Fuer immer du
können, würde dieser Einkauf gleich in einigen Favole-Postern gipfeln. Ich hoffte, dass es die mit den Vampiren gab. Etwas, was meine Mutter so wenig leiden konnte, wie meinen Hang zu schwarzer Kleidung.
»Das Regal sieht wirklich toll aus, findest du nicht auch?« Meine Mutter versuchte wieder, mich dazu z u bringen, mit ihr zu reden. Sie wusste ziemlich genau, dass ich keine Lust dazu hatte, und doch konnte sie es nicht lassen. Glaubte sie wirklich, dass eine eigene kleine Wohnung alles wieder in Ordnung bringen würde? Meine Rebellion hatte ihr Ende noch nicht gefunden.
Ihren Anfang nahm sie mit einer gepiercten Zunge, weil ich wusste, dass sie Piercings verabscheute. Mutter wäre fast durch die Decke gegangen, als sie die kleine silberne Perle auf meiner Zunge entdeckt hatte. Zuvor hatte ich es mit bunten Haaren, zerrissenen Jeans und einer Menge dicken Ketten versucht. Aber sie hatte diese Versuche, sie zu provozieren, kaum bemerkt oder absichtlich ignoriert. Erst das Piercing hatte die gewünschte Wirkung erzielt. Sie war so wütend geworden, wie noch nie zuvor. Knallrot im Gesicht hatte sie auf mich eingeschrien. Ihre Fäuste hatte sie fest geballt und ihre Stimme hatte gezittert. Für mich war es ein kleiner Sieg, ihr einmal Gefühle abgerungen zu haben. Nicht einmal Toms Auszug hatte sie so hochfahren lassen. Ich hatte damals einfach das Bedürfnis, meiner Wut auf sie irgendwie Luft zu machen. Irgendwie glaubte ich, wenn ich ihr Gefühle abringen könnte, wäre meiner Rache genüge getan und sie würde endlich aufwachen und etwas unternehmen, um Tom zurück in mein Leben zu holen. Leider hielt die Wirkung nicht lange an und mein errungener Sieg verebbte allzu schnell wieder. Aber dieser Erfolg, so klein er auch war, hatte mir einen Weg gezeigt.
Wir hatten wirklich mal ein gutes Verhältnis. Sie war fast meine Freundin gewesen. Und dann hatte sie Tom einfach gehen lassen, hatte ihn regelrecht ausgetauscht. Damit konnte ich nicht leben. Das konnte ich nicht hinnehmen. Der einzige Ausweg war, fortzusetzen, was Tom begonnen hatte. Nur setzte ich dort an, wo ich wusste, dass es sie verletzen würde, dass sie es hassen würde. Tom hatte seine Attacken auf den neuen Mann im Leben meiner Mutter beschränkt, doch für mich war klar, nicht Stefan war der Feind. Ich wollte meine Mutter treffen.
Meine Mutter war ko nservativ erzogen. Nichts war in ihren Augen schlimmer, als seinen Körper zu verschandeln. Die bunten Haare, die schwarze Kleidung hatten ihr ein mürrisches Grummeln entlockt, aber nicht mehr. Das Zungenpiercing hatte sie toben lassen, aber das hatte mir noch nicht gereicht. Es hatte den Schmerz über den Verlust meines Bruders nicht gestillt. Ich wollte sie leiden sehen, so wie ich litt seit Tom weg war.
Ich lief neben ihr her, während sie den Einkaufswagen zur Kasse schob. An der Kasse gab es Aschenbecher, die aussahen wie Schädel. Ich legte einen zu meinen Gothikpostern in den Wagen.
»Aber, du rauchst doch gar nicht«, sagte sie entrüstet. Ich hatte die Unsicherheit in ihrer Stimme nicht überhört. Die unterschwellige Frage: »Oder vielleicht doch?«
Diese Frage zeigte, wie wenig meine Mutter mich kannte. Wie wenig sie sich für mein Leben interessiert hatte, bis es plötzlich kompliziert geworden war. Doch bis dahin war es einfacher gewesen, die Verantwortung Tom zu überlassen und sich auf das eigene berufliche Voranschreiten zu konzentrieren. Und dann hatte sie mir Tom genommen, die einzige wirkliche Familie, die ich kannte seit Vater uns verlassen hatte.
»Nein«, sagte ich und grinste. »Aber, vielleicht bekomme ich ja mal Besuch. Man muss auf alles vorbereitet sein.«
»Nein, auf keinen Fall!« Sie wurde rot im Gesicht.
Ich zuckte mit den Schultern, wandte mich der Kassiererin zu und freute mich, weil meine Mutter sichtlich schockiert war. Eins zu null für mich.
Im Supermarkt landeten Chips, Cola und eine Unmenge Süßkram in meinem Korb. Alles, was schön viele Kalorien beinhaltete und meiner Mutter ein paar Falten mehr bescherte.
»Willst du nicht auch Mineralwasser mitnehmen? Vielleicht mögen Mel und Jenny so ungesunde Sachen nicht?«, murmelte sie und fasste ihre rostbraunen Haare mit einer Spange zusammen. Sie konnte sich morgens nie für einen Zopf entscheiden, weil sie fand, dass sie mit offenen Haaren besser aussah. Doch im Laufe des Tages band sie ihr Haar immer zusammen, weil sie es nicht leiden konnte, wenn ihr die Strähnen ins Gesicht fielen.
»Warum lässt du sie
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