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Für immer tot

Für immer tot

Titel: Für immer tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Aichner
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sie machen sollen.
    Nichts rührt sich mehr. Keine Hoffnung mehr.
    Nichts.
    Wie sie parken. Aussteigen. Wie Max die Tür aufsperrt. Marktplatz. Würstelstand.
    Es ist Nachmittag. Max und Baroni.
    Sie schließen hinter sich ab, die Fritteuse ist kalt, die Würste liegen friedlich im Kühlschrank. Max nimmt zwei Biere heraus und setzt sich neben Baroni an die kleine Bar. Vier Stehplätze, drei Stühle. Hanni hatte den Stand eingehaust, ihren Kunden ein Dach über dem Kopf gegeben, ihnen im Winter eingeheizt. Sie hatte sich um ihre Stammkunden gekümmert, ihnen ein zweites Wohnzimmer gegeben, fast. Wie oft sie im letzten Jahr hier gesessen sind, auch Baroni, der eigentlich mit dem Dorf nichts zu tun haben wollte, der sich sonst immer im Hintergrund hielt, Abstand hielt zum einfachen Volk. Regelmäßig saß er hier mit Max, schaute Hanni zu, wie sie Krainer einschnitt, Ketchup auf Currywürste drückte, Kren rieb, Senf auf die Papierteller presste. Er genoss es. Max genoss es. Stundenlang saßen sie und lachten. Auf der kleinen Bank, Hanni immer im Blickfeld, ihre Hände in Reichweite, das Bier, das sie ihnen hinschob.
    Hanni Polzers Würstelstand. Bier, Max, Baroni.
    Hannis Hände sind nicht mehr da. Was draußen ist, ist nicht wichtig. Auszeit. Keine Polizei, keine Suchmannschaften, nur die Musik im Radio und wie Max kaltes Bier trinkt. In langen, traurigen Schlucken.
    Wie Hanni Brot schnitt. Wie sie lachte. Wie ihre Brüste hinter der Theke leuchteten. Wie zauberhaft sie war in ihrer weißen, fettigen Schürze. Wie sie nach Fett roch an manchen Tagen und trotzdem attraktiv war. Wie Baroni und Max sie anhimmelten. Weil sie lustig war, schön, herzlich, und viel mehr noch.
    Es wird Abend, die Sonne geht, lässt sie allein. Die Neonröhren leuchten auf im Würstelstand. Wie sie draußen vorbeikommen, stehenbleiben und nach innen starren. Menschen aus dem Dorf, Journalisten. Wie sie fotografieren und filmen, wie sie auf sie zeigen und reden. Max blutig. Baroni mit roten Flecken im Gesicht und einer kaputten Nase.
    Wie Baroni die Jalousien nach unten zieht. Sie bleiben einfach sitzen, weil ihnen die Welt für ein paar Stunden egal ist, weil sie nicht wissen, was sie sonst tun sollen. Niemand weiß es. Was richtig ist, was falsch. Deshalb bleiben sie und trinken, reißen Stöpsel von Flaschen, sie schweigen nebeneinander, reden miteinander, immer wieder schauen sie dorthin, wo Hanni früher stand.
    – Wo er wohl ist?
    – Bestimmt noch in der Nähe.
    – Glaubst du?
    – Ja, er will deine Eier.
    – Unsere Eier, Baroni, unsere.
    – Ich bin mir nicht sicher. Wenn ich an seiner Stelle wäre, würde ich mich irgendwo verkriechen für zwei Wochen und dann still und leise das Land verlassen.
    – Vielleicht steht er aber auch da draußen und zielt auf uns.
    – Wir trinken jetzt auf Hanni, da muss er warten.
    – Der Mann ist verrückt, Max.
    – Ich weiß. Seine Augen, alles, was er getan hat, was er gesagt hat, wie er redet, so kontrolliert. Dass er eine Waffe hat, auf mich geschossen hat. Dass er sie wirklich vergraben hat. Das ist abartig, Baroni.
    – Was jetzt, Max?
    – Ist mir egal.
    – Ist es nicht.
    – Doch, Baroni. Ich kann nicht mehr. Keine Luft mehr. Keine Kraft.
    – Wenn sie stirbt, ist es nicht deine Schuld.
    – Doch, ist es.
    – Du bist nicht Gott, Max.
    – Aber ich hätte sie retten können, und ich habe es nicht getan. Ich hatte dieses Arschloch vor mir, ich hätte ihm sein dreckiges Grinsen aus dem Gesicht schlagen können, ich hätte ihn überwältigen können.
    – Er hätte dich erschossen, Max.
    – Ich hätte ihn fertigmachen können.
    – Du hast zwei ordentliche Wunden, Max. Zwei Wunden, die du dringend behandeln lassen solltest. Zwei Streifschüsse. Ich denke nicht, dass das ein Versehen war. Wenn er gewollt hätte, dass du durch eine seiner Kugeln stirbst, wärst du jetzt tot.
    – Ich weiß es nicht.
    – Was?
    – Was ist, wenn sie stirbt?
    – Es wird nicht deine Schuld sein.
    – Noch ist sie nicht tot.
    – Aber vielleicht bald. Du solltest damit rechnen, Max.
    – Ich sollte mich in mein Bett legen, die Türen absperren und untergehen, ich sollte nie wieder auf-tauchen, ich sollte nicht hier sein. Das sollte ich nicht. Nichts von all dem sollte passieren. Ich sollte sterben.
    – Blödsinn.
    – Ich wollte wirklich springen.
    – Du redest Scheiße, Max.
    – Ich hätte loslassen sollen.
    – Depp.
    – Ich meine es ernst.
    – Von mir aus. In fünfzig Jahren kannst du sterben. Aber

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