Für Sloane ging sie durchs Feuer
Kopf aus dem Fenster.
»Clara! Ich befehle dir, hierzubleiben. Ich …«
Die Frau unterbrach ihn. »Du kannst mir gar nichts befehlen, Al. Du bist nicht mein Vorgesetzter. Ich bin erwachsen! Kapiere das endlich!«
Jäh wurde die Kutschentür aufgerissen.
Eine vollbusige Frau mit hochgestecktem Rotschopf kletterte in die Gondel. Sie hatte ein blaues Auge und eine geschwollene Oberlippe.
»Clara! Du kannst jetzt nicht wegfahren!«, brüllte der Mann. »Du bist meine Frau, vor Gott und der Welt!«
»Leck mich!« Die Frau zwängte sich neben Batista auf die Bank.
Batista kannte sie vom Sehen, Clara war die Gattin des Storekeepers Pettigrew, der einen kleinen Ramschladen in der Main Street betrieb. Glaubte man dem Gerede der Leute, hatte sie ein ernstes Problem mit der ehelichen Treue. Das schien auch der Grund für ihr verunstaltetes Gesicht zu sein. Offensichtlich hatte ihr Göttergatte ihr eine Tracht Prügel verabreicht, weil er ihr auf die Schliche gekommen war. Nun suchte sie ihr Heil in der Flucht.
Schon tauchte Pettigrew neben der Kutsche auf. »Clara! Sofort steigst du aus! Du gehörst zu mir!«
»Jetzt nicht mehr«, konterte sie. »Such dir doch eine Neue. Ich habe die Nase voll von dir.«
»Wir sind verheiratet, Clara!«
»Darauf pfeife ich!«
Al Pettigrew wollte durch das Fenster nach ihr greifen, aber Clara schlug seine Hand beiseite. »Hilfe!«, rief sie. »Er will mich schon wieder schlagen!«
»Unsinn, ich will, dass du aussteigst, mehr nicht.«
»Der Zug ist abgefahren.« Sie klopfte an die Wand. »Kutscher, warum fahren Sie nicht los?!«
Batista bemerkte, dass Lassiter ein Grinsen verkniff. Auch in den Augen des Marshals blitzte es verdächtig.
»Clara! Um alles in der Welt!«, Pettigrew verlegte sich aufs Flehen. »Bitte komm zurück! Ich verzeihe dir auch deine Affären, aber bleib bei mir. Was soll ich denn ohne dich tun? Der Laden, das Haus …«
»Das hättest du dir früher überlegen müssen.« Sie schob das Fenster zu und wandte sich an ihre Mitreisenden. »Sieht so aus, als hätte ich den falschen Mann geheiratet«, verkündete sie im Brustton der Überzeugung.
Alle enthielten sich eines Kommentars.
Batista betrachtete die Frau aus den Augenwinkeln. Vielleicht konnte ihm diese verruchte Lady noch nützlich sein. Er hatte da schon so eine vage Idee. Allerdings musste er vorher ihr Vertrauen gewinnen.
Er entschied, sofort Nägel mit Köpfen zu machen.
Aus seinem Reisesack entnahm er eine angebrochene Flasche Brandy. »Ich denke, ein Schnaps ist jetzt genau das Richtige für Sie, Ma’am«, sagte er zuckersüß.
Clara wandte sich ihm zu.
»Bitte, nehmen Sie nur.« Er lächelte, wobei er sich wie ein Idiot vorkam. Lächeln gehörte nicht unbedingt zu seinen Stärken, aber es musste nun mal sein. Mit Speck fing man Mäuse. »Es ist ein vorzüglicher Brandy aus Übersee, man nennt ihn Cognac.«
»Echter Cognac?« Ihr Interesse wurde wach.
»Geht runter wie Öl«, versprach er.
Clara Pettigrew griff zögernd zu. Als sie die Flasche in der Hand hielt, knabberte sie an ihrer Unterlippe.
»Ich hab noch nie Schnaps aus der Flasche getrunken«, bekannte sie.
Aber dann, mit einem Ruck, setzte sie den Brandy an die Lippen und nahm einen kräftigen Zug. Als sie die Flasche wieder absetzte, bedachte sie den Spender mit einem strahlenden Augenaufschlag.
Der erste Schritt ist immer der schwerste, dachte Batista undlächelte wiede r. Aber wie es aussieht, bist du mir schon ins Netz gegangen, du rothaarige Närrin.
» Danke, Mr ….? «
» Batista«, half er. »Yago Batista.«
Unversehens gab es einen kräftigen Ruck. Der Wagen fuhr an, geriet ins Wanken, und vom Kutschsitz dröhnte die kräftige Stimme des Fahrers.
Batista war mit dem Stand der Dinge hochzufrieden. Bei der ersten Rast würde er einen neuen Annäherungsversuch starten. Ehe sich diese Busenlady versah, hatte er ihr den Kopf verdreht und sie fraß ihm aus der Hand.
Mit diesem erquickenden Gedanken lehnte er den Kopf gegen die Lehne. Eine Zeitlang dämmerte er vor sich hin. In der Kutsche sprach niemand ein Wort.
Sanft glitt Batista in den Schlaf hinüber.
***
Geschlafen hatte auch Martha Coffins – aber plötzlich bekam sie keine Luft mehr und schrak auf.
Das Erste, was sie sah, war das wutverzerrte Gesicht von Dish. Das Mannweib hatte sie am Hals gepackt und drückte ihr die Kehle zu.
Martha röchelte, strampelte mit den Beinen und wollte den Quälgeist fortschleudern. Aber Jane Fox, die Giftmischerin,
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