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Fürchte dich nicht!

Fürchte dich nicht!

Titel: Fürchte dich nicht! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Grafit
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Ein Kopf mit helmartigen blonden Haaren geriet in sein Blickfeld. Eichkorn.
    Der Kopf begann zu sprechen: »Sie sind ein zäher Bursche, Geis. Hätte nicht gedacht, dass Sie das überleben.«
    Eichkorn stellte etwas ab. Geis drehte sich mühsam auf die Seite und sah, dass der Wissenschaftler eine Spritze aus einem Arztkoffer nahm.
    »Es war ein Fehler, Sie nicht gleich zu töten. Viola hat einen Narren an Ihnen gefressen. Ich wollte ihr die Gelegenheit geben, von Ihnen Abschied zu nehmen. Stattdessen leben bei ihr alte Gefühle auf. Das kann ich nicht dulden, das verstehen Sie doch?«
    »Sie wissen nichts über Viola«, sagte Geis.
    »Tatsächlich?« Eichkorn zog die Spritze auf. »Da muss ich Sie enttäuschen. Ich weiß alles, jedes Datum, jedes Ereignis in ihrem Leben. Ich kenne alle Menschen, mit denen sie in den letzten Jahren zu tun hatte. Als mir Viola zum ersten Mal begegnete, bei diesem Vortrag von Professor Walter über transgene Mäuse, da spürte ich sofort, dass wir Seelenverwandte waren. Angstverwandte. Viola und ich, wir wurden von den gleichen Dämonen gejagt und hatten die gleiche Hoffnung: unsere Angst zu verlieren. Ich begann, mich für ihr Leben zu interessieren, und fand heraus, dass es dieses dunkle Kapitel gab, ihre letzte Forschungsreise in den Kongo. Und dann lief mir der alte Säufer Wesseling über den Weg. Verstehen Sie, was das bedeutete, Geis? Es war ein Zeichen. Ein Zeichen, dass Viola und ich füreinander bestimmt sind. Wesseling erzählte mir von der Frau im Kongo, von der Forscherin hinter der Holzwand, in deren Armen ein junges Mädchen starb, von ihrer Verzweiflung und ihrem Mut. Ich weinte vor Glück, als ich begriff, dass Viola mir auf diesem Weg ihr Geheimnis anvertraut hatte. Und dass ich auserwählt war, ihre Angst zu besiegen. Während ich meine Forschungen vorantrieb, sammelte ich jegliches Material, das ich von und über Viola finden konnte: Fotos, Texte, persönliche Dinge, die sie in den Abfall geworfen hatte. Ich habe sie heimlich gefilmt, ich weiß, auf welcher Seite sie nachts schläft und wie viel Zeit sie morgens im Bad verbringt.«
    »Sie sind ein Arsch«, sagte Geis. »Sie wissen nichts.«
    Ein helles Geräusch drang aus den nebenan gelegenen Räumen herüber, als ob ein Teller oder eine Tasse zu Boden gefallen wäre.
    Eichkorn lauschte einen Moment, bevor er ein Gummiband um den Oberarm des Polizisten wickelte und es strammzog. »Sie können nichts annähernd Vergleichbares vorbringen. Was ist von den paar Tagen hängen geblieben, die Sie mit Viola verbracht haben? Ist sie nicht austauschbar, eine von den vielen Frauen in Ihrem Leben? Haben Sie eine Vorstellung von der Einzigartigkeit ihres Wesens?«
    »Ich kenne ihre Seele«, sagte Geis. »Die können Sie nicht filmen, die finden Sie nicht im Abfall.«
    »Seele?« Eichkorn lachte auf. »Was soll das sein?«
    »Etwas, was Sie nicht haben.« Geis hob den anderen Arm, um Eichkorn zu schlagen, doch auf halbem Weg verließ ihn die Kraft, der Arm fiel auf die Bettdecke wie ein abgebrochener Ast.
    »Wie armselig«, spottete Eichkorn. »Wenn Viola sehen würde, was aus ihrem Helden geworden ist.«
    »Das tue ich«, hörte Geis Violas Stimme.
    Eichkorn fuhr herum. »Du? Was machst du hier? Wo ist Saskia?«
    »Ich habe sie schlafen gelegt.« Viola zielte mit einer Pistole auf die Brust des Wissenschaftlers. »Und mir ihre Waffe ausgeliehen.«
    »Was soll das, Viola?« Eichkorn deutete über seine Schulter. »Der da darf nicht länger zwischen uns stehen. Er ist es nicht wert.«
    Viola entsicherte die Pistole.
    »Warum wird das neue Virus wohl durch Zecken übertragen? Das habe ich nur für dich getan, Viola. Mein Geschenk für dich. Damit wir berühmt werden, du und ich. «
    »Du kannst es behalten«, sagte Viola und schoss.
    Geis stöhnte, als der Kopf des Wissenschaftlers gegen seine Brust prallte. Der Schmerz raubte ihm fast das Bewusstsein.
    Viola zerrte den zuckenden Körper vom Bett herunter. Dann beugte sie sich über Geis und küsste ihn auf den Mund.

50
Norden, Ubbo-Emmius-Klinik

    An den Hubschrauber, der ihn aufs Festland gebracht hatte, konnte sich Geis nur dunkel erinnern. Er wusste, dass Viola neben ihm gesessen und seine Hand gehalten hatte. Auch später, als sich Ärzte und Krankenschwestern um ihn bemühten, war sie stets in seiner Nähe gewesen. Einmal hatte er einen Teil ihres Gesichtes gesehen, dann einen Arm, ein anderes Mal ihre Stimme gehört. Die Ärzte sagten, er habe Glück gehabt, seine robuste

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