dafür aber nur kinnlang. Jenny war etwas fülliger geworden und trug kurze Jeans und ein Tank Top. Mel hatte eine Karobluse und einen Faltenrock an. Während die eine eher lässig wirkte, wirkte die andere bodenständig.
»Ist das toll!«, schwärmte Jenny. »Deine eigene Wohnung.«
Ich rollte mit den Augen und nahm Mel die grüne Plastikschüssel ab.
»Was?« Jenny zuckte mit den Schultern. »Ist doch toll, oder nicht?«
»Du hast die Überwachungsanlage noch nicht gesehen.« Ich lotste die Mädels in die Küche, die wegen der Dachschräge gerade Mal genug Platz für zwei Schränke, einen Herd und den Geschirrspüler bot. Ja, ich besaß einen Geschirrspüler.
Die Schüssel stellte ich auf die Arbeitsfläche und nickte mit dem Kopf zur Wand neben der Tür. Mel und Jenny wandten
sich um und erstarrten zeitgleich. »Eine Sprechanlage?«
»Mit Kamera, ja. In jedem Raum eine, damit ich auch wirkl ich keinen Anruf verpasse, egal wo ich mich gerade aufhalte.«
»Können sie uns jetzt sehen?«
»Nein, nur wenn ich ein Gespräch annehme.«
»Das ist ja wie in einer dieser TV-Shows.« Mel klappte ungläubig den Mund auf.
»Ungefähr. Meine Mutter dachte, eine eigene Wohnung würde mich glücklich stimmen und sie könnte mir beweisen, dass sie mir vertraut«, sagte ich. Ich hob den Deckel von der Schüssel und wusste nicht, ob ich wohlig seufzen oder genervt stöhnen sollte. Mutters Kartoffelsalat. Ich liebte den Kartoffelsalat meiner Mutter, aber auch, wenn sie es nur nett gemeint hatte, hatte sie es doch schon wieder geschafft, sich ungefragt in mein Leben zu drängen. Ich hatte mich bei unserem Einkauf heute Vormittag für eine Menge Süßkram und gegen richtiges Essen entschieden und sie hatte nichts Besseres zu tun, als Kartoffelsalat zu machen.
Jenny untersuchte die Sprechanlage genauer. »Mit dem Vertrauen scheint es nicht weit her zu sein.« Sie klopfte mit dem Zeigefinger gegen die kleine durchsichtige Kuppel, unter der die Kameralinse verborgen war. »Was hast du nur angestellt, dass sie dir so misstrauen?«
»Mir die falschen Freunde ausgesucht?«
Mel lehnte sich gegen einen der Schränke. »Also, nach allem, was du uns von diesem Dave erzählt hast, ist er ein toller Kerl.«
»Das ist er auch. Es liegt auch nicht wirklich an Dave und den Jungs, eigentlich bin ich selber schuld«, sagte ich zögernd und wandte mich von Mel ab, damit sie nicht in mein Gesicht blicken konnte. Ich war noch nicht wirklich bereit zuzugeben, dass meine Mutter nicht ganz Unrecht hatte mit ihrer Entscheidung, mich von Wiesbaden wegzubringen und auf eine Mädchenschule zu stecken. Natürlich wusste ich, dass sie alles Recht der Welt hatte, mich zu bestrafen, aber mein Stolz ließ nicht zu, es einzugestehen. Ich hatte diesen Krieg etwas zu weit getrieben. Trotzdem war ich nicht fähig, mich geschlagen zu geben.
»Cap puccino?«, warf Jenny ein und zog eine Dose lösliches Pulver aus einer Reisetasche.
»Ich besitze keinen Wasserkocher. Wir müssen das Wasser auf dem Herd warm machen«, sagte ich und beförderte einen kleinen Topf aus einem der Schränke.
»Was wollen wir heute anstellen?«
»Supernatural
Weitere Kostenlose Bücher