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Für jede Lösung ein Problem

Für jede Lösung ein Problem

Titel: Für jede Lösung ein Problem Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kerstin Gier
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es aber schön hier«, hatte sie damit das Herz meiner Mutter im Sturm erobert.
    »Eine sehr einfache Frau, aber ein Herz aus Gold«, sagte sie später in der Küche, als ich ihr half, die Teller anzurichten. »Eine unmögliche Bluse, die Ärmste, aber wann sollte sie Modebewusstsein entwickeln? Sie ist putzen gegangen, um ihrem Sohn das Studium zu ermöglichen. Und jetzt ist sie sehr stolz darauf, dass Patrick ein so kluges und schönes Mädchen wie Geritilu abgekriegt hat. Eine Studienrätin aus guter Familie.«
    »Und blond«, sagte ich.
    »Und blond«, wiederholte meine Mutter. »Die Kinder der beiden werden entzückend aussehen. Mehr Soße, Tirigerri, aber nur über den Spargel. Deine Bluse ist übrigens auch unmöglich! Man kann durch den BH sehen. Hatte ich nicht ausdrücklich gesagt, du sollst was Anständiges anziehen? Wenn man dich einmal um etwas bittet …«
    »Tut mir leid«, sagte ich. Ich hätte doch besser das »Podolski«-Shirt angezogen.
    »Ach was«, sagte meine Mutter. »Du machst das mit Absicht. Du warst immer schon so: Bloß nicht anpassen!«
    Das Essen war wie immer sehr lecker, auch wenn Arsenius und Habakuk sowohl den Fisch als auch den Spargel verschmähten und ein paar unschöne Dinge mit den Kartoffeln anstellten. Alle waren wie immer, nur mein Vater würdigte mich keines Blickes. Wahrscheinlich war er immer noch sauer auf mich, wegen dem, was ich ihm letzten Montag an den Kopf geworfen hatte.
    Chisola hatte sich auf den Platz neben mich gesetzt und mich schüchtern angelächelt. »Hier, dein MP3-Player. Den brauchst du ja jetzt doch noch selber.«
    »Den kannst du ruhig behalten, Sissi«, sagte ich. (Sissi war mein geheimer Name für sie, das war auf jeden Fall besser als Chissi, wie meine Mutter sie manchmal nannte: Abkürzungen sind nicht unbedingt immer ein Segen.) »Geschenkt ist geschenkt, und wiederholen ist gestohlen.«
    »Aber du bleibst doch jetzt am Leben, oder?«
    Ich seufzte. »Vermutlich«, sagte ich.
    »Spargel schmeckt wie Kotze«, rief Habakuk.
    »Fisch schmeckt wie Rotze«, reimte Arsenius dazu. Wie gut, dass es keine Drillinge geworden waren, sonst hätten die Kartoffeln vermutlich nach … – Egal!
    »Habi! Arsenius! Was soll denn unser Gast von uns denken?«, sagte meine Mutter. Gast, Singular. Patrick zählte offenbar schon zur Familie.
    »Ach, das ist ja so schön, eine große Familie zu haben«, sagte Patricks Mutter. »Ich habe mir immer Geschwister für meinen Patrick gewünscht, aber« – hier seufzte sie – »es hat nicht sollen sein.« Also hatte Patrick schon mal keinen Zwillingsbruder, der als hammerhart31 sein Unwesen im Internet trieb. Schade.
    »Es fehlt ja noch eine von Tigelus Schwestern«, sagte meine Mutter. »Meine zweitälteste Tochter lebt mit ihrer Familie in Venezuela. Ihr Mann ist Diplomat, und unsere Getirika arbeitet als Diplomdolmetscherin. Sie spricht drei Sprachen.«
    »Ach, wie wunderbar. Lauter begabte Töchter«, sagte Patricks Mutter und wandte sich an Tine. »Was arbeiten Sie denn?«
    »Ich bin als Hausfrau und Mutter im Augenblick vollkommen ausgelastet«, sagte Tine würdevoll. »Aber wenn die Zwillinge aus dem Gröbsten heraus sind« – wann würde das wohl sein? – »werde ich in den Schuldienst zurückkehren.«
    »Auch eine Lehrerin«, sagte Patricks Mutter beeindruckt, und meine Mutter platzte fast vor Stolz. Aber als Patricks Mutter sich zu mirumdrehte, hielt sie ihr blitzschnell die Schüssel mit den Kartoffeln hin.
    »Noch einen Nachschlag?«
    »Nein, vielen Dank«, sagte Patricks Mutter. »Das Essen war hervorragend. Wie im Restaurant. So etwas Gutes gönne ich mir sonst ja nicht.«
    »Mama! Als ob du dir kein anständiges Essen leisten könntest!« Patrick war seine Mutter offenbar ein wenig peinlich.
    Patricks Mutter drehte sich wieder zu mir um. »Und was machen Sie beruflich?«
    Meine Mutter sprang auf und begann hektisch die Teller abzuräumen. »Hilfst du mir in der Küche mit dem Nachtisch, Lurige?«
    »Ach, einen Nachtisch gibt es auch noch«, sagte Patricks Mutter.
    »Mama, jetzt tu doch nicht so, als ob du sonst nie Nachtisch bekämst«, sagte Patrick.
    »Gerri ist Schriftstellerin«, sagte mein Vater laut. Meine Mutter blieb stocksteif stehen, einen Stapel Teller in der Hand. Auch die anderen schauten meinen Vater verblüfft an, vor allem ich.
    »Schriftstellerin!«, wiederholte Patricks Mutter. »Oh, großartig. Was schreiben Sie denn? Kenne ich vielleicht was von Ihnen?«
    »Ich …«, begann ich, aber meine

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