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Fuer immer und ledig - Roman

Fuer immer und ledig - Roman

Titel: Fuer immer und ledig - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henrike Heiland
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gemerkt, dass er irgendwann angefangen hatte, sich unwohl zu fühlen und sich von mir zu entfernen. Und deshalb hatte ich mich beim Anblick von Tim, der eines sternklaren Abends an der Alster seine Praktikantin küsste, gefühlt, als wäre gerade die Lichtbühne auf mich herabgestürzt.
    Mit diesen Bildern glitt ich in den Schlaf, und aus Tim und seiner Praktikantin, die sich am Jungfernstieg vor der Binnenalster küssten, wurden Jörg und die zweite Geige, die mit absurden Verrenkungen vor einer höflich klatschenden Zuschauermenge Sex hatten. Die Souffleuse befand sich auch unter den Versammelten und schien sich Notizen zu machen.
    Als ich am Abend aufwachte und mich trotz wirrer Träumereien halbwegs wie ein normaler Mensch fühlte,
der Gliedmaßen und Organe in der vorgesehenen Anordnung mit sich herumtrug, erschien es mir das absolut Natürlichste und Notwendigste, mich auf dem Anrufbeantworter des Intendantenbüros für ein paar Tage krankzumelden, um mich statt mit »Carmen« mit meiner Vergangenheit zu beschäftigen.
    Bis tief in die Nacht hinein surfte ich im Internet meinen Exfreunden hinterher, schrieb ihnen Mails oder Facebooknachrichten oder SMS, verabredete mich mit einer ganzen Reihe von ihnen und hatte schließlich einen stolzen Terminplan, den es abzuarbeiten galt. Wenn alles gut lief, hatte ich bis Freitag alle durch und würde ein richtungsweisendes Resümee ziehen können, was meine Beziehungstauglichkeit anging.

3
    Montag.
    Nils wohnte in einem Reihenhäuschen in Niendorf und hatte gerade Vaterzeit. Niendorf lag im Hamburger Norden, ganz in Flughafennähe, und hatte einige besonders schöne Villen und ein bisschen Prominenz vorzuweisen. Das Reihenhäuschen meines Exfreundes lag jedoch weit entfernt von irgendwelchen Promivillen. Es hatte so gar nichts Schönes oder Besonderes. Es war einfach nur ein Reihenhäuschen in einer Straße, die offensichtlich für Menschen mit zwanghaftem Ordnungssinn entworfen worden war. Alles sah exakt gleich aus: die Briefkästen, die Vorgartenbepflanzung, die Vorhänge an den Fenstern. Sogar die Autos waren auf exakt dieselbe Weise geparkt, und die vorherrschende Farbe der Kombis und SUVs war metallicgrau.
    Wir hatten uns kennengelernt, als ich in Leipzig studiert hatte. Er beichtete mir nach vier Monaten einen Seitensprung mit einer Grundschullehrerin, die er vom Schwimmtraining her kannte, und beteuerte, es sei lediglich die Angst gewesen, ich würde nach Hamburg zurückgehen, wo er doch sein geliebtes Leipzig niemals
verlassen wollte, die ihn dazu getrieben habe, sich anderweitig umzusehen, um sich quasi schon mal innerlich von mir zu lösen. Ein Dreivierteljahr später war er mit einer Frau, die nicht die Grundschullehrerin war, nach Hamburg gezogen.
    Nachdem ich eine Viertelstunde sein schmales Haus, seinen kindertauglichen Garten und seinen kreischenden Sohn (Jean-Luc, Nils war ein großer Star-Trek-Fan) bestaunt und innerlich alles unter »Da hab ich ja noch mal Glück gehabt« abgehakt hatte, kamen wir endlich zur Sache. Oder vielmehr, er kam zur Sache.
    »Du trägst immer noch Docs«, sagte er mit schulmeisterhaft hochgezogenen Augenbrauen, während er den weinenden Jean-Luc auf den Knien schaukelte.
    »Das sind natürlich nicht dieselben wie damals«, beeilte ich mich zu sagen. Irgendwie musste ich ja auch mein Fortkommen in der Welt hervorheben. »Ich bin jetzt Korrepetitorin an der Staatsoper«, fügte ich hinzu.
    Er starrte weiter auf meine Schuhe. »Das ist…« Irgendwas klingelte, er sah auf sein Handy und verkündete: »Fläschchenzeit.« Dann verschwand er mit Jean-Luc in der Küche. Ich griff gelangweilt in den Zeitungsständer neben dem Sofa und hielt jeweils eine Ausgabe von »Eltern«, der »Apotheken Umschau« und dem »Alnatura«-Magazin in der Hand. Ich legte die Zeitschriften schnell wieder weg und starrte Löcher in die Luft, bis Nils endlich wiederkam. Er und Jean-Luc waren nun mit Lätzchen ausgestattet, wobei Nils’ Lätzchen bis weit über seine Schultern reichte. Er hielt den
kleinen Schreihals über seine linke Schulter und klopfte ihm rhythmisch auf den Rücken.
    »Wird ihm nicht schlecht, wenn du das machst?«
    »Er muss Bäuerchen«, klärte Nils mich auf.
    »Und was machst du so?«, fragte ich, um irgendwie einen Einstieg zu bekommen. »Also, nach deiner Vaterzeit. Und davor. Also, was arbeitest du? Also, nicht dass das mit dem Kind keine Arbeit wäre«, stotterte ich.
    »Ich habe ein Steuerbüro mit meiner Frau zusammen«,

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