Fuer immer vielleicht
miteinander aus?
Rosie: Ganz gut, ja. Ich hab nur noch circa zehnmal am Tag das Bedürfnis, ihn zu erwürgen.
Alex: Na, das ist doch ein Anfang. Irgendwelche Liebesgeschichten?
Rosie: Was? Mit Brianbrot? Du solltest dir mal den Kopf untersuchen lassen. Dieser Mann ist nur dafür geschaffen worden, Schimmel von den Wänden zu kratzen und den Fußboden abzuschleifen.
Alex: Aha. Und gibt es in deinem Leben sonst jemanden?
Rosie: Ja, allerdings. Eine dreizehnjährige Tochter, einen neuen Job und eine Schublade, in der sich die Rechnungen stapeln. Momentan hab ich alle Hände voll zu tun. Aber mein Nachbar hat mich gefragt, ob ich mich am Wochenende mit ihm verabreden möchte.
Alex: Und? Hast du ja gesagt?
Rosie: Vielleicht sollte ich dir den Nachbarn mal ein bisschen beschreiben, dann kannst du mein Dilemma sicher verstehen. Sein Name ist Sanjay, er ist sechzig Jahre alt, verheiratet, lebt mir seiner Frau und seinen zwei Söhnen zusammen und ist stolzer Besitzer und Chef des indischen Schnellrestaurants, über dem wir wohnen. Oh, und du wirst kaum erraten können, wohin er mich gern zum Essen einladen möchte.
Alex: Wohin denn?
Rosie: In sein indisches Restaurant natürlich. Er hat gesagt, er zahlt.
Alex: Worin besteht dann dein Dilemma?
Rosie: Du bist sooo witzig.
Alex: Wenigstens hast du nette Nachbarn.
Rosie: Und er ist bei weitem nicht der Netteste. Neben mir wohnt der Besitzer des Tattoo-Studios. Er ist vom Scheitel bis zur Sohle nahtlos durchtätowiert, hat wunderschöne weiche lange schwarze Haare, die er zu einem Zopf flicht, und ein sauberes Ziegenbärtchen um den Mund. Er ist gut einen Meter achtzig und läuft immer in Lederhosen, Lederjacke und mächtigen Bikerstiefeln mit Metallkappe rum. Wenn er nicht gerade unten in seinem Laden einem Kunden in der Haut rumbohrt, hört er in der Nachbarwohnung dröhnend laut Musik.
Alex: Das ist mal wieder Rosie-Dunne-Glück – du landest neben einem Heavy-Metal-Fan!
Rosie: Da irrst du dich gewaltig. Der Mann heißt Rupert, ist fünfunddreißig und Absolvent des renommierten Dubliner Trinity College, wo er einen Abschluss in irischer Geschichte und einen Doktortitel in irischer Literatur erworben hat. Sein Idol ist James Joyce, und quer über der Brust hat er ein Zitat von ihm eintätowiert: »Fehler sind das Tor zu neuen Entdeckungen.« Am liebsten mag er klassische Musik, besonders Opern, und wenn er um fünf Uhr nachmittags seinen Laden schließt und Kasse macht, beglückt er für gewöhnlich die ganze Nachbarschaft mit dem Klavierkonzert Nummer 2 in B-Dur, Opus 83 von Johannes Brahms. Danach geht er in seine Wohnung und kocht, wobei er unbeschreiblich leckere Düfte verbreitet. Dann nimmt er sich zum tausendsten Mal Joyces Ulysses vor und lässt dabei »Das Beste von Pavarotti« aus den Lautsprechern schmettern, mit besonderer Vorliebe die Arie »Nessun Dorma«.
Katie und ich kennen inzwischen den gesamten Text auswendig, und Toby stopft sich ein Kissen unters Hemd, steigt auf die Couch und mimt den Opernsänger. Wenigstens kriegen die Kinder dank Rupert ein bisschen Allgemeinbildung. Katie arrangiert auf ihren neuen Tapedecks Nessun Dorma mit großer Begeisterung in immer neuen Dance-Versionen. Brian das Brot hat ihr die Anlage gekauft, worüber ich sehr wütend war, weil ich geplant hatte, sie ihr zu Weihnachten zu schenken. Sie steht aber in Brians Haus und wird auch da bleiben, weil ich die Nachbarn nicht stören möchte. Allerdings weiß ich ehrlich gesagt nicht, warum ich mir darüber überhaupt Gedanken mache, bei dem ganzen Lärm und Gestank hier.
Alex: Wie geht’s denn deinen Eltern?
Rosie: Meinen kosmopolitischen Altvorderen, meinst du? Tja, die genießen ihr neues Leben ohne uns nach Kräften. Mum hat vor kurzem ihren sechzigsten Geburtstag gefeiert und mir zur Feier des Tages eine Karte geschickt, auf der stand: »Strasdwutje aus Russland!« Ich kann mir genau vorstellen, wie die sich amüsieren. Wie so ein älteres Pärchen aus dem Traumschiff. Apropos – was sollten denn vorhin die ganzen persönlichen Fragen über mein Liebesleben?
Alex: Ich möchte gern, dass du jemanden findest, das ist alles. Ich möchte, dass du glücklich bist. Rosie: Alex, ich hab nie bei einem anderen Menschen mein Glück gefunden, das weißt du. Ich hab mich von meinem Mann getrennt, ich will mir nicht gleich das nächste Opfer suchen. Vielleicht will ich das nie wieder.
Alex: Nie wieder ?
Rosie: Möglicherweise. Heiraten werd ich jedenfalls bestimmt nicht
Weitere Kostenlose Bücher