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Fuer immer und ledig - Roman

Fuer immer und ledig - Roman

Titel: Fuer immer und ledig - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henrike Heiland
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beliebt, und es gab dort immer so einiges zu sehen. Meistens allerdings aus der Kategorie »So nicht«.
    Ich hatte in meinem Leben schon alle Brautkleidphasen, die es gibt, durchlaufen: die Meerjungfrau, die klassische A-Linie, das Empirekleid, der bauschige Reifrock-Rüschentraum, die unendlich lange Schleppe, das sexy Minikleid. In meiner Vorstellung hatte ich schon in jedem nur denkbaren Brautoutfit vor dem Altar gestanden und in Anwesenheit einer atemlosen Hochzeitsgesellschaft mein Jawort gehaucht. Wann immer ich ein geeignetes Modell in einem Katalog sah, schnitt ich das Bild aus und klebte es in ein Büchlein, das ich abschließen konnte. Meine Mutter hatte es mir geschenkt und vermutlich gedacht, ich bräuchte es als Tagebuch, aber mich über Brautkleider zu informieren, erschien mir doch deutlich wichtiger, als meine Tagesabläufe festzuhalten. Meine Ansprüche waren sehr schnell gestiegen: Bereits mit fünfzehn wurde mir klar,
dass es ein Brautkleid von der Stange nicht tat. Damals sah ich mich in einem schmalen weißen Mantel mit einer langen Schleppe und weißem Webpelzbesatz an Ärmeln und Kragen, einem silbernen Gürtel, weißen Handschuhen und weißen, kniehohen Stiefeln zum Altar schreiten. Märchenprinzessinnen-Style, klar, aber für eine Hochzeit mit Sicherheit sehr exzentrisch. So und nicht anders, dachte ich noch ungefähr zwei Jahre lang, bis ich mich unsterblich in die Kreationen von Karl Lagerfeld verliebte und an nichts anderes mehr als an eine Hochzeit in Chanel denken konnte. Und seit einer Modenschau, die ich mir vor zwei Jahren im Internet angesehen hatte, war mein Favorit ein extrem winziges Baby-Doll-Kleidchen mit extrem kurzem Reifrock, hintendran eine extrem lange, extrem rüschige Schleppe. Wer sich schon so viele Hochzeitskleider in Katalogen, in Schaufenstern und im Internet angesehen hat wie ich, der kann mit den handelsüblichen Schnitten rein gar nichts anfangen.
    Das Problem war nur, dass so ein echtes Chanelkleid nicht mal eben zu haben war, und selbst wenn ich es eines Tages in einem Schaufenster herumhängen sähe, könnte ich es mir nicht leisten. Außer ich würde meine Eltern entmündigen, um monstermäßige Hypotheken auf ihr Haus aufzunehmen und alles, was ein bisschen Wert hatte, zu verkaufen. Dann könnte ich es mir vielleicht als Secondhandkleid leisten. Deshalb brauchte ich ja Tim, der es mir nachschneiderte. Dass man ihn und mich anschließend mit Plagiatsvorwürfen überhäufen
und an den Haaren vor Gericht zerren würde, war mir egal. Wenn es so weit war, wäre ich längst verheiratet. Mit Jörg. Und der würde ganz schön Augen machen. Vor dem Altar, meine ich. Ja, ich glaube, am allermeisten freute ich mich darauf, wie Jörg vor ungläubigem Staunen über mein Kleid kaum das Jawort herausbrachte. Er kannte mich nur in meinen üblichen Klamotten, und im Nicht-Hochzeitsleben bevorzugte ich Schlaghosen, fröhliche Oberteile und - ganz wichtig - Docs. Die gab es in alle möglichen Formen und Farben, sie waren bequem, sie waren kultig, sie waren vor allem etwas, das nicht jeder hatte - ich kannte niemanden außer mir, der in Docs Klavier spielte! -, und irgendwie gehörten sie mittlerweile zu mir. Jeder andere Schuh schien falsch an meinem Fuß zu sein, drückte und zwickte und machte Blasen.
    Ich konnte es wirklich kaum noch erwarten, Jörg mit meinem Traum von Brautkleid zu überraschen. Aber jetzt musste ich ihm erst einmal »Toi, toi, toi« für seine Vorstellung über die Schulter spucken.
     
    So hüpfte ich gut gelaunt aus der Kostümwerkstatt, um Jörg zu suchen. Jörg war um diese Zeit meist schon in seiner Garderobe. Er war zwanghaft überpünktlich und kam sowohl zu Proben als auch zu Vorstellungen gerne mal mindestens eine Stunde früher als gefordert.
    Normalerweise hatte ich bei den Vorstellungen nichts zu suchen. Ich war die Korrepetitorin, das heißt, ich spielte während der Proben die Klavierversion der
Orchestermusik, damit die Sänger wussten, was sie zu singen hatten, ohne dass jedes Mal gleich das ganze Orchester anrücken musste. Nur vergleichsweise wenige Proben wurden direkt vor der Premiere mit dem Orchester zusammen gemacht, das bis dahin für sich an einem anderen Ort probt.
    Heute aber war ich an der Staatsoper, weil ich bis zum Mittag an der Probebühne »Carmen« geklimpert und anschließend der neuen Requisiteurin meine Hilfe angeboten hatte, mit ihr auf die Jagd nach einem komplizierten Kerzenständer zu gehen, weil sie sich in

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