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Fürchte dich nicht!

Fürchte dich nicht!

Titel: Fürchte dich nicht! Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Grafit
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FSME und nicht um Grippe gehandelt? Die Symptome konnten leicht verwechselt werden. War der Professor, wissentlich oder unwissentlich, die Quelle, die das veränderte Virus freigesetzt hatte?
    Sie schaute zu Geis. Sein leichtes Nicken zeigte ihr, dass er das Gleiche dachte.
    »Und danach …« Sie räusperte sich. »War er danach verändert?«
    »Ja. Jetzt, wo Sie es sagen: Er war gereizter und herrischer als vor seiner Krankheit.«
    »Dann brauchen wir noch zwei Dinge von Ihnen«, übernahm Geis wieder. »Den richtigen Namen des Professors und seine Adresse. Und kommen Sie jetzt nicht mit Datenschutz!«
    Eichkorn kniff die Augen zusammen, sodass die Haut kleine weiße Falten warf. Offenbar hatte er genug vom anmaßenden Ton seines Besuchers. »Sie sind kein Forscher, oder?«
    »Und Sie könnten Ärger wegen unterlassener Hilfeleistung bekommen, falls man eine mehrere Monate alte Leiche findet.«
    »Na schön.« Eichkorn riss einen Notizzettel von einem geleimten Block und kritzelte ein paar Zeilen darauf. »Er heißt Rainer Wesseling und wohnt in der Davert, das ist ein Waldzipfel ganz im Süden von Münster.«
    »Und ziemlich weit von hier entfernt. Finden Sie es nicht erstaunlich, dass er sich ausgerechnet bei Ihnen um Arbeit beworben hat?«
    »Nein.« Der Zettel flog durch die Luft und landete auf der äußersten Kante des Schreibtisches. »Soll ich Ihnen sagen, warum? Ich bin verheiratet, habe zwei kleine Kinder und reiße pro Woche sechzig bis achtzig Stunden ab, um die Firma am Laufen zu halten. Das füllt mich so aus, dass ich keine Zeit habe, mich mit den Problemen anderer Leute zu beschäftigen.«
    Geis erhob sich lässig und steckte den Zettel ein.
    Mit einem schwungvollen Satz stand Eichkorn ebenfalls auf den Beinen. »Noch Fragen? Sonst würde ich gerne wieder an die Arbeit gehen.«
    »Gibt es ein Foto von Wesseling?«
    Die Frage kam von Viola und beide Männer drehten sich erstaunt zu ihr um, als hätten sie vergessen, dass noch eine dritte Person anwesend war.
    Es gab eins. An der Pinnwand neben der Tür hing eine Aufnahme von der letzten Weihnachtsfeier, auf der Rainer Wesseling mit roter Nase und gefülltem Glas zu sehen war. Er erinnerte an den reifen Karl Marx, der sich im Londoner Exil mit dem Kapital und eitrigen Fisteln abquälte.

26
Ochtrup, Gewerbegebiet

    »Wieso warst du so unfreundlich?«, fragte Viola, als sie im Auto saßen und der Navigator die schnellste Strecke zum Wohnort von Rainer Wesseling berechnete.
    »Weil mir diese ganzen Klugscheißer auf den Geist gehen«, platzte es aus Geis heraus. »Die ihre Doktortitel vor sich hertragen und auf jemanden wie mich herabgucken.«
    »Das bildest du dir nur ein.«
    »Herr Dr. Eichkorn interessiert sich einen Dreck für seine Mitarbeiter, der hat nur Angst, dass ihm der feine Pulli von den Schultern rutschen könnte.«
    »Und was ist mit mir? Ich habe auch einen Doktortitel.«
    »Bei dir ist das was anderes.«
    War es natürlich nicht. Im Grunde drehte sich alles um Viola. Warum musste sie ihn von einer Forschungseinrichtung zur nächsten schleppen, an Orte, die ihm vorkamen wie abschüssige, mit Seife beschmierte Ebenen? Da konnte er ja nur auf dem Hintern landen. Er wollte ihr auch mal imponieren, ihr zeigen, was er draufhatte. Vor seiner Abschiebung nach Norderney war er eine Autorität gewesen, die jungen Beamten im Kommissariat hatten zu ihm aufgeblickt. Und jetzt spielte er den unterbelichteten Bodyguard für die junge, schüchterne Wissenschaftlerin. Die ihm erzählte, dass sie ihn mochte, und panikartig die Flucht ergriff, sobald er sie berührte. Wie passte das zusammen?
    Geis schaltete das Radio ein. »Was hältst du von der Sache?«

    Madonna sang, Viola schwieg.
    »Was ist?« Er schaute sie von der Seite an.
    »Willst du Radio hören oder dich mit mir unterhalten – zwischen den Ansagen deiner zickigen Navigatorstimme?«
    »He, du kannst ja richtig emotional sein.« Er drückte Madonna weg.
    »Und du bist ein arroganter Macho, der glaubt, dass er mit Einschüchterung weiterkommt.«
    »Das hat meine Exfrau auch gesagt.«
    »Die im Umgang mit dir weitaus mehr Erfahrung hat als ich.«
    Geis holte Luft. »Okay. Können wir jetzt auf neutralen Boden zurückkehren?«
    »Meinetwegen«, lenkte Viola ein. »These eins: Der Professor klaut angstfreie Mäuse und bringt sie, vielleicht zufällig, mit FSME-verseuchten Zecken zusammen. Daraus entsteht die neuartige FSME, von der auch der Professor befallen wird. Nach diesem unfreiwilligen

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