Für Sloane ging sie durchs Feuer
kreuzte die Hände im Genick und schloss sekundenlang die Augen.
Es war ein wunderbar friedlicher Morgen. In den umliegenden Bäumen und Büschen gaben die Vögel ein Konzert. Es roch nach frisch geröstetem Speck und Kaffee nach Cowboyart. Dazu das perfekte Stillleben auf dem Tisch und nicht zuletzt diese attraktive Frau, die sich fürsorglich um ihn bemühte. Einen Augenblick lang fragte er sich, wie es wohl sein mochte, wenn man diese Idylle jeden Tag genießen konnte. Womöglich gab es Ehen, in der das tatsächlich funktionierte. Aber ob es auf Dauer das Richtige für ihn war, bezweifelte er.
Katy brachte eine Platte mit Brateiern und Speck, dazu einen kleinen Flechtkorb mit einem runden Brotlaib. Als sie noch einmal ins Haus ging, um den Kaffee zu holen, scharrten Schritte auf der Vorderseite des Hauses.
»Miss Warlock!«, rief eine Stimme. »Miss Warlock, sind Sie zu Hause?«
Lassiter faltete die Serviette auf und breitete sie auf seinem Schoß aus. Dann nahm er den Brotlaib, schnitt zwei Scheiben ab und legte sie auf seinen und Katys Teller.
»Du hast Post, Lassiter.« Katy kam um das Haus herum.
»Post?«
»Von Starkey & Garrison , einer Rechtsanwaltskanzlei aus San Francisco«, erwiderte sie.
Lassiter wischte sich über die Augen. Von einer Sekunde zur anderen hatte er keinen Blick mehr für die Idylle, die ihn umgab. Er hatte Post von dem Kontaktmann der Brigade Sieben. Vermutlich verfügte Rod Starkey über neue Erkenntnisse im Fall Martha Coffins.
»Soll ich den Brief beiseitelegen?«, fragte Katy.
»Nein, gib ihn mir.«
»Reicht es nicht, wenn du ihn nach dem Frühstück liest?«
»Nein. Es könnte wichtig sein.« Er nahm das Kuvert und schlitzte es auf.
Katy goss Kaffee in die rustikalen Becher und setzte sich auf den Hocker neben ihn.
Lassiter überflog den knappen Text. Danach ließ er das Papier sinken und richtete seine Augen auf den nahezu wolkenlosen Texashimmel.
»Gute oder schlechte Nachrichten?«, forschte Katy, während sie den Röstspeck und die Eier auffüllte.
»Teils, teils«, sagte er einsilbig.
Er studierte den Text ein zweites Mal und kam nicht umhin, mit dem Kopf zu schütteln. Starkey teilte ihm mit, dass er seine Schreibkraft, Miss Marbury, hochkantig gefeuert hatte. Die Frau war eine Spionin gewesen. Ein Spitzel hatte herausbekommen, dass sie in Verbindung mit Belinda McDermott, der Senatorenwitwe, stand. Leider hatte der Informant nicht erfahren können, was die beiden ausgeheckt hatten. Starkey traute der missgünstigen Witwe nicht über den Weg. Sie wusste von der unehelichen Tochter ihres verstorbenen Mannes. Vermutlich plante sie bereits irgendeine Sauerei. Zu guter Letzt warnte Starkey Lassiter, ab sofort größte Vorsicht walten zu lassen.
»Ist es wegen Martha?«, riss ihn Katy aus den Grübeleien.
Er nickte. »Die ganze Welt scheint sich gegen dieses Mädchen verschworen zu haben.«
»Nicht die ganze Welt. Du, ich und ein paar andere Leute sind auf ihrer Seite.«
»Ja, das ist wahr.« Er aß von dem Bratei.
»Wann, glaubst du, wird es zu einem neuen Prozess kommen?«, wollte Katy wissen.
»Die Kanzlei in Frisco hat sich schon mit dem Gericht in Verbindung gesetzt.« Lassiter kaute, ohne zu schmecken. »Es könnte sein, dass du bald eine Vorladung bekommst. Halte dich bereit, Katy.«
»Kein Problem.« Sie trank einen Schluck Kaffee, dann ließ sie plötzlich den Becher sinken. »Was mir gerade einfällt: Wann wolltest du eigentlich nach Dallas fahren, ins City Prison?«
Lassiter zögerte. »Noch heute«, sagte er dann.
Um ein Haar wäre Katy der Becher aus der Hand gefallen. »Heu-heute?«
»Mit der Mittagskutsche«, versetzte Lassiter, der ahnte, dass er Katy damit einen Tiefschlag versetzte. »Ich wäre so gern noch ein paar Tage hiergeblieben, das kannst du mir glauben, Katy. Aber ich kann’s mir nicht aussuchen.«
Sie probierte ein Lächeln, aber es misslang. »Nein, natürlich nicht.«
Die nächsten Minuten sprach niemand ein Wort.
Als sie mit dem Essen fertig waren, räumte Katy schweigend den Tisch ab. Lassiter wusch sich an der Tonne. Als er sich trocken rieb, streifte sein Blick die kleine Hütte, die Katy als Werkstatt benutzte.
Unversehens stutzte er. Vor der Tür waren einige Fußabdrücke im losen Sand zu sehen, die ziemlich frisch waren. Einem jähen Impuls folgend, trat er näher und stellte seinen Fuß neben einen der Abdrücke.
Sein Fuß war mindestens zwei Nummern größer als der Abdruck im Sand. Er dachte angestrengt nach,
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