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Fürchte dich nicht!

Fürchte dich nicht!

Titel: Fürchte dich nicht! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Grafit
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Oberlippe vor die Presse und verkünde, dass der ganze Mist ausfällt oder meinetwegen auf ein Kreuzfahrtschiff vor Helgoland verlegt wird, bevor ich hinterher zugeben muss, dass wir die Sache nicht im Griff hatten. Verstehen Sie, worauf ich hinauswill, Lange? Falls auch nur ein Hansel, irgendein unwichtiges Mitglied einer unwichtigen europäischen Regierung von einer dieser verdammten Zecken gebissen wird …«

    »Gestochen«, sagte Lange.
    »… und diese bescheuerte Krankheit bekommt, bei der man gaga wird oder größenwahnsinnig oder alles zugleich, dann kann ich mir die Kugel geben. Dann ist meine politische Karriere definitiv zu Ende. Und Ihre auch, Lange, da sind wir uns doch einig, oder?«
    »Vollkommen«, sagte Lange. »Aber dazu wird es nicht kommen. Die Sicherheit der Teilnehmer ist hundertprozentig gewährleistet. Es besteht keinerlei Gefahr einer Ansteckung.«

    Der Minister griff nach dem Plastikbecher mit Cola, der auf seinem Schreibtisch stand, und sog geräuschvoll am Strohhalm, während er seinen Untergebenen aus blutunterlaufenen Augen musterte. Lange wusste, dass es seit einigen Wochen eine neue Freundin gab, die das ohnehin knappe Schlafbudget des Ministers noch weiter schmälerte und dafür seine Reizbarkeit anstachelte.
    »Hundertprozentig? Können Sie garantieren, dass die Viecher nicht in die Hotels krabbeln?«
    »Zecken krabbeln nicht in Häuser«, antwortete Lange geduldig. »Sie klettern auf Halme und Sträucher. Deshalb haben wir sämtliches Grünzeug rings um die Hotels entfernen lassen beziehungsweise mit Insektengift eingenebelt. Nach menschlichem Ermessen dürften Zecken dort nicht überleben. Natürlich sollten ein paar Sicherheitsvorschriften beachtet werden. So raten wir allen Teilnehmern, nicht barfuß ins Freie zu gehen oder einen Park zu betreten. Von den Dünen ganz zu schweigen, die müssen selbstverständlich gemieden werden. Potenziell gefährliche Gebiete sind gut sichtbar markiert und abgesperrt, während des Gipfels werden sie Tag und Nacht von Polizeikräften bewacht. Es besteht die strikte Anweisung, Unvorsichtige davon abzuhalten, sich in Gefahr zu begeben. Nur Selbstmörder können es schaffen, sich stechen zu lassen.«
    »Sie glauben gar nicht, wie viele Selbstmörder frei herumlaufen«, knurrte der Minister.
    »Zudem weise ich darauf hin, dass es seit Wochen keine Neuerkrankungen auf Norderney gegeben hat«, fuhr Lange fort. »Nach neuesten Erkenntnissen stehen die dortigen Fälle nicht im ursächlichen Zusammenhang mit dem Gipfel. Das Muster der Erkrankungen legt vielmehr den Schluss nahe, dass der oder die Täter die kontaminierten Zecken wahllos aussetzen. Um einen möglichst hohen Grad der Bevölkerung zu verseuchen.«
    »Aber dieser … dieser …«
    »Eichkorn«, half Lange.
    »… hat sich verflucht nahe der Küste aufgehalten. Das ge-fällt mir nicht. Ich verstehe nicht, warum es uns nicht gelingt, ihn festzunageln.«
    »Wir haben ihn quasi gehabt«, gab Lange zu. »Leider hat der Polizeibeamte, der ihn ausfindig gemacht hat, es versäumt, seine Vorgesetzten rechtzeitig zu informieren. Ein Einzelgänger, der wohl glaubte, den Helden spielen zu müssen. Seitdem fehlt von ihm jede Spur. Ebenso von der Wissenschaftlerin, die er verfolgt hat. Offenbar hat sich Viola de Monti mit Eichkorn arrangiert. Ein schweres Versäumnis der Therapeuten, die Frau de Monti nach ihrer Infektion behandelt haben. Sie hätten erkennen müssen, dass die Frau abdriftet.«
    »Das gefällt mir ganz und gar nicht«, wiederholte der Minister. »Eichkorn scheint uns immer einen Schritt voraus zu sein. Was halten Sie davon, Wiegand?« Die Frage galt dem Mann, der neben Lange saß und bislang geschwiegen hatte.
    Wiegand strich sich über die Bartstoppeln und blinzelte in George-Clooney-Manier. »Ich kann wirklich nicht …«
    »Der Sicherheitsausschuss ist einhellig der Meinung, dass der Gipfel auf Norderney wie vorgesehen stattfinden muss«, würgte ihn Lange ab. »Alles andere würde dem Ansehen der Bundesrepublik Deutschland nachhaltig schaden.«
    »Ich weiß nicht«, sagte der Minister. »Gleich ist Kabinettssitzung. Die Kanzlerin wird von mir verlangen, dass ich die Finger zum Schwur hebe. Und ich möchte nicht mit einem verdammten Meineid in die Geschichte eingehen.«
    »Wir haben keine Alternative«, beharrte Lange.
    »Und wenn schon! Ich werde sagen, dass ich die Verantwortung ablehne. Dann soll das Kabinett entscheiden. Falls etwas schiefgeht, kann ich behaupten, dass ich vorher

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