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Für Nikita

Für Nikita

Titel: Für Nikita Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Polina Daschkowa
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bei denen er übernachten konnte. Doch Nikita wußte, daß der Auftraggeber des
     Mörders seinen Freundeskreis genau kannte. Mit einem Besuch würde er nicht nur sich selbst in Gefahr bringen, sondern auch
     andere.
    Er fröstelte nach der durchwachten Nacht, und die Augen fielen ihm zu. Er sah sich um und stellte fest, daß er sich auf der
     Sretenka befand. Direkt vor einem billigen kleinen Bistro. Durchs Fenster sah er, wie ein junges Mädchen mit roter Schürze
     über einem Jeansoverall das Schild an derTür umdrehte. »Geöffnet« stand nun darauf. Das Mädchen lächelte und sagte fröhlich: »Guten Morgen.«
    »Morgen«, erwiderte Nikita.
    »Was wollen wir essen? Wir haben Würstchen mit Kraut und Lachsbrote. Aber der Lachs ist sehr salzig, davon würde ich Ihnen
     abraten. Wenn Sie wollen, kann ich Ihnen Eier mit Schinken braten.«
    »Ja, gern.« Er lächelte.
    »Und Kaffee?«
    »Ja. Möglichst stark.«
    Er setzte sich an einen Tisch, sah zu, wie das dünne junge Mädchen, das er nicht kannte, für ihn Frühstück machte, und fand
     plötzlich, daß es keinen Grund gab, den Kopf hängenzulassen. Er hatte doch schon seit langem vor, sich ein Notebook zu kaufen.
     Jetzt war genau der richtige Moment dafür. Geld hatte er zum Glück noch mitnehmen können. Und wo er ein Dach überm Kopf herbekam,
     das würde ihm auch noch einfallen. Er könnte für einen Monat ein Zimmer mieten, das war heutzutage kein Problem. Hauptsache,
     er führte zu Ende, was er angefangen hatte und weswegen er nun umgebracht werden sollte. Er mußte ihnen zuvorkommen.
    Das Mädchen stellte eine kleine, zischende Pfanne vor ihn auf den Tisch. Nachdem er noch zwei Gläser starken süßen Kaffee
     getrunken hatte, fühlte er sich bedeutend besser. Er lehnte sich entspannt zurück, sog an seiner Zigarette und schloß die
     Augen.
    »Sie haben Blut auf der Wange«, sagte das Mädchen und legte ihm die handgeschriebene Rechnung hin, »es quillt unterm Pflaster
     raus, und zwar ziemlich heftig.«
    »Ich weiß.« Er berührte die Wange. »Ich hab mich beim Rasieren geschnitten.«
    Das Mädchen sah ihn immer durchdringender an, undihm wurde unwohl. Sie war ein nettes Mädchen und hatte ihm ein prima Spiegelei gebraten, aber es war absolut unnötig, daß
     sie den Schriftsteller Viktor Godunow erkannte. Er zahlte und verließ rasch das Bistro, nahm eine rauchgraue Brille aus der
     Tasche und zog sich die alte Wildledermütze tief ins Gesicht.
    Nach mehreren Interviews im Fernsehen und in Illustrierten wurde er immer häufiger erkannt. Manchmal amüsierte ihn das, manchmal
     ärgerte es ihn. Jetzt jedenfalls konnte er es gar nicht gebrauchen. Je weniger Menschen ihn beachteten, um so besser. Allerdings
     würde wohl kaum jemand vermuten, der lange, blasse, vor Angst und Müdigkeit gebeugt gehende Mann mit dem Pflaster auf der
     Wange, in abgewetzten Jeans und ausgelatschten Turnschuhen und mit einer gewaltigen Reisetasche aus billigem Kunstleder über
     der Schulter könne der berühmte Krimiautor Viktor Godunow sein.
    In der Computerabteilung der Buchhandlung »Globus« wurde er dennoch erkannt.
    »Sind Sie es, oder sind Sie es nicht?« fragte ihn der junge Verkäufer.
    »Wahrscheinlich bin ich es wohl.« Nikita lachte spöttisch und betrachtete ein Toshiba-Notebook, das zweitausend Dollar kostete
     und nur zweieinhalb Kilo wog. Ein flaches kleines Gerät mit großem Monitor.
    »Könnte ich ein Autogramm bekommen?« fragte der Verkäufer und hielt ihm den »Tag des Mondsüchtigen« hin. Diese Ausgabe kannte
     Nikita noch gar nicht. Die Abbildung auf dem Taschenbuch war neu, allerdings genauso blöd wie die davor. Ein Jüngling würgte
     eine vollbusige Schönheit. Vorher war der Jüngling dunkelhaarig gewesen und die Schönheit blond, nun war es umgekehrt. Und
     die Posen waren etwas anders. Der Roman enthielt weder solcheFiguren noch eine derartige Situation. Aber die Verleger mußten ja wissen, welche Umschläge die Lesermassen anzogen.
    »Ich heiße Sergej«, sagte der Verkäufer.
    »Sehr angenehm.« Nikita nahm ihm den Stift ab und schrieb: Für Sergej zur Erinnerung vom Autor.
    Der Verkäufer beriet ihn lange und ausführlich bei der Wahl des Notebooks und demonstrierte dabei, wie gut er sich nicht nur
     mit Computertechnik auskannte, sondern auch mit Krimis. Schließlich verließ Nikita den Laden mit genau dem Toshiba-Notebook,
     das er von Anfang an im Auge gehabt hatte.
    Es fiel ein feiner Nieselregen. Mit dem Computer in der Tasche

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