Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Für Nikita

Für Nikita

Titel: Für Nikita Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Polina Daschkowa
Vom Netzwerk:
die Schule,
     sie hungern, und Sie behaupten, das sei normal? Ich wurde k. o. geschlagen und rausgeworfen, und Sie wollen mir klarmachen,
     das hätte ich mir nur eingebildet?«
    »Na klar, natürlich«, Viktjuk lachte. »Ich stecke mit denen unter einer Decke. Kommen Sie, Iwan Pawlowitsch, wir wollen uns
     beruhigen und zusammen überlegen, was tun.«
    »Ich bin nicht hier, damit Sie mich trösten«, sagte Jegorow finster und merkte, daß er errötete. »Wenn Sie mir nicht glauben
     und sich mit dem Fall nicht befassen wollen, dann sagen Sie das gleich.«
    »Nicht doch, Iwan Pawlowitsch, warum sollte ich mich nicht damit befassen wollen? Ich werde alles über diese Gruppe herausfinden.
     Wir setzen jetzt gleich die nötigen Papiere auf, und in Kürze bekommen Sie umfassende Informationen. Es wird nicht viel kosten.«
    »Gut. Danke. Setzen wir die Papiere auf.«
    Jegorow verstand nichts von Verträgen. Er begann, die zahlreichen Punkte und Unterpunkte über die Rechte und Pflichten der
     vertragschließenden Seiten zu lesen, merkte aber bald, daß seine Augen blind über die Zeilen glitten, als habe er Hieroglyphen
     vor sich.
    »Ist Ihnen etwas unklar?« erkundigte sich Viktjuk teilnahmsvoll.
    »Nein, wieso? Alles klar.«
    Er unterschrieb an den angekreuzten Stellen, zahlte gegen Quittung einen Vorschuß und ging hinaus an die frische Luft. Am
     Tor blieb er kurz stehen, um sich eine Zigarette anzuzünden, doch das Feuerzeug streikte. Aufgeschreckt von einem wütenden
     Hupen, konnte er gerade noch beiseite springen. Ein nagelneuer dunkelroter Volvo bog in die Einfahrt. Endlich hatte Jegorow
     die Zigarette angezündet, nahmeinen tiefen Zug, der ihn ein wenig beruhigte, und sah hinüber zu dem Auto, das ihn beinahe umgefahren hätte.
    Der Volvo hatte eingeparkt. Ein kräftiger, nicht sehr großer Mann in kurzem Schafpelz stieg aus und eilte zum Hauseingang.
     Jegorow erstarrte mit der Zigarette in der Hand. Er traute seinen Augen nicht. So ein glücklicher Zufall! Der Mann konnte
     ihm besser helfen als jeder Privatdetektiv.
    »Grischa! Grigori Petrowitsch, warte mal!«
    Russow blieb abrupt stehen.
    »Grüß dich, Iwan. Ich hab dich gar nicht erkannt. Was machst du denn hier?« Sein Gesicht spiegelte weder Freude noch Erstaunen.
     Er drückte Jegorow mechanisch die Hand und sah auf die Uhr.
    »Grischa, wie gut, daß ich dich treffe!« sagte Jegorow atemlos. »Hör zu, ich habe ein Problem. Du arbeitest doch im Bildungsministerium,
     oder?«
    »Na ja, fast.« Russow nickte. »Wieso? Worum geht es denn?«
    »Verstehst du, meine Oxana, die spinnt total, sie ist mit den Kindern in so eine komische Sekte geraten, und ich kriege nichts
     raus. Ich habe gerade einen Privatdetektiv engagiert.« Er nickte hinüber zu den Messingschildern am Hauseingang.
    »Entschuldige Iwan, ich bin sehr in Eile.« Russow verzog nervös das Gesicht. »Schön, dich zu sehen, aber ich hab es eilig,
     entschuldige, Alter. Hier, meine Visitenkarte, ruf mich an.« Er klopfte Jegorow auf die Schulter, drückte ihm eine Hochglanzvisitenkarte
     in die Hand und ging ins Haus. Lautlos schloß sich die schwere Eichentür hinter ihm.
    Jegorow studierte eingehend die Visitenkarte. Goldgeprägte Lettern, auf der einen Seite russisch, auf der anderen Seite englisch.
    »Bildungsministerium von Rußland. Grigori Petrowitsch Russow, stellvertretender Minister, Vorsitzender des Rates für die Zusammenarbeit
     mit alternativen Kultur- und Gesundheitsvereinigungen« las Jegorow und freute sich noch mehr. Jetzt würde alles gut werden.
     Grischa hatte Verbindungen. Sie waren zwar nie direkt Freunde gewesen, aber immerhin zusammen aufgewachsen. Und vor fünfundzwanzig
     Jahren waren sie zusammen aus Sinedolsk gekommen, um Moskau zu erobern.
     
    Wie oft schon hatte der Schriftsteller Viktor Godunow zusammen mit seinen Helden den kosmischen Hauch der Todesangst gespürt,
     wie oft schon hatten die von ihm erdachten Menschen ihren eigenen Herzschlag wahrgenommen wie ein betäubendes Dröhnen, wenn
     sie wußten, daß jeder Schlag der letzte sein konnte! Doch der Schriftsteller Viktor Godunow ersann immer einen cleveren Schachzug,
     der seine Helden rettete.
    Nun mußte er sich selbst retten, einen lebendigen, erschöpften Mann, vom Mairegen naß bis auf die Knochen. Doch außer ziellosem
     Umherirren durch das verschlafene Moskau fiel dem beliebten Krimiautor nichts ein. Er hatte in Moskau viele Freunde und Bekannte,
     die er ohne weiteres anrufen oder besuchen und

Weitere Kostenlose Bücher