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Für immer tot

Für immer tot

Titel: Für immer tot Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Bernhard Aichner
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ist’s ebenso, doch Wölfe hin, Taifune her, die Antwort fällt ihm gar nicht schwer.
    Wagners Lippen bewegen sich.
    Abheben, sagt er.
    Max greift nach dem Telefon und hört Baronis Stimme.
    Kurz nur, wenige Worte. Er dreht sich zur Seite und schaut nach unten, Max sagt nichts, schaut nur und stellt den Lautsprecher an.
    Baroni steht auf seiner Terrasse und schaut nach oben, neben ihm die hölzerne Regentonne, in seinem Arm der Junge. Wie der Junge das Wasser berührt und schreit. Wie die Kinderstimme laut ist am Kirchturm, wie sie durch den Lautsprecher nach oben kommt. Wie gut man den Jungen sehen kann. Seine Stimme, wie die kleinen Füße eintauchen, die Beine.
    Wie Baroni ins Telefon schreit.
    – Ich werde ihn töten, wenn du Max nicht gehen lässt. Ich werde dieses Scheißkind in dieser Tonne ersäufen, wenn du ihm nicht sofort sagst, wo Tilda ist.
    –
    – Hast du nicht verstanden, du krankes Arschloch, Max kommt zu mir, und du machst deinen Mund auf.
    – Was ist das für eine Vorstellung da unten?
    – Ich sage es nicht zweimal.
    – Die Situation scheint Ihnen über den Kopf zu wachsen, Herr Baroni. Das ist kein Fußballspiel hier.
    – Dann stirbt er eben.
    Baroni taucht ihn unter. Das Schreien erlischt, der Kopf des Jungen verschwindet unter Wasser. Baroni drückt ihn mit beiden Händen nach unten, seine Stimme ist laut.
    Rede, schreit er.
    Max starrt nach unten. Der Junge unter Wasser, er kann nicht glauben, was Baroni da tut, dass dieses Kind im Wasser ist, dass er es nach unten drückt, drei Sekunden lang, vier. Wie er den Jungen wieder nach oben zieht. Überall Wasser auf ihm. Baroni außer sich.
    Rede, schreit er.
    Was tun Sie da, schreit Wagner zurück.
    Der Junge brüllt. Er streckt die Arme nach seiner Mutter aus. Max sieht Baroni, wie er den Jungen festhält, ihn an sich drückt. Seine Stimme ist wild, bereit, alles zu tun, sie will Max das Leben retten, sie will nicht, dass er stirbt, dass er das Geländer loslässt, dass er fällt, stirbt.
    – Wo ist Tilda?
    – Sie sollen Ihre dreckigen Finger von dem Jungen lassen.
    – Du sollst mir sagen, wo Tilda ist.
    – Finger weg von ihm.
    – Was sonst? Was willst du machen, du widerwärtiges Dreckschwein? Ich werde deinen Balg jetzt in den Himmel schicken.
    – Dein Freund wird sterben.
    – Dann stirbt dein Kind auch. Du hast die Wahl.
    – Ich will, dass du ihn loslässt, ich will, dass du ihn zu seiner Mutter bringst.
    – Wo ist Tilda? Ich frage nicht noch einmal.
    – Broll weiß, wo sie ist, er weiß es, ich habe es ihm gesagt, hören Sie auf damit.
    – Stimmt das, Max?
    – Ja.
    – Dann wird Max jetzt gehen.
    – Nein.
    – Du sollst ihn jetzt gehen lassen.
    – Nein. Ihr Freund wird jetzt springen.
    – Du willst es nicht anders.
    Max ist fassungslos. Er schaut seinem Freund zu, wie er völlig außer sich gerät, wie er das Kind packt und wieder in die Tonne steckt. Wie er dabei brüllt, zu allem bereit. Baroni, eine reißende Bestie. Wie er um sich schlägt, wie er den Jungen nach unten drückt, bereit, ein Leben zu zerstören, es kaputt zu machen, weil auch alles sonst in Trümmern liegt. Weil alles außer Kontrolle geraten ist, weil Dinge passiert sind, mit denen niemand gerechnet hat. Auch Wagner nicht.
    Dass das Kind da ist.
    Dass es da unten auf der Terrasse ist, in dieser Tonne, dass es um Hilfe schreit.
    Sein Kind. Das Kind, das er geschaffen hat. Mit seinen Händen.
    Max schaut Wagner in die Augen und ist sich plötzlich sicher, dass er Baroni aufhalten wird, dass es nicht dazu kommen wird, dass der Junge nicht länger als ein paar Sekunden unter Wasser sein wird. Niemand wird mehr sterben, niemand. Max weiß es, er will daran glauben. Und plötzlich ist da wieder ein kleines Stück Hoffnung, neben dem Brennen in seiner Schulter, neben dem Blut, das immer noch langsam aus seinem Oberschenkel rinnt. Schnell klettert er zurück über das Geländer, er humpelt.
    Wagner steht neben ihm. Er hat Max das Telefon aus der Hand gerissen, er fleht Baroni an, bettelt um das Leben des Jungen, bittet Baroni, damit aufzuhören. Max sieht, wie die Waffe nach unten geht, wie sie von ihm ablässt. Wagner hält ihn nicht auf, dreht sich nicht nach ihm um, greift nicht nach ihm, schießt nicht.
    Max beginnt zu laufen.
    Kein weiterer Schuss, kein Wort, das ihn stoppt, kein Grinsen, nur die Beine von Max, die über die Treppen fliegen, unter Schmerzen. Dreihundertsechsundsiebzig Stufen nach unten, weg von Wagner. Schnell. Wie es durch seinen Kopf

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