Für immer in Honig
ihre Reichweite, wer wird sie wann wo gegen wen das erste Mal einsetzen oder damit drohen, und wie kommt man an das im Kriegsfall mit dem Abfeuern dieser Waffe betraute Personal heran, um es für eine Deserteurs- oder, noch besser, Insubordinationsbewegung zu gewinnen, aus der am fortgeschrittensten Frontabschnitt der dreidimensionalen (ökono-misch-militärisch-wissenschaftlich) Gesamtlage so was wie Zündkraft für eine Revolution aufgebracht und angezapft werden könnte?
10 What shall we do with the drunken sailor, soll heißen: Wie kommen wir, als revolutionäre Agitatoren (macht sich leicht, genug Material vorhanden) und Koordinatoren (schon schwieriger) an die einfachen Soldaten ran, an technisches Personal oder den einfachen Trooper, der nach einem SHARP -Schlag ausputzen gehen darf?
Werden nicht sowieso beim Militär, wie überall sonst im Hochkapitalismus seit der dritten industriellen Revolution, immer weniger Leute gebraucht, also auch immer weniger Rebellenpotentiale erzeugt? Erzähl das den Männern und Frauen an Bord der Lagrange-Waffenplattform, die im Gas gestorben sind, den Räumtruppen der NATO -West in den befreiten Städten, den Schutzanzugträgern auf den Schlachtfeldern des Ostens, von Polen bis China, wo die Proto-Rotfeuer- und P.A.S .-Pseudobakter verschossen wurden.
Es gibt immer noch Hi-Tech-Infanterie, das »Paradigma« des Ersten Weltkriegs ist ein von modernen Technologien erzeugtes, das so schnell nicht von noch moderneren Technologien abgelöst werden wird. Diese Typen in ihren Ballistic-Protection-Suits, mit Helmet-Mounted-Image-Display ( HELMID ) – sogar Späths Piraten haben zeitweise welche gehabt, Valerie Thiel trug einen in Turin und Marseille –, Sensoren, welche an den Augenbewegungen des Schützen orientierte Zielhilfen erzeugen, Uplinks zu C3I-Networks (Miri Eisin, die neue Militärdiktatorin von Palästina, hat gerade einen Satz uplinkfähige Suits in Washington bestellt, getestet auf Haiti): Das sind die »Individual Armor Units« ( IAU s) der Gegenwart und nahen Zukunft. Wer soll sie bezahlen? Hat die Zombiekrise wirklich den kriegskeynesianischen Mutterkuchen gefressen, oder ist er gewachsen? Es bilden sich Soldatenräte aus Unzufriedenen, hört man aus Rußland und Afrika – zwei Kontinente, die damit Erfahrung haben –, und Gäste aus den bessergestellten Ländern berichten von den dortigen Kriegen, vom Stand der Dinge. (…) Politische Vernetzung gegen die technische, und mit ihr: So sieht die Aufgabe aus, für die ein Buch wie dieses nicht reicht. Stichworte geben, mehr kann der Verf. nicht, es sei denn [bricht ab]
NEUNUNDVIERZIGSTES KAPITEL
13. Cheschwan, erstes Feldzugsjahr
Jetzt nennen sie mich einen Brigadegeneral – »General Viksheiz«, schreibt die Zeitung der zugewanderten russischen Juden, andere buchstabieren’s »Fikshayce«, und bedeuten will uns das: Ich sage anscheinend dauernd »Fickscheiße«, wenn es heftig wird.
Eine Generalin namens Miri Eisin, die noch die Scharonzeit erlebt hat, schon während der Al-Aksa-Intifada in Hebron stationiert war, ziemlich toughes Mädchen – selbst Jabotinsky hat Respekt vor ihr –, hat sich eingeschaltet. Die von ihr beherrschte Insel hält sich ohne nennenswerte Unterstützung von uns Kapuzinerjüngern seit ihrer Befreiung durch Eisins Truppe, die ganze drei Monate (!) nach dem Totentanz geschah, gegen jeden Ansturm.
Eisin will zwischen Philip und Tel Aviv vermitteln, ihr Interesse scheint ein neuer Staat Israel zu sein, was immer das Adjektiv »neu« bedeutet (außer, banalerweise, daß sie den Versagern, die von der Regierung des alten übriggeblieben sind, das Heft nicht wieder in die Hand geben möchte).
Simon – Schimon, wie er sich jetzt nennen läßt – schwärmt von dieser Panzerlady. Ich glaube, er ist das erste Mal verliebt, und berichtet ansonsten von ihrer großen militärtechnischen Neuerung, dem entscheidenden Einfall, der es ihr erlaubt hat, ihr Territorium so lange zu verteidigen, das Folgende, wenig Erbauliche: »Das größte Problem kurz nach dem Totentanz war Munition, richtig? Woher nehmen und nicht stehlen. So viele Zombies, so wenig Blei. Miri Eisin ist draufgekom men, daß man die Kriegsführung solchen Tatsachen eben anpassen muß – sie hat Klingen schmieden lassen, lange, scharfe Klingen, und eine alte Waffe wieder eingeführt: das Bajonett.«
Mit anderen Worten, Frau Generalin Eisins Leute stechen den angreifenden Toten mit spitzen Dolchen in die Köpfe. Hebron.
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