Für Sloane ging sie durchs Feuer
zu, und Martha war allein mit der Giftmörderin. Jane Fox presste sich mit dem Rücken an die Wand. Sichtlich verängstigt schielte sie auf ihre Mitgefangene.
Martha wunderte sich. Eigentlich hatte sie damit gerechnet, dass die Wachmänner ihr die Hölle heißmachten. Immerhin hatte sie eine Zellengenossin ins Krankenrevier befördert. Doch Foster und Beckett hatten Milde walten lassen. Offenbar zählte Dish nicht gerade zu ihren Lieblingsgefangenen.
Martha starrte Jane Fox an und streckte eine Hand vor. »Ich will den Ring zurück!«
Die Giftmörderin zögerte.
»Den Ring!«
Jane Fox nahm ganz langsam die Hand hinter dem Rücken hervor. Sekundenlang betrachtete sie das funkelnde Beutestück. Dann warf sie den Ring Martha zu, die ihn geschickt aus der Luft pflückte.
»Wenn Dish zurückkommt, wird sie kurzen Prozess mit dir machen«, knurrte sie.
»Abwarten«, sagte Martha kaltblütig.
Jane Fox knabberte nervös an ihren Fingernägeln.
Martha fixierte die stangendürre Frau aus engen Augenspalten. Einem jähen Impuls folgend, wies sie auf den umgekippten Blecheimer.
»Worauf wartest du, Fox?«, sagte sie dumpf. »Glaubst du, ich räume den Dreck weg? Also los, schwing deine Hufe, aber ’n bisschen flott!«
Die Giftmörderin ballte die Fäuste, auf einen Schlag hatte ihr Teint eine leichenblasse Färbung angenommen.
Martha spreizte drohend die Finger. »Okay, wenn du es drauf ankommen lassen willst, bitte sehr. Des Menschen Wille ist das Himmelreich.«
Endlich tat Jane Fox, was man ihr befohlen hatte.
***
» By gosh , ich kann mir nicht helfen«, sagte Hank Stafford. »Ich würd meinen letzten Pokerchip darauf verwetten, dass ich diesen Batista schon einmal gesehen habe.«
Sie standen zu dritt neben der Schwarzeiche, nur ein paar Schritte von der Kutsche entfernt, Lassiter, Katy Warlock und der Marshal aus San Carlos. Die coachdriver hatten die Zugpferde ausgespannt und auf einer nahe gelegenen Wiese zum Grasen angepflockt. Batista und Clara Pettigrew waren auf die Kuppe eines Hügels gestiegen und unterhielten sich angeregt.
Lassiter spähte zur Anhöhe empor und hob eine Schulter. »Ich kenne den Mann nicht«, stellte er fest. »Wie es aussieht, hat er ein Auge auf unsere lebenslustige Strohwitwe geworfen.«
Katy schüttelte missbilligend den Kopf. »Clara Pettigrew ist unverbesserlich. Kaum ist ihr Mann außer Sicht, hat sie sich den nächsten geangelt.«
»Woher kenne ich ihn bloß?«, sinnierte Stafford. »Es will mir einfach nicht einfallen.«
»Bis zur Bahnstation ist es noch ein gutes Stück Weg«, sagte Lassiter. »Bestimmt kommt Ihnen noch die Erleuchtung. Ich hoffe nur, Sie haben den Mann nicht in allzu schlechter Erinnerung.«
»Da bin ich mir nicht so sicher.« Stafford ging kopfschüttelnd zu den Kutschern auf die Wiese.
Jetzt sah auch Katy zur Hügelkuppe. »Soviel ich weiß, hat es auch Duke Sloane mit Clara getrieben«, fiel ihr ein. »Unglaublich, wie er die arme Martha hintergangen hat. Das hat sie wirklich nicht verdient.«
»Nicht verdient?«
»Sie hat Duke geliebt, wie man einen Menschen nur lieben kann«, sagte Katy pathetisch.
»Das mag sein«, versetzte Lassiter. »Aber niemand hat sie gezwungen, mit diesem Windhund zusammen zu sein. Sie tat es aus freien Stücken. Jederzeit hätte sie die Verbindung lösen können. Martha ist eine erwachsene Frau. Sie ist selbst für ihr Handeln verantwortlich. Manchmal muss man eben die Notbremse ziehen, wenn irgendwas in die falsche Richtung läuft – bevor das Kind in den Brunnen gefallen ist.«
Katy runzelte die Stirn. »Du kannst klug reden, amigo. Wenn man verliebt ist, sieht man die Dinge durch eine rosarote Brille.« Sie boxte ihm in die Rippen. »Warst du denn noch nie verliebt?«
Er rückte seinen Stetson zurecht. »Das möchtest du gern wissen, was?«
»Ach, so wichtig ist das nun auch wieder nicht.« Scheinbar gleichgültig wechselte sie das Thema. »Du hast mir noch immer nicht erzählt, aus welchem Grund du Martha aufsuchen wolltest. Immerhin bist du extra aus Kalifornien gekommen. Ich finde, es wird allmählich Zeit, dass du mir reinen Wein einschenkst. Meinst du nicht?«
Er hakte sie unter. »Lass uns ein Stück gehen.«
Arm in Arm schlenderten sie den von Spurrillen zerpflügten Trail entlang. Von Südwesten zogen dickbäuchige, perlgraue Wolken heran. Es sah nach Regen aus. Jenseits des Hügels, auf dem Batista und Clara standen, erklang das schaurige Geheul eines einsamen Coyoten.
Lassiter überlegte, ob es
Weitere Kostenlose Bücher